Essen . Die Ermittlungen im „Polizeiruf 110“ führen in die Baubranche. Eine Leiche kommt in dem ARD-Krimi dieses Mal nur indirekt vorkommt.
Es scheint allmählich so, als käme kaum ein Kommissariat noch ohne hauseigenen Psychologen aus. Beim „Polizeiruf 110“ in Magdeburg ist das jetzt der Kriminalpsychologe Niklas Wilke (Steven Scharf), den der Kriminalrat angefordert hat.
Wilke soll künftig für ein besseres Betriebsklima sorgen. Was sicher seine Berechtigung hat, denn die Zusammenarbeit zwischen den Kommissaren Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und Dirk Köhler (Matthias Matschke) als kühl zu bezeichnen, wäre eine deutliche Untertreibung. Brasch neigt zur Abgrenzung. Auch wenn beide am gleichen Fall arbeiten, ist sie mit ihrem Motorrad längst über alle Berge, bevor Kollege Köhler auch nur einen Satz sagen kann.
Mit zwei starken Schauspielern am Werk, hat dieses kontraproduktive Handeln sicher seine guten Momente. Doch von diesen internen Höhepunkten einmal abgesehen, mangelt es diesem „Polizeiruf“ mit dem Titel „Starke Schultern“ deutlich an erzählerischer Kontur.
Lawinenunglück knapp überlebt
Kreuzbrav wird da von der Regisseurin Maris Pfeiffer eine wüste Familiengeschichte herunterbuchstabiert, die bei einem anderen Zugriff hochspannend hätte werden können. Das beginnt schon mit dem Brandanschlag auf die Villa des Bauunternehmers Ottmann (Thomas Loibl), der dem Feuer derart gelassen zuschaut, dass man schon meinen könnte, er hätte es selbst inszeniert.
Im Inszenieren ist er ohnehin geschult, denn mit seiner Schwägerin Susan (Ursula Lardi) hat er nicht nur ein Verhältnis, sie muss sich für ihn auch stets so kleiden und schminken, dass sie von ihrer verstorbenen Schwester kaum noch zu unterscheiden ist. Ottmanns Frau ist vor fünf Jahren bei einem Lawinenunglück ums Leben gekommen. Ottmann hat es so eben überlebt.
„Polizeiruf“: Wer legte den Brand?
Erinnerungen an Hitchcocks „Vertigo“
Der Zuschauer denkt bei der Geschichte unwillkürlich an Alfred Hitchcocks „Vertigo“, was natürlich viel zu hoch gegriffen ist. Es ist nur die gutbürgerliche Krimikost eines Sonntagabends. Die fatale Besessenheit eines Mannes, der seine Frau nicht loslassen kann, wird nur am Rande gestreift. Es geht vielmehr darum zu zeigen, was für ein skrupelloser Typ dieser Ottmann ist, der bei der Firmenübernahme kein Pardon in Sachen Entlassung kennt.
Und dann ist da auch noch dieser Schwager, der die Seitensprünge seiner Frau hinnehmen muss, weil die Eheleute durch einen dubiosen Einbruch in ihren Juwelierladen erpressbar geworden sind. Josef Rusnaks Drehbuch ist voller neuer Fäden, denen die Ermittler hinterherhecheln müssen. Der Zuschauer, der in einem Krimi zumindest eine Leiche erwartet, wird hier kaum auf seine Kosten kommen. Nur am Ende hebt sich drohend eine Pistole, doch da sind die Ermittler, wie immer eigentlich, rechtzeitig mit ihrem „Lassen Sie die Waffe fallen“ zur Stelle. Inszenatorisches Graubrot eben.
Fazit: Die komplizierte Zusammenarbeit der beiden Magdeburger Ermittler ist der Pluspunkt in diesem „Polizeiruf“. Ansonsten wird hier ein starkes Thema verschenkt. Eine Leiche kommt dieses Mal nur indirekt vor.
• Sonntag, 25. März, ARD, 20.15 Uhr: „Polizeiruf 110“