Wernigerode. Auf der Pressekonferenz am Freitagmorgen sagt der Landrat des Harzkreises: „Ich bin es leid, diese Diskussion permanent zu führen!“
Die Stimmung ist angespannt auf der Pressekonferenz der Stadt Wernigerode (Sachsen-Anhalt) am Freitagmorgen. Zusammen mit den Einsatzleitern der Feuerwehr, dem Leiter des Nationalparks Harz, Roland Pietsch, und dem Landrat des Landkreis Harz, Thomas Balcerowski (CDU), schildert Oberbürgermeister Tobias Kascha (SPD) die Lage am Brocken: „Ich hätte es nicht erwartet nach nur neun Tagen Amtszeit mit einem Großbrand in der Ortslage in Schierke ins Amt zu starten“.
Die Zerknirschung ist groß. 300 Feuerwehrleute sind seit Donnerstagnachmittag, 14 Uhr, non-stop im Einsatz, um den Brand am Brocken, unter Kontrolle zu kriegen. Am Freitagmorgen hatte er sich bereits auf 13 Hektar ausgedehnt, nachdem sich in der Nacht mehrere Brände zu einem Großbrand vereinigt hatten, wie der stellvertretende Kreiswehrleiter, Jerry Grunau, schildert. Er hatte den nächtlichen Einsatz geleitet. Denn die Lage und die Gefahr, die für die Feuerwehrleute ausgeht, hätte so schlimm nicht werden müssen. Davon sind die Feuerwehrleute hier überzeugt.
Landrat findet deutliche Worte
Kai-Uwe Lohse, Kreisbrandmeister des Harzkreises, wirkt resigniert als er auf der Pressekonferenz erklärt: „Zu der schwierigen Lage kam wieder mal erschwerend hinzu, dass wir in der Frühphase des Brandes auf Luftunterstützung verzichten mussten. Das hätte die Ausbreitung, zumindest minimiert.“
Lohse berichtet, dass nach der Anforderung von Luftunterstützung am Donnerstag um 14.31 Uhr, erst am Freitagmorgen Helikopter zur Verfügung gestanden hätten. Es sei zwar schon am Donnerstag ein Helikopter Richtung Harz geschickt worden, dieser musste aber unverrichteter Dinge wegen eines Defektes wieder abfliegen. Kreisbrandmeister Lohse nennt diesen Vorgang eine „schwarze Tradition“ im Landkreis Harz.
Auch aus Landrat Thomas Balcerowski spricht die Frustration: „Was wir hier gerade sehen, ist das, was wir eigentlich immer verhindern wollten. Wir sehen, dass wir zwingend Luftunterstützung brauchen. Insofern glaube ich, dass wir nicht mehr lange über Löschflugzeuge im Harz diskutieren müssen. Es wird Zeit, dass wir sie anschaffen. Gestern hätten wir sie gebraucht.“
Der Landrat kündigte an, nach dem Abschluss der Löscharbeiten Gespräche einfordern zu wollen. Für die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr sei es lebensgefährlich in den Brandzonen. „Ich bin es leid als Landrat permanent diese Diskussion führen zu müssen. Wir gefährden Mensch und Material.“
Frustration und Erschöpfung
Die angespannte Gefahrenlage durch trockenes Holz führe bei vielen Feuerwehrkräften zu Frustration und Erschöpfung, auch wenn Einsatzleiter Marco Söchting betonte, dass die Motivation der Kameradinnen und Kameraden ungebrochen hoch sei. Abschließend gab Landrat Balcerowski zu verstehen, dass es eine Auswertung der Ereignisse am Brocken nach dem Abschluss der Löscharbeiten geben müsse, aber: „Ich bin es leid immer nur drüber zu reden. Ich möchte jetzt Ergebnisse sehen.“ Erst im Mai hatte in Wernigerode ein runder Tisch über die Trockenheit und die daraus resultierende Waldbrandgefahr getagt.
Die Kameradinnen und Kameraden aus Sachsen-Anhalt stehen mit ihrer Forderung nach mehr Support aus der Luft nicht alleine da. Der Goslaer Kreisbrandmeister Uwe Fricke pflichtet der Forderung aus dem Nachbarkreis bei: „Weite Teile das Waldes hier im Harz sind hier einfach zu gefährlich und können besonders im Brandfall nicht betreten werden – es ist ein bisschen wie in munitionsbelasteten Gebieten.“
In Goslar habe es laut Fricke dieses Jahr bereits etwa 70 Wald- und Vegetationsbrände gegeben – aus seiner Sicht käme auch das Land Niedersachsen nicht darum herum, bessere Lösungen für die Luftunterstützung zu finden. „Niedersachsen hat einen Kooperationsvertrag mit einer Firma, deren Helikopter im Stand-by ist für Löscheinsätze“, erklärt der Feuerwehrmann. Wenn man sich aber die Menge an Bränden zur Zeit vor Augen riefe, sei klar, dass diese Lösung nicht lange funktionieren würde.
„Polizei und Bundeswehrhelikopter sind für andere Aufgaben ausgelegt und müssen vor jedem Einsatz umgerüstet werden“, erklärt Fricke das Dilemma. Das dauere natürlich eine Zeit. Zeit, die im Zweifelsfall nicht da ist.
Eine Lösung beispielsweise wäre das Chartern von Agrarfliegern. Fricke betont aber auch: Es gebe bisher kaum Erfahrung. Das beste wäre, Lösungen aus dem Nachbarländern zu studieren und so die beste Lösung für den Harz zu finden.