Köln. Denis Scheck ist ein unterhaltsamer Kritiker, der Bestseller-Autoren gerne verreißt. Nun ist er zum 50. Mal in „lesenswert“ zu sehen.

Kein Autor ist vor seinem sezierenden Urteil gefeit: Denis Scheck, der sich oft Beschreibungen wie „Erziehungsdiktator“ gefallen lassen muss, ist nicht nur Literaturkenner, sondern vor allem Entertainer. Er wird geschätzt für seine Häme, mit der er so manche Top-Autoren überschüttet.

Über Sebastian Fitzek sagte Scheck einmal: „Wie kann es sein, dass ein so talentloser, klischeeverhafteter und – mit Verlaub – dummer Autor landauf, landab von der deutschen Kritik als ‚Thriller-König‘ bejubelt wird?“ Seine Zuhörer finden das erfrischend. Scheck (53), der in „Druckfrisch“ im Ersten regelmäßig Autoren in die Mangel nimmt, moderiert auch das Literaturmagazin „lesenswert“, das am Donnerstag zum 50. Mal im SWR (23.15 Uhr) ausgestrahlt wird.

Herr Scheck, sind Schriftsteller besondere Menschen?

Denis Scheck: Meiner Erfahrung nach ist der literarische Kosmos genau so bunt und variantenreich, wie die nicht schreibende Welt meint. Schreiben sei eine Verhaltensstörung, hat mir ein Freund einmal gesagt. In jedem Fall ist Schreiben eine einsame und anstrengende Angelegenheit.

Hatten Sie selber je den Wunsch, Schriftsteller zu werden?

Scheck: In meiner Jugend habe ich es schon mit eigenem Schreiben versucht. Aber angesichts von 90.000 Neuerscheinungen jedes Jahr wachsen die Skrupel, da nun unbedingt noch einen eigenen Gedichtband oder Roman hinzuzufügen. Schließlich ist jedes Buch ein toter Baum.

Den Büchern von Sebastian Fitzek kann Denis Scheck nichts abgewinnen.
Den Büchern von Sebastian Fitzek kann Denis Scheck nichts abgewinnen. © imago/Horst Galuschka | Horst Galuschka

Welche Sendung mögen Sie lieber – „lesenswert“ oder „Druckfrisch“?

Scheck: Fragen Sie einen Bigamisten nie, welche Frau ihm lieber ist.

Haben sich schon mal Autoren oder Verlage über Ihre Verrisse bei Ihnen beschwert?

Scheck: In der Regel trösten sich Verlage und Autoren damit, dass diese Bücher auf der Bestseller-Liste stehen. Aber glauben Sie mir, angesichts der intellektuellen Zumutungen in diesen Büchern sind meine Kritiken ausgesprochen milde. Wenn ich wählen müsste, einen neuen Fitzek oder Coelho zu lesen oder eine Muschelvergiftung durchzustehen, ich entschiede mich für die verdorbene Muschel.

Nach wie vielen Seiten merken Sie, ob ein Buch gelungen oder misslungen ist?

Scheck: Man sollte einem Roman schon 20, 30 Seiten Zeit geben, um einen in Bann zu schlagen. Aber manchmal reichen mir auch schon ein paar Absätze, um zu merken, dass ich dieses Buch nicht lesen möchte – da verhält es sich mit der Literaturkritik nicht anders wie mit der Gastrokritik, wo ich die Suppe ja auch nicht auslöffeln muss, um mir ein Urteil über ihren Geschmack zu bilden. Allerdings muss ich, wenn ich ein Werk in der Öffentlichkeit beurteile, es auch unbedingt ganz gelesen haben.

Was unterscheidet überhaupt gute von schlechter Literatur?

Scheck: Ein gutes Buch verändert meine Sicht auf die Welt. Man verlässt einen großen Text nicht als derselbe Mensch, der ihn aufgeschlagen hat. Franz Kafka, Samuel Beckett oder Arno Schmidt sind zum Beispiel Autoren, die meine Anschauung der Dinge nachhaltig verändert haben.

Welches Buch empfehlen Sie aktuell?

Scheck: Heinrich Steinfests wunderbar schrägen Roman „Die Büglerin“. Die skurrilen Bücher dieses Autors wirken auf mich wie irrsinnig anregende LSD-Trips – nur viel vergnüglicher und gesünder.