Essen. Die ARD-Tragikomödie „Nichts zu verlieren“ erzählt von Verbrechen und Trauer. Trotzdem geht es in dem Film vor allem sehr komisch zu.

„Was bitte is a Trauerreise?“ Der schwer verletzte österreichische Safeknacker Richy (Georg Friedrich) glaubt seinen Ohren nicht, als er erfährt, in welche Situation er geschlittert ist. Gut, die Leute in dem Reisebus, den er und sein Halbbruder Tom (Christopher Schärf) auf der Flucht an sich gebracht haben, waren von Anfang an merkwürdig drauf. Kein bisschen Angst hatten die. Als ob sie ohnehin nichts zu verlieren hätten.

Aber eine organisierte Reise ausschließlich für Menschen, die unter dem Verlust eines geliebten Menschen leiden und mithilfe einer Trauer-Therapeutin (Lisa Wagner) bei einer dreitägigen Bergwanderung lernen sollen, den Schmerz zu bewältigen oder zumindest zu lindern? Richy fühlt sich im völlig falschen Film. Das ist die Grundkonstellation in der Tragikomödie „Nichts zu verlieren“ (Mittwoch, 20.15 Uhr, Das Erste).

Suche nach dem Licht am Ende des Tunnels

Nun sind Tod und Trauer normalerweise nicht das klassische Material für komische Stoffe. Und beim Stichwort „gewaltsame Entführung eines Busses“ wird eigentlich automatisch das Geiseldrama von Gladbeck aus dem Erinnerungsspeicher abgerufen. Drehbuchautorin Ruth Toma und Regisseur Wolfgang Murnberger führen diese potenziell düsteren Themenkomplexe jedoch zu einem stimmigen, herzerwärmenden Film zusammen, der alle Gewaltklippen umschifft und die Untiefen plakativer Melodramatik jederzeit meidet.

Richy, der sich immer mehr als Grantler mit Herz erweist, lernt auf der Fahrt von München zur österreichischen Grenze, dass er sich gar nicht so sehr von den Reisenden unterscheidet. Auch er sucht, aus anderen Gründen, nach dem Licht am Ende des Tunnels. Je mehr die Mitreisenden in ihm einen Seelenverwandten erkennen, desto mehr empfindet auch er die tröstliche Kraft, die aus der Gemeinschaft erwächst. Denn darum geht es in „Nichts zu verlieren“ letztlich: wie am so endgültig erscheinenden Ende doch alles wieder zu einem neuen Beginn führt.

Was schiefgehen kann, geht schief

Das Wunderbare an dieser Geschichte, aus der (fast) alle gestärkt hervorgehen, ist der schwarze Humor, mit dem sie erzählt wird. Gerade dieser Humor, der nie aufdringlich oder unangemessen ist, bewirkt auch, dass der Film auf eine abgedrehte Weise geradezu spannend ist. Denn von Anfang an, wenn sich Richy durch das Missgeschick eines dritten Ganoven eine Kugel einfängt und kurz darauf der Fluchtwagen den Geist aufgibt, was zur Kaperung des Busses führt, gilt Murphys Gesetz: Was schiefgehen kann, das geht auch schief.

Schafft der nostalgische Bus den steilen Nebenweg zum Achenpass? Gelingt es dem Ehemann der Trauer-Therapeutin, einem Reiseunternehmer, seinen Bus auf der Strecke abzufangen? Kann der dritte Gauner, der am Tatort zurückgelassen wurde, seinen Kollegen die Beute abjagen? Der Zuschauer fiebert regelrecht der nächsten Panne entgegen und akzeptiert auch die absurdesten Wendungen, weil jedes überwundene Hindernis einen weiteren Schritt in ein neues Leben bedeutet.

Fazit: Warmherzige Tragikomödie über den Umgang mit Tod und Trauer, voll schwarzen Humors und exzellent besetzt.

Mittwoch, 20.15 Uhr, Das Erste