Essen. „Der Lange Abschied von der Kohle“ ist eine bewegende Doku, die zurückblickt auf 60 Jahre Bergbau. Manchmal mit zu viel Melancholie.

Ende des Jahres ist Schluss. Endgültig und für immer. Letzte Schicht im Schacht. Auf Prosper Haniel in Bottrop und Anthrazit Ibbenbüren. Und dann ist er zu Ende, der „Lange Abschied von der Kohle“.

60 Jahre, die im WDR 90 Minuten dauern – 20 Minuten weniger als im Kino. Aber das reicht Werner Kubny und seiner Partnerin Petra Neukirchen immer noch, um den Bogen zu spannen von der Kohlekrise der späten 50er über die wilden Zechenschließungen, die Streiks im Ruhrgebiet und die Gründung der RAG bis hin zu den Kämpfen der Bergleute aus den letzten Jahre, um zu verhindern, was längst nicht mehr zu verhindern war.

Zwei Jahre haben sich die Filmemacher Zeit genommen, um einige Bergleute der Zeche Auguste Viktoria in Marl über Wochen bis zur Schließung ihres Standortes zu begleiten, um Interviews zu führen mit aktiven und ehemaligen Kumpeln ebenso wie mit Museumsleitern oder hochrangigen RAG-Mitarbeitern. Aber auch um tief in den Archiven zu wühlen und Bildmaterial ans Tageslicht zu holen, das man lange oder sogar noch nie gesehen hat.

Eine Region, die vom Bergbau geprägt worden ist

Nur Minuten dauert es, bis klar wird, dass sich das Ende des Bergbaus kaum vergleichen lässt mit dem Niedergang vieler anderer Industrien. Zumindest nicht im Ruhrgebiet. Denn das ist von der Arbeit unter Tage geprägt worden – nicht nur landschaftlich, sondern auch durch die Menschen, die hier leben und von denen immer noch viele eine ganz besondere Beziehung zum „schwarzen Gold“ haben – und sei es nur, weil Vatter im Pütt malocht hat. Oder der Opa.

Kubny verzichtet auf einen Kommentar aus dem Off. Fakten, die die Zuschauer seiner Meinung nach wissen müssen, die blendet er schriftlich ein. Oder er lässt sie von seinen Protagonisten erzählen.

Oft aber sprechen nur seine Bilder und die – manchmal etwas melodramatische – Musik, mit der er sie unterlegt. Selten blickt dieser Film nach vorne, und noch seltener macht er das mit echter Zuversicht. Stattdessen gibt es – hier und da etwas verklärt wirkende – Erinnerungen und Dönekes aus der alten Zeit, in der nicht alles schön, aber vieles offenbar „besser“ war als heute. Schon weil es „guten Lohn für harte Arbeit“ gab.

Der Film will nicht objektiv sein

Von „bewegenden Momenten“ ist zu hören, und gerne wird die „einzigartige Kameradschaft“ beschworen, die unter Tage herrschte. Und natürlich wird auch gesungen. Glück auf, der Steiger kommt.

Ja, dem langen Abschied von der Kohle fehlt es an Kritik. Wenn es etwa um die Frage geht, wie sinnvoll die Subventionen für die Steinkohle waren, dann verzichtet Kubny auf eine Gegenstimme, lässt nur Kumpel und RAG zu Worte kommen. Das ist nicht objektiv, aber dieser Film will auch gar nicht objektiv sein. Er will zurückblicken, und er macht das sehr unterhaltsam, manchmal aber mit einer etwas zu großen Prise Melancholie.

Fazit: Weniger klassische Dokumentation als eine handwerklich hervorragend gemachte Hommage an 60 Jahre Bergbau, die an einigen Stellen mehr auf Gefühl als auf Fakten setzt.

Freitag, 4. Januar, WDR, 20.15 Uhr