Berlin. Im „Polizeiruf 110: Crash“ ermittelt das Magdeburger Duo in der illegalen Autorennen-Szene. Doch der Krimi ist höchstens Durchschnitt.

Bei Tempo 180 schließt man als Fahrer am besten für einen Moment die Augen, um den Rausch auf der Straße voll zu genießen. So passiert’s im neuen „Polizeiruf 110: Crash“, denn der entführt uns für anderthalb Stunden in die Magdeburger Raser-Szene. Eigentlich keine schlechte Idee, sich damit einmal in einem Krimi zu befassen.

Die guten Absichten sind bei Wolfgang Stauch (Drehbuch) und Torsten C. Fischer (Regie) unverkennbar. Die Typen, die sie als rücksichtslose Raser präsentieren, sind so unsympathisch wie nötig, leider aber auch auffällig maßgeschneidert: Da gibt’s den reichen Schnösel-Junior (Anton Lucke), den Kleinkriminellen (Dirk Borchardt), den tumben Prolo (Gerdy Zint), den protzigen Zocker (Jeff Wilbusch), dem die Kredithaie im Nacken sitzen, und ein schlichtes Gemüt mit Herz (Dennis Mojen). Dezent gehen die Darsteller ihrer Arbeit nicht unbedingt nach, man hat sie schnell in den entsprechenden Schubladen einsortiert.

Kommissare sind dem Zuschauer immer Schritt voraus

Es war offenbar einer der Wettfahrer, der in der Nacht eine junge Frau überfahren und sterbend zurückgelassen hat. Der Vater des Opfers frisst den Schmerz in seiner Plattenbauwohnung in sich hinein, aber dass der Mann jederzeit explodieren kann, daran lässt der Film keinen Zweifel: Unvermittelt rammt er seine Faust durch eine Fensterscheibe. Das wirkt ein bisschen dicke, aber Ben Becker, den man so häufig nicht mehr sieht im Fernsehen, liefert in dieser starken Nebenrolle die wenigen Momente, an die man sich auch später noch erinnert.

Das Ermittlerduo Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und Dirk Köhler (Matthias Matschke) versucht die Halbstarken mit Zeugenschutz-Angeboten gegeneinander auszuspielen, um den Täter zu erwischen. Mindestens zwei der Burschen kannten das Opfer offenbar privat. Fischer inszeniert die Verhöre in diesem sonst sehr konventionellen Krimi durchaus clever, lässt nur Bruchstücke nach außen dringen. Die Kommissare sind so immer einen Schritt weiter als der Zuschauer, ehe der gebündelt erfahren wird, was die Kerle ausgeplaudert haben.

Das ist der „Polizeiruf 110: Crash“

Es geht um Autorennen, verschmähte Liebe und Rache: Der Magdeburger „Polizeiruf 110: Crash“ bringt die Ermittler an ihre Grenzen.
Es geht um Autorennen, verschmähte Liebe und Rache: Der Magdeburger „Polizeiruf 110: Crash“ bringt die Ermittler an ihre Grenzen. © MDR/filmpool fiction | Stefan Erhard
Mitten in der Nacht wird in Magdeburg eine junge Frau überfahren. Sie stirbt an der Unfallstelle. Der Fahrer begeht Fahrerflucht.
Mitten in der Nacht wird in Magdeburg eine junge Frau überfahren. Sie stirbt an der Unfallstelle. Der Fahrer begeht Fahrerflucht. © MDR/filmpool fiction | Stefan Erhard
Brasch (Claudia Michelsen) und Köhler (Matthias Matschke) nehmen die Ermittlungen auf. Sie vermuten schnell, dass es sich um ein illegales Autorennen gehandelt haben könnte.
Brasch (Claudia Michelsen) und Köhler (Matthias Matschke) nehmen die Ermittlungen auf. Sie vermuten schnell, dass es sich um ein illegales Autorennen gehandelt haben könnte. © MDR/filmpool fiction | Stefan Erhard
Klaus (Ben Becker), der Vater der Toten, erzählt den Ermittlern von der Drogensucht der Mutter.
Klaus (Ben Becker), der Vater der Toten, erzählt den Ermittlern von der Drogensucht der Mutter. © MDR/filmpool fiction | Stefan Erhard
Brasch (Claudia Michelsen) und Köhler (Matthias Matschke) klappern Autowerkstätten ab.
Brasch (Claudia Michelsen) und Köhler (Matthias Matschke) klappern Autowerkstätten ab. © MDR/filmpool fiction | Stefan Erhard
Dann stoßen sie auf die Gruppe „Le Magdeburg
Dann stoßen sie auf die Gruppe „Le Magdeburg": Leif Lebert (Karl Schaper), Thore Reinhardt (Dirk Borchardt), Tommy Otto (Dennis Mojen), René „Renate" Helms (Jeff Wilbusch), Henry Müller (Anton von Lucke) und Axel Zerbe (Gerdy Zint, v.l.). © MDR/filmpool fiction | Stefan Erhard
Was haben die autoverrückten Männer mit der Toten zu tun?
Was haben die autoverrückten Männer mit der Toten zu tun? © MDR/filmpool fiction | Stefan Erhard
Die Kommissare vernehmen Tommy (Dennis Mojen.) Es gab eine Verbindung zwischen ihm und der Toten.
Die Kommissare vernehmen Tommy (Dennis Mojen.) Es gab eine Verbindung zwischen ihm und der Toten. © MDR/filmpool fiction | Stefan Erhard
Aber auch Henry (Anton von Lucke, r.) hatte mit dem toten Mädchen eine engere Beziehung. Er sucht ihren Vater auf.
Aber auch Henry (Anton von Lucke, r.) hatte mit dem toten Mädchen eine engere Beziehung. Er sucht ihren Vater auf. © MDR/filmpool fiction | Stefan Erhard
Brasch (Claudia Michelsen) heftet sich an die Rennfahrer. Ein Fall, der Strategie und Schnelligkeit abverlangt.
Brasch (Claudia Michelsen) heftet sich an die Rennfahrer. Ein Fall, der Strategie und Schnelligkeit abverlangt. © MDR/filmpool fiction | Stefan Erhard
1/10

Ermittler-Duo wirkt ermattet

Und doch geht dem Film flugs die Puste aus, er dümpelt inmitten schneller Autos vor sich hin. Das liegt auch daran, dass die Hund-Katz-Konstellation zwischen Matthias Matschke und Claudia Michelsen trotz beider schauspielerischer Qualitäten nicht mehr trägt: Die Schärfe ist raus, sie wirken matt. Dass Matschke den „Polizeiruf“ verlässt, ist nachvollziehbar: Das Spielchen ist ausgereizt.

Abermals debattieren Brasch und Köhler ihre kontroversen Ermittlungsmethoden. Sie gibt die Coole, die bei 240 Stundenkilometern am Steuer völlig entspannt bleibt, er den empathischen Familienvater, das gute Gewissen des Reviers. Der verständnisvolle Chef (Felix Vörtler) schickt beide diesmal nicht zum Psychologen. Da ist eben nichts mehr zu retten.

Fazit: Starkes Thema, aus dem man mehr machen muss. So bleibt es Fernsehdurchschnitt. Wohlwollend betrachtet.

ARD, Sonntag, 23. September, 20.15 Uhr