Essen. Wie viel ist von der ursprünglichen Airbnb-Idee noch übrig? Eine WDR-Reportagereihe schaut hinter die Kulissen der Urlaubsindustrie.

Es war einmal ein Start-up-Unternehmen in Kalifornien, das hatte die Idee, jungen Reiselustigen in aller Welt Übernachtungsmöglichkeiten zu kleinen Preisen zu vermitteln. Zehn Jahre nach dem Start der Online-Plattform Airbnb, so legt es die Reportage nahe, ist aus dem Märchen ein Albtraum geworden.

Übers Internet sollten Privatleute einen Teil ihrer Wohnung für ein paar Tage günstig an Rucksacktouristen oder sogenannte Couch-Surfer vermieten. Das „bnb“ im Namen suggerierte „Bed and Breakfast“, Übernachtung mit Frühstück und Familienanschluss. Alle sollten profitieren: junge Leute mit knappem Budget, der Vermieter durch Aufbesserung der Haushaltskasse, das Unternehmen, das eine Vermittlungsgebühr kassierte.

Film beleuchtet Folgen des Massentourismus

Das Geschäftsmodell steht im Zentrum der ersten Folge der sechsteiligen WDR-Reportagereihe „Die Story – Kritisch reisen“. Bis zum 22. August werfen Filmemacher und Autoren jeweils mittwochs einen Blick hinter die Kulissen der Urlaubsindustrie und beleuchten die Auswirkungen des Massentourismus. Dabei geht es etwa um vor dem Kollaps stehende Inseln wie Mallorca oder um das wachsende Sozialgefälle auf den Kanaren.

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    In ihrer Reportage über „Das System Airbnb“ lassen die Autoren Dirk Bitzer und Fabian Nast zunächst rundum zufriedene Individualtouristen zu Wort kommen: eine junge Japanerin etwa, die sich ihren vierwöchigen Europa-Trip sonst nie hätte leisten können. Und Familien, die das Zimmer ihres auswärts studierenden Sohnes zur Verfügung stellen, gibt es durchaus noch. Doch die Wahrscheinlichkeit, dort zu landen, ist gering.

    Angebot zulasten normaler Mieter

    Aus dem auf alternativ getrimmten Start-up ist ein großes Geschäft geworden. Clevere Zeitgenossen mieten oder kaufen Wohnungen und bieten sie online an. Ein Wohnungsamt-Mitarbeiter im teuren München erklärt die einfache Rechnung: Bei Tageseinnahmen von 100 bis 250 Euro ist die Wohnung nach zehn Tagen finanziert, dann wird Gewinn eingefahren, über Monate, Jahre und gern an der Steuer vorbei. Die Städte, denen Wohnraum entzogen wird (in Berlin fehlen 70.000 Wohnungen, dagegen stehen 26 000 Airbnb-Angebote), wehren sich verzweifelt gegen die Zweckentfremdung.

    Doch das Unternehmen, das 2017 weltweit mehr Buchungen registrierte als die fünf größten Hotelketten zusammen, wehrt sich ebenfalls: In Berlin hat der ehemalige PR-Stratege von Bill Clinton und Wahlkampfmanager von Al Gore als Chef-Lobbyist bewirkt, dass die Gegenmaßnahmen der Stadt nicht allzu hart ausfallen.

    Airbnb beschwerte sich bei EU-Kommission

    Um alle unterschiedlichen lokalen Hemmnisse in Berlin, München oder Florenz grundsätzlich zu beseitigen, hat Airbnb Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht: Wegen Gefährdung des europäischen Binnenmarktes.

    Fazit: Hintergründige Reportage über den Wandel einer ursprünglich guten Idee. Wer alternativ oder individuell reisen will, sollte genau prüfen, ob er nicht die Luxusexistenz eines „Supervermieters“ finanziert.

    WDR, ab Mittwoch, 18. Juli, 22.10 Uhr