Magdeburg. Im Harz stirbt ein alter Mann gewaltsam. Niemand bemerkt das zunächst, die Rente wird weiter gezahlt. Seine Nachbarin und Haushaltshilfe gesteht.

Sie soll ihren Nachbarn getötet und dann jahrelang seine Rente kassiert haben - und erst nach Jahren bemerkte jemand etwas. Eine 62-jährige Frau muss sich seit Dienstag wegen Totschlags und Rentenbetrugs am Landgericht Magdeburg verantworten. Zum Prozessauftakt gestand die Haushaltshilfe des alten Mannes aus dem Harz-Ort Rieder die Taten. Sie erklärte aber, aus Notwehr gehandelt zu haben: Der Mann sei ihr gegenüber sexuell übergriffig geworden, wogegen sie sich gewehrt habe, sagte sie. Sie habe ihren Nachbarn mit Messer und Beil angegriffen und getötet.

Ist die Tat bereits verjährt?

Knackpunkt der juristischen Bewertung ist der genaue Tatzeitpunkt: Die Angeklagte gab an, die Tat habe sich vor 24 Jahren im Herbst 1995 ereignet - damit wäre die als Totschlag eingestufte Tat verjährt. Die Staatsanwaltschaft geht von einem anderen Zeitpunkt aus: Oberstaatsanwältin Elke Vogel zufolge geschah das Gewaltverbrechen an einem „nicht näher bestimmbaren Tag“ nach dem 20. Mai 2001. Denn da hätten Verwandte den Rentner noch gesehen. Damals war das Opfer 81 Jahre alt. Mutmaßlich sei die Tat im September oder Oktober 2001 geschehen, so die Anklage.

Angeklagte kassierte Rente des Toten: 105.000 Euro

Dass der sehr zurückgezogen lebende Mann tot war, bemerkte im Dorf niemand. Auch die Kinder nicht, die nach Aussage der 62-Jährigen keinen Kontakt hatten. So kassierte sie seine Rente - laut Staatsanwaltschaft mindestens von März 2004 bis September 2015 fast 105.000 Euro. Erst 2016 wurde der Fall bekannt.

Für den Prozess sind sechs Verhandlungstage vorgesehen. Zwölf Zeugen, eine Rechtsmedizinerin und ein Psychiater sollen befragt werden. Die Verhandlung soll am 20. August fortgesetzt werden. dpa