Wendhausen. Autohof-Gastronomin Sibylle Rademacher aus Wendhausen kämpft für eine bessere Versorgung der LKW-Fahrer.

Mike steht am provisorischen Tresen am Eingang des Autohof-Restuarants BS-Ost in Wendhausen. Er bestellt einen Kaffee und eine Portion Rührei. Eigentlich würde er sich nun in das Restaurant setzen, um etwas ausruhen. Doch die Regeln in der Corona-Krise verbieten ihm das. Mike ist seit über 20 Jahren LKW-Fahrer, bis vor einem Jahr im internationalen Verkehr, inzwischen aber nur noch auf deutschen Autobahnen unterwegs. Er bat uns, ihn bei seinem Vornamen zu nennen. „Man kommt sich wie auf verlorenem Posten vor“, sagt er - aus sicherer Distanz. Der Fahrer aus dem Raum Merseburg steht mit seiner Meinung nicht alleine.

Eine der Restriktionen in diesen Krisen-Tagen gilt allen Restaurants. Auch jene auf Autohöfen, wie das von Gastronomin Sibylle Rademacher in Wendhausen, gehören dazu. Niemand darf eintreten, Verkauf von Speisen „to go“ ist erlaubt. „Das ist eine Geringschätzung für die Fahrer, die man kaum in Worte fassen kann“, regt sich Rademacher auf, „sie stellen unsere Versorgung sicher, und dann müssen sie vor der Tür stehen bleiben, um auf ihr Essen zu warten, und es 50 Meter entfernt zu sich nehmen.“ Ganz abgesehen davon: Der Umsatz des Restaurants ist um 80 Prozent gesunken. „Dass das passieren würde, war klar. Uns fehlen die Privatkunden. Dennoch würde ich meine Türen gerne nur für die LKW-Fahrer öffnen, damit sie sich zum Essen auch etwas hinsetzen können – natürlich mit entsprechenden Auflagen“, führt sie aus. Am Umsatz würde das nichts ändern.

Mike, der Trucker, den wir am Freitagmorgen bei Sibylle Rademacher am Tresen treffen, hat mit der Versorgung als solche kein Problem. „Das geht hier noch“, sagt er. Die Autohöfe hielten die Tankstellen offen, man könne kostenlos duschen, aber die Toiletten seien nicht sauber. Schlimmer noch würden die Trucker von den Unternehmen behandelt, die sie anfahren. „Da fühlt man sich wie ein Aussätziger, dort darf ein Fahrer nirgendwo rein, auch nicht mal schnell auf die Toilette.“

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Zeitsprung: Wir sind kurz vor den Kontaktverboten, aber bereits nach der Einschränkung der Öffnungszeiten für Restaurants auf dem Autohof. Es ist Freitagabend. Normalerweise wäre nun jeder Tisch im Restaurant besetzt. An den provisorischen Tresen, der befindet sich diesmal am Eingang zur Terrasse, tritt ein Fahrer aus Österreich. Er kommt gerade aus Italien. Als er das sagt, gewinnt er noch mehr Platz, als sonst schon. Seinen Namen wolle er nicht in der Zeitung lesen, aber: „Die Deutschen machen viel zu wenig“, schimpft er und fährt fort: „Das Virus ist absolut tödlich, wann begreifen die das hier?“ In Österreich und Italien sei alles dicht, richtig sei das, sagt er und bestellt ein Essen to go.

Ein zweiter Fahrer gesellt sich hinzu. Auch er will in diesen Tagen lieber anonym bleiben. „Wir sind der letzte Dreck. So fühlt sich das an“, wird er deutlich. Er fährt international. Ja, man könne überall auf die Toilette gehen, nur dass auf vielen Raststätten einfach Toilettenhäuschen stehen. Alles andere sei dicht.

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Wir haben beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung sowie beim Landkreis Helmstedt nachgefragt, ob Ausnahmen für Autohofrestaurants unter bestimmten Auflagen möglich seien, etwa eine ausschließliche Öffnung für LKW-Fahrer zu deren Feierabendzeit. Von beiden kam ein kategorisches Nein. Die Landesregierung sieht die Grundversorgung der Trucker derzeit ausreichend gewährt. Christoph Ricking vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Ministerium schrieb auf Anfrage, was darunter zu verstehen sei: „Autobahnraststätten in Niedersachsen werden fast ausschließlich von Tank & Rast betrieben. Tank & Rast stellt sicher, dass die Tankstellen geöffnet bleiben. Zudem können die Toiletten (Sanifair) und die Fernfahrerduschen kostenfrei genutzt werden. Darüber hinaus bietet Tank & Rast Snacks und warme Gerichte „To go“ an. Aus Sicht des Niedersächsischen Verkehrsministeriums ist damit eine Grundversorgung für Lkw-Fahrer sichergestellt.“ „Das ist das falsche Signal und unerträglich. Die Trucker sind auf der einen Seite die Helden des Alltags, werden dann aber so abgespeist. Das kann es nicht sein“, meint Lehres Bürgermeister Andreas Busch dazu.

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