Bad Sachsa. Zwei Millionen Euro vom Bund fließen in die Sanierung der Talsperre in Steina. Diese soll eine Vorzeigeanlage für die gesamte Bundesrepublik werden

Der Titel klingt sehr fachlich: „Klimawandelgerechte Wasserversorgung am Beispiel von Talsperre und Wasserwerk Steina“. Dahinter verbergen sich die zwei Millionen Euro, die im Bundeshaushalt eingestellt wurden, um die Talsperre in Steina grundlegend zu sanieren und ein innovatives Wasserwerk zu bauen. Und jetzt steht auch fest: die Gelder werden nach Bad Sachsa fließen. Bürgermeister Daniel Quade und Stefan Lummer, Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Sachsa, die auch die Talsperre betreiben, freuten sich sichtlich, im Gespräch mit unserer Redaktion die frohe Kunde aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz offiziell nach außen geben zu können. Doch fest steht auch eines: die eigentliche Arbeit zum Umbau in Steina fängt jetzt für erst richtig an.

Gesamtkosten werden auf bis zu 3,5 Millionen Euro geschätzt

„Wir planen in diesem Jahr 1,3 Millionen Euro von der Fördersumme auszugeben, und 2024 dann die restlichen 700.000 Euro“, beschreibt Stefan Lummer. Denn verfügbar sind die Mittel bzw. sie müssen genutzt worden sein vom Eingang des positiven Förderbescheides vom 19. Dezember 2022 bis zum 31. Dezember 2024. „Wir gehen davon aus, dass wir einige der Arbeiten europaweit ausschreiben müssen.“ Daher ziehen die Stadtwerke Bad Sachsa auch einen Fachanwalt hinzu für die Ausschreibungen. „Wir wollen hier keinen Fehler machen“, verdeutlicht Stefan Lummer. Eines gibt der Geschäftsführer aber auch offen zu: Die gesamten Investitionen für die Sanierung der Talsperre Steina seien mit den Geldern aus dem Bundeshaushalt, die wie er ebenso betont, „nicht rückzahlungspflichtig sind“, nicht gezahlt. Aufgrund der gestiegenen Baukosten durch die Corona-Pandemie, Krieg in der Ukraine und der daraus resultierenden Inflation schätzt er die Gesamtkosten auf etwa 3,2 bis 3,5 Millionen Euro.

Der Überlauf an der Talsperre bei Hochwasser. 
Der Überlauf an der Talsperre bei Hochwasser.  © Unternehmen | Stadtwerke Bad Sachsa

„Gut angelegtes Geld“, wie Stefan Lummer verdeutlicht, „denn man darf nicht vergessen, dass es sich hierbei um ein Musterprojekt handelt, dass die Trinkwasserversorgung in ganz Deutschland in Zukunft voranbringen soll“.

Quade: „Grundstein für Bad Sachsas Trinkwasserversorgung der Zukunft“

Froh ist Bürgermeister Daniel Quade darüber, „dass dank des Engagements der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Ulla Ihnen und dem aktuellen MdB Konstantin Kuhle überhaupt die Gelder in den Bundeshaushalt genommen wurden. Denn eigentlich hat man eigens für uns in Bad Sachsa damit etwas geschaffen, was so sonst nicht in diesen Haushalten steht“. Man könne dank der Hilfen aus Berlin jetzt den Grundstein für die Trinkwasserversorgung von Bad Sachsa für die kommenden Jahrzehnte legen.

Wichtig sei nun aber auch, dass der entsprechende Bauantrag für das Projekt schnell genehmigt werde. „Wenn ich einen Wunsch äußern darf, hoffe ich, dass die Kreisverwaltung dieses Thema schnell bearbeitet.“ Denn nur so sei der enge Zeitrahmen bis zum Ende des Jahre 2024 auch einzuhalten.

Intensiver Informationsaustausch mit Verantwortlichen auf allen Ebenen

Bei der Frage warum, das Bundesumweltministerium letztlich sein OK für die Freigabe der Gelder gab, findet der Bürgermeister eine schnelle Erklärung: „Die Verantwortlichen der Stadtwerke Bad Sachsa, allen voran Stefan Lummer, haben stets einen engen Informationsaustausch gepflegt.“ Das aber auch nicht nur zum Ministerium in Berlin, sondern auch vor Ort. Hier habe man ebenfalls von Beginn an, die Landesforsten, die Harzwasserwerke und andere immer mit in die Planungen eingebunden. „Das sollte uns vor allem jetzt in der Umsetzungsphase helfen, denn etwaige Fragen konnten schon geklärt werden“, verdeutlicht Lummer.

Blick in das Pilot-Wasserwerk an der Talsperre in Steina. 
Blick in das Pilot-Wasserwerk an der Talsperre in Steina.  © Unternehmen | Stadtwerke Bad Sachsa

Als ebenso wichtiger Schachzug habe sich aber auch herausgestellt, dass man das Pilotwasserwerk, dass mit einer neuen mehrstufigen Aufbereitungsanlage nach dem Biofiltrationsprinzip mit Ozon arbeitet, zunächst nur an das Trinkwassernetz in Steina angeschlossen habe. So habe man alle wichtigen Detailfragen einfach klären können, dank eines überschaubaren Netzes.

Innovativ: Wasseraufbereitung ohne den Einsatz von Chlor

Und die Anlage, die am 9. Juni 2022 an den Start ging, arbeitet weiterhin bestens. „Die Aufbereitungsanlage funktioniert nach Anpassung auf die örtlichen Gegebenheiten tadellos. Sie hat zu jeder Zeit einwandfreies Trinkwasser zur Verfügung gestellt“, erklärte Stefan Lummer bereits Ende Oktober vergangenen Jahres auf Nachfrage unserer Redaktion – und daran habe sich bis heute nichts geändert. Ein besonderer Vorteil ist dabei, dass die innovative Technik in der Aufbereitung komplett auf Chlor verzichten kann.

Hintergrund ist, dass aufgrund der sich verändernden Umgebungseinflüsse mit längeren Trockenphasen und Hitzeperioden, aber auch bei Starkregen der Einschwemmung von Baumresten und anderem Material sich die Rohwasserqualität in der Talsperre Steina seit geraumer Zeit ständig ändert. Die aktuelle Aufbereitungstechnik der Talsperre ist aber für solche Situationen nicht ausgelegt.

Die Probleme der Vergangenheit

Die Folge: Es konnte durch das alte Wasserwerk nicht konstant Trinkwasser geliefert werden, was sich auch anhand von wiederholt registrierter mikrobiologischer Belastung am Trinkwasserausgang des Wasserwerks in Steina feststellen ließ. Dies führte dazu, dass die Anlage erst wiederholt und im Jahr 2021 komplett vom Netz genommen werden musste und seitens des Gesundheitsamtes eine Anpassung an den aktuellen Stand der Technik der Aufbereitung gefordert wurde.

Wasser marsch: Das neue Wasserwerk in Steina, eine Pilotanlage, die mit Aufbereitung über Ozon arbeitet, versorgt ab sofort die Einwohner von Steina mit Trinkwasser.
Wasser marsch: Das neue Wasserwerk in Steina, eine Pilotanlage, die mit Aufbereitung über Ozon arbeitet, versorgt ab sofort die Einwohner von Steina mit Trinkwasser. © HK | Thorsten Berthold

Die Idee für die neue Anlage lieferte das Ingenieurbüro Rinne und Partner aus Göttingen. „Wir waren froh einen kompetenten Partner finden zu können, der uns bei diesem Projekt begleitet“, erklärte Stefan Lummer bei der Einweihung der Anlage. Ingenieur Dirk Schrader erklärte im Juni letzten Jahres, dass die Anlage der Firma Hydro Elektrik, die die Wasseraufbereitung mit Ozon vornimmt, in Skandinavien bereits oftmals genutzt werde, in Deutschland aber noch nicht so bekannt sei.

Anlage liefert nach wie vor bestes Trinkwasser für Steina

Im März 2022 war der Probebetrieb angelaufen und nach und nach die Anlage auf die erforderliche Trinkwasserqualität gemäß Trinkwasserversorgung eingestellt. Das erzeugte Wasser wurde dann im Rahmen eines Monitorings beprobt, mit dem Ergebnis, dass nun zunächst in Steina die Versorgung erfolgen kann.

Doch auch der Rest von Bad Sachsa kann sich freuen: „Wir freuen uns, dass die Gelder kommen und somit auch die restliche Stadt und auch Osterhagen bald wieder das gute Wasser aus der Talsperre in Steina genießen können“, freut sich der Bürgermeister.

Idee: Vergrößerung der Talsperre ab dem Jahr 2025

Im Zuge des Klimawandels hat man sogar noch weitere mögliche Pläne. „Unsere Idee ist es, die Talsperre ab dem Jahr 2025 mehrstufig zu vergrößern“, erläuterte Quade auf der Sitzung des Ortsrates Steina Ende vergangenen Jahres. Dazu könnte das Vorbecken der Talsperre vergrößert werden und auch ein naher Teich vergrößert und mit als Wasserreservoir genutzt werden. „Die Idee mit dem Teich stammt sogar von den Landesforsten, insofern kann man hier die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten erkennen“, sagte damals Bauamtsleiter Gerhard Grundei. Doch jetzt gilt es erst die eigentliche Sanierung der Talsperre und den Bau des neuen Wasserwerks voranzutreiben.

Daten zum Pilot-Wasserwerk:

Ausgelegt ist die Anlage für einen 24-monatigen Betrieb, anwendungstechnisch ist derzeit eine Härte von 5% dH eingestellt.

Es können nominell 6 Kubikmeter pro Stunde und bis zu 120 Kubikmeter pro Tag aufgearbeitet werden, die tägliche Betriebszeit beträgt bis zu 20 Stunden.

Die Kosten für die Pilotanlage belaufen sich auf etwa 200.000 Euro.