Im Ersten läuft Mittwoch das beklemmende Jugenddrama „Alles Isy“: Es zeigt die psychischen und sozialen Folgen einer Vergewaltigung.

„Alles Isy“? Das klingt wie der jugendliche Deutsch-Englisch-Sprachmix „Alles easy?“, alles locker, alles klar? Tatsächlich ist nichts in Ordnung, wird es wohl auch nie wieder sein. Die 16-jährige Isy (Milena Tscharntke), kurz für Isabel, ist auf einer Hausparty vergewaltigt worden. Das Mädchen hatte nach zu viel Alkohol und Partydrogen das Bewusstsein verloren; drei Jugendliche haben die Gelegenheit ausgenutzt.

Das könnte ein klassischer Krimi-Stoff sein. Doch in dem beklemmenden Fernsehfilm „Alles Isy“ (Buch und Regie: Mark Monheim, Max Eipp) geht es nicht um die Aufklärung eines Verbrechens. Ohnehin stehen die Gruppenvergewaltiger – Klassenkameraden, darunter Isys bester Freund Jonas (Michelangelo Fortuzzi) – von Anfang an fest. Im Mittelpunkt stehen allein die psychischen und sozialen Folgen der Tat. Der Film wird am Mittwochabend um 20.15 im Ersten ausgestrahlt.

Studien zu sexueller Gewalt

Unsere Gesellschaft kennt, nach oder neben Tötungsdelikten, keine schwerwiegendere Gewalttat als Vergewaltigung. Kaum ein Verbrechen ist erniedrigender und beschämender, verletzt so nachhaltig Seele und Persönlichkeit der ­Opfer. Kaum ein Verbrechen wird aber auch so oft (alles easy?) verharmlost oder mit Hinweis auf vieldeutiges Opferverhalten einfach negiert.

Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass fast jede siebte Frau und fast jeder vierte Jugendliche in Deutschland von sexueller Gewalt betroffen war/ist. Nur fünf Prozent dieser Straftaten werden überhaupt zur Anzeige gebracht; von 100 Anzeigen wiederum enden gerade einmal 13 mit einer Verurteilung. Eine Studie in Hessen ergab 2017, dass über 80 Prozent der Jugendlichen Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt gemacht haben: als Täter, als Betroffene oder als Augen- bzw. Ohrenzeugen.

Eindringliches Psychogramm

Mit der „#MeToo“-Debatte ist das Thema zwar etwas enttabuisiert worden; doch diese wenigen prominenten Fälle lassen leicht vergessen, wie alltäglich und allgegenwärtig Sexismus und sexuelle Gewalt sind.„Alles Isy“ zeichnet das eindringliche Bild von Menschen, die plötzlich vor existentielle Entscheidungen gestellt werden.

Isabel, die auf Drängen ihrer Mutter (Claudia Mehnert) zur Frauenärztin geschickt wurde, lehnt eine Anzeige ab. Sie hat keine Erinnerung an das Geschehen und fürchtet – im Zeitalter der sozialen Medien – nichts mehr als das unlöschbare Stigma eines Opfers. Jonas wird die Bilder der Tat nicht los, beichtet seiner Mutter (Claudia Michelsen), die mit Isys Mutter eng befreundet ist.

Wenn alle nur Verlierer sind

Während diese Beziehung schleichend zerbricht, versucht Jonas’ Vater (Hans Löw), ein Staatsanwalt, verzweifelt, einen Skandal zu vermeiden, und gibt den drei Jungs Verhaltenstipps für den Fall einer Strafverfolgung.

Was zunächst als harmlose Party begann, ändert radikal das Leben aller unmittelbar und mittelbar Beteiligten. Wo alle nur Verlierer sind, ist ein Happy End kaum vorstellbar.

• „Alles Isy“, ARD, Mittwoch,5. September, 20.15