Christiane Hörbiger brilliert in Komödie als alternde Diva
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Von Wolfgang Platzeck
In „Einmal Sohn, immer Sohn“ treibt Christiane Hörbiger ihre Familie als alternde Diva in den Wahnsinn. Doch am Ende wird alles gut.
Eine Ikone der Frauenbewegung wird 80. Lilo Maertens’ Spezialität: Themen, die anecken. Christiane Hörbiger, die morgen tatsächlich ihren 80. Geburtstag begeht, ist diese gleichermaßen verehrte wie verhasste Verlegerin, die gerade die Festausgabe zum 50. Jubiläum ihres Magazins „Lilo“ vorbereitet.
Die von Thomas Jauch („Tatort Münster“) nach einem Drehbuch von Hardi Sturm und Lothar Kurzawa verfilmte Geschichte ist ein prächtiges Beispiel dafür, dass manchmal nichts fernerliegt als das Naheliegende. Vergessen wir also Alice Schwarzer und „Emma“. Verabschieden wir uns freudig von dem Gedanken, die Story könnte aus dem „richtigen Leben“ gegriffen sein.
Sie ist es zum Glück nicht. „Einmal Sohn, immer Sohn“ ist eine intelligent-witzige Beziehungskomödie mit geschliffenen Dialogen, wie man sie selten im Fernsehen erlebt. Wie Christiane Hörbiger als dominante, leicht versnobte Lilo ihre verbalen Giftpfeile verschießt, wie sie jede Sottise genüsslich auskostet, das ist einfach hinreißend. Man spürt förmlich, welch unbändigen Spaß sie bei den Dreharbeiten gehabt haben muss.
Wortgefechte und Familienchaos
Nun entfalten Wortgefechte ihre Wirkung umso mehr, je stärker der Gegenpart ist. Und hier kommt Sebastian Bezzel ins Spiel. Bezzel spielt Lilos Sohn Ruben, und der ist das genaue Gegenteil der Mutter. Die Devise des mäßig erfolgreichen Bauingenieurs: „Fleißig sein und freundlich bleiben, der Rest kommt von selbst“. Den Kontakt zu Lilo, die nie eine Vorzeigemutter war, scheut er eigentlich wie der Teufel das Weihwasser.
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Doch der Teufel hat eigene Pläne. Weil Lilo nach einer Augen-Operation bei Dr. Hufer (Hannes Jaenicke in einer Gastrolle) vorübergehend auf Betreuung angewiesen ist, quartiert ihre ebenfalls nicht ganz giftfreie Verlagsassistentin (Jasmin Gerat) sie bei Ruben ein. Und erweitert so die Kampfarena.
Denn Lilo und Schwiegertochter Jutta (Julia Brendler) können sich nicht ausstehen. Anlässe, verbal aufzurüsten, gibt es in Fülle, Kollateralschäden bleiben nicht aus. Für Ruben gilt: Wer sich zwischen zwei Stühle setzt, landet auf dem Boden der Tatsachen. Nur Finn (Michelangelo Fortuzzi), Lilos pubertierender Enkel, hat ein inniges Verhältnis zu seiner Großmutter und macht ihr klar: Sie muss sich ändern.
Was auch passiert, am Ende wir alles gut
Die mit leichter Hand gesponnene ARD-Komödie bezieht ihren ungeheuren Charme gerade daraus, dass der Zuschauer – anders als im realen Leben – immer weiß: Was auch passiert, am Ende wird alles gut, wenn nicht noch besser. Mit dieser Gewissheit kann er sich entspannt auf den intelligenten Wortwitz und die wunderbar aufgelegten Darsteller konzentrieren.
Wenn Lilo und der Doyen der Hamburger Architekturszene, Roland Hartwig (Mario Adorf), zum Schluss einen späten Liebesurlaub planen, dann trieft zwar der Hollywood-Kitsch. Doch jedes andere Ende würde der Zuschauer den Machern übel nehmen.
Fazit: Eine köstliche, großartig besetzte Beziehungskomödie mit der wunderbaren Christiane Hörbiger.