„Die Frau mit einem Schuh“– ein bizarrer „Landkrimi“ aus Österreich. Es fehlt an Tempo – aber die kernigen Charaktersind überzeugend.
Zuerst sind es nur Haare, die an Land gespült werden. Als auch ein Unterschenkel mit Stöckelschuh auftaucht, ist klar, dass es sich um einen Kriminalfall handelt.
„Das ist wie ein Puzzle“, wundert sich Inspektorin Franzi (Nina Proll, „Vorstadtweiber“), die in Niederösterreich für Recht und Ordnung sorgen soll und froh ist, in der Einöde endlich mal einen richtigen Fall bearbeiten zu dürfen. „Die Frau mit einem Schuh“ war 2014 der erste Film in der österreichischen Reihe „Landkrimis“. Für den Export waren diese Filme nicht gedacht, weshalb man in Sachen Dialekt hier auch keine Zugeständnisse gemacht hat. Trotzdem haben inzwischen ARD („Steirerkind“) und ZDF („Drachenjungfrau“) mit diesen Filmen bereits gute Quoten eingefahren.
Dieser Teil der Reihe ist die letzte Arbeit des Regisseurs Michael Glawogger, der kurz danach bei Dreharbeiten in Nigeria an Malaria verstarb. Er war weniger bekannt durch seine meist schrägen Dramen und Komödien, sondern mehr durch seine Dokumentarfilme wie „Workingman’s Dead“ (über Schwerstarbeit unter extremen Bedingungen) oder „Whores’ Glory“ (über den Arbeitsalltag von Prostituierten).
Die Gäste beim Wiener Opernball
Bordellkunden oder Karaokesänger
Aber auch in diesem so angenehm langsam dahinfließenden Krimi spürt man noch seine Vorliebe, sich vom eigentlichen Erzählstrang zu entfernen, um breiteren Raum für Nebenfiguren zu schaffen.
Im Zentrum aber steht die toughe Franzi, die sich unterfordert fühlt und am liebsten versetzen lassen will. Ihren arbeitslosen Ehemann (Robert Palfrader) erträgt sie daheim eigentlich nur, weil er so wunderbar kochen kann. Und das Phlegma ihres Kollegen Michi (Kurt Fischer) versucht sie ständig zu durchbrechen, was ihr letztendlich auch gelingt. Zuschauer, die diesen Schauspieler bisher nur als Co-Kommissar von Commissario Brunetti (Uwe Kockisch) in den Donna-Leon-Verfilmungen wahrgenommen haben, werden sich wundern, ihn nun als Bordellkunden oder auch als Karaokesänger zu erleben, der ein starkes „Unchain My Heart“ schmettert.
Jeder Gag der Charaktere sitzt
Ebenso irritiert werden die Zuschauer sein, die am Sonntag beim ZDF stets ihr wohliges „Herzkino“ erwarten, es nun aber mit einer zerstückelten Frauenleiche zu tun bekommen. Für Franzi, die sich so gerne cool gibt und wohl deshalb ein Motorrad fährt, setzt sich der Fall allmählich logisch zusammen. Auch hier sind es Puzzleteile, die zusammengetragen werden müssen: Eine Inhaftierte bricht aus dem Gefängnis aus. Eine alte Dame will gesehen haben, wie eine Frau in einen blauen Kombi steigt.
Und dann ist da noch der undurchsichtige Automechaniker Gerry (Schurkendarsteller aus Tradition: Johannes Kirsch).
Fazit: In das Österreichische müssen sich die deutschen Zuschauer sicher erst etwas einhören. Aber genau hinhören, das lohnt sich. Da sitzt jeder Gag. Der „Frau mit einem Schuh“ fehlt es ein wenig an Tempo und dramaturgischer Stringenz – aber die kernigen und eigenwilligen Charaktere machen dieses Defizit mehr als wett.
K ZDF, Sonntag, 20.15 Uhr