Essen. In der Romanze „Verliebt in Masuren“ folgt ein Senior einer polnischen Pflegerin. Am Ende sind sie mehr als nur ziemlich beste Freunde.

Jugendwahn? Von gestern. Spätestens seit „Honig im Kopf“ haben Filmemacher begriffen, dass auch Menschen über 60 noch neue Wege gehen, sich verlieben, Spaß am Sex haben – also Stoff für Geschichten bieten.

In „Book Club“ scherzen derzeit Jane Fonda und Diane Keaton auf der Kinoleinwand über Sadomaso-Bücher. In „Grüner wird’s nicht“ entflieht Elmar Wepper dem Alltag per Propellermaschine. Die ARD zieht nun mit der Tragikomödie „Verliebt in Masuren“ nach.

Mehr als nur ziemlich beste Freunde

Hans-Uwe Bauer, der bald in der deutschen Oscar-Hoffnung „Werk ohne Autor“ zu sehen ist, spielt darin Kurt, einen Stinkstiefel von ehemaligen Seebären. Nach einem Bootsunfall ist er nun auf den Rollstuhl angewiesen – und auf Pflegekräfte, die er aber regelmäßig mit seiner uncharmanten Art aus dem Haus bellt.

Dann steht die resolute Roza aus Polen bei ihm vor der Tür. Dass sie dem Zausel Stirn bietet, ist klar. Dass der sich das Steuerrad in seinem Haus nicht so einfach entreißen lässt, ebenfalls. Und dass die beiden irgendwann mehr als nur ziemlich beste Freunde werden, ist von der ersten Minute an gesetzt.

Lina Wendel sieht mehr nach Privatklinik als nach Pflegerin aus

Die Liebesgeschichte eines Behinderten zu erzählen – das wäre mutig gewesen. Doch der 63-jährige Bauer wirkt als Kurt von Anfang an viel zu agil für Pflegegrad 5. Dem Rollstuhl darf er auch schon bald einen Tritt verpassen und wenig später ist er wieder fit genug, Roza in ihr Haus in Masuren zu begleiten und sich dort mit einem Widersacher zu prügeln.

Auch der eleganten Lina Wendel nimmt man die Rolle der zupackenden Pflegerin nicht richtig ab – überzeugender wäre sie als Chefärztin einer Privatklinik. Es ehrt die Berlinerin, dass sie sich für den Film wochenlang mit der polnischen Sprache beschäftigt hat. Ihr antrainierter Akzent wirkt auch nie wie eine Parodie. Doch mit einer polnischen Schauspielerin besetzt hätte die Figur an Echtheit gewonnen.

In einem Häkelabend im Seniorenheim stecke mehr Tempo

Regisseur Bruno Grass („Die Heiland“) erzählt seine Geschichte entschleunigt; manchmal denkt man, in einem Häkelabend im Seniorenheim stecke mehr Tempo. Aber er gibt seine Figuren niemals dem Klamauk preis, nur um schnelle Lacher zu ernten, und er schafft es, die behutsame Annäherung der beiden glaubhaft mit Familienkonflikten zu verknüpfen. „Was ist nur los mit Ihrer Familie? Schönes Haus, genug Geld, trotzdem Kälte wie in einem Kühlschrank in Sibirien“, analysiert Roza die Sippe ihres Patienten treffend.

Doch zum Glück bleibt es nicht bei dem Klischee der gefühlsarmen deutschen Familie auf der einen und der sich fröhlich zusammenrottenden polnischen Familie auf der anderen Seite. Es ist klug zu zeigen, dass auch bei Rozas Clan im schönen Masuren nicht alles Friede, Freude, Krauteintopf ist und der viel beschworene Zusammenhalt den Einzelnen einengen kann.

Fazit: Harmloser und meist vorhersehbarer Spaß.

ARD, Freitag, 21. September, 20.15 Uhr