Zell am See. Nach fast 50 Jahren leben die legendären Rennen in Zell am See wieder auf. Wenn Familie Porsche ruft, kommen selbst Ex-Formel-1-Fahrer.

Es war nicht zuletzt der Stall, der es Ferdinand Porsche angetan hatte. Denn als die Familien Porsche und Piech ihre vielen Kinder vor den Wirren des Zweiten Weltkrieges schützen wollten, haben sie sich auch deshalb für das Schüttgut in Zell am See entschieden, weil sie sich dort mit einer Landwirtschaft selbst versorgen konnten.

Das ist jetzt zwar bald 80 Jahre her, doch der Bauernhof mit Blick auf das Kitzsteinhorn ist noch immer in Familienbesitz, und der Stall spielt für den aktuellen Hausherren Wolfgang Porsche bis heute eine große Rolle. Allerdings nicht mehr für Kühe, sondern für Pferdestärken. Schließlich hat der Sohn des Firmengründers dort eine erkleckliche Autosammlung untergebracht, die beileibe nicht nur der eigenen Firmen- und Familiengeschichte huldigt.

Porsche-Erbe Ferdinand hatte Idee für Eis-Rennen

Dass die nicht nur zum Gucken da ist, sondern auch zum Gasgeben, das hat Porsche jetzt einmal mehr bewiesen und Autos wie einen Alfa 8C oder einen 550er Spyder zu einer Gelegenheit aus der Halle geholt, bei der andere Oldtimer-Fans Schnappatmung und Herzrasen bekommen würden: ein Rennen auf Eis und Schnee.

Malerisch: Ein Audi beim GP IceRace am frühen Morgen.
Malerisch: Ein Audi beim GP IceRace am frühen Morgen. © imago/Manngold | Paul Stalmann

Natürlich sind das nicht die besten Bedingungen für Klassiker, das zeigt schon die Tatsache, dass man zum Beispiel die dafür nötigen Spikereifen nicht gerade von der Stange kaufen kann. Aber die Wintersause hat für die Porsches gleich mehrfach eine besondere Bedeutung. Denn erstens ist sie eine Familienangelegenheit, die Ur-Enkel Ferdinand zusammen mit einem Studienkameraden aus der Taufe gehoben hat.

Und zweitens erinnert das GP IceRace an die legendären Eisrennen, die früher mal zu Zell am See gehörten, wie die vielen Passstraßen drumherum: Während sich Männer wie Hans Stuck im Sommer auf den Kehren hinauf zum Großglockner bewähren konnten, sind sie im Winter über den zugefrorenen See gedriftet.

1973 brachen zwei Arbeiter durch die Eisdecke

Inspiriert wurden die Österreicher dafür seinerzeit vom sogenannten Skijöring während der Olympischen Winterspiele in Sankt Moritz, wo sich 1928 zum ersten Mal Skiläufer von reiterlosen Pferden über das Eis hatten ziehen lassen. Nur dass sie beim ersten Rennen in Zell am See neun Jahre später lieber auf Pferdestärken als auf Pferde setzten und einfach Motorräder vor die Skier spannten.

Mutig: Ein Skifahrer ließ sich von einem Formel-Auto über die Strecke ziehen.
Mutig: Ein Skifahrer ließ sich von einem Formel-Auto über die Strecke ziehen. © imago/Manngold | Paul Stalmann

Irgendwann fuhren die Zweiräder dann auch ohne Anhang, und plötzlich waren die ersten Autos auf dem Eis unterwegs, erinnern sich die Veranstalter. Nach bald 40 Jahren fand der Spaß allerdings ein jähes Ende, weil bei den Vorbereitungen für das Rennen im Jahr 1973 zwei Gemeindearbeiter mit ihrem Räumgerät einbrachen und sich einer der beiden nicht mehr aus dem Eiswasser retten konnte.

Fast 50 Jahre später lässt Porsche diese Tradition jetzt wieder aufleben – sicherheitshalber allerdings auf einem Flugfeld neben dem See. Und so eindrucksvoll der Stall auf dem Schüttgut auch bestückt ist, es gehen bei den bis spät in die Nacht unter Flutlicht ausgetra­genen Rennen vor rund 8000 Zuschauern beileibe nicht nur die eigenen Autos auf den 600 Meter langen Rundkurs. Wenn Porsche ruft, dann kommen alle – erst recht, wenn sie zum VW-Konzern gehören.

Porsche drehte hier die erste Runde mit dem Cayman GT4

Das gilt für Fahrer wie Mark Webber, Walter Röhrl oder Daniel Abt – und mehr noch für die Autos. Nicht umsonst hat Audi zum Beispiel einen Formel-E-Renner, einen Rallye Quattro aus Walter Röhrls besten Tagen und einen Typ-D-Rennwagen mitgebracht, wie ihn Stuck Senior hier durch die ­Berge trieb. VW feiert mit Jochi Kleints TwinGolf und Romain Dumas’ ID.R den Erfolg auf dem Pikes Peak, und Skoda schickt den Fabia aus der WRC aufs Eis, bis die Schneekristalle meterhoch fliegen.

Heimspiel: Für die Familie Porsche haben die Rennen in Zell am See eine besondere Bedeutung.
Heimspiel: Für die Familie Porsche haben die Rennen in Zell am See eine besondere Bedeutung. © imago/Manngold | Paul Stalmann

Porsche hat sogar eine veritable Weltpremiere auf dem Flughafenkurs gefeiert. Schließlich haben die Schwaben nicht nur jede Menge Elfer aus allen Generationen mitgebracht und diesmal vor allem die aufgebockten Safari-Varianten berücksichtigt. Sie haben hier auch die erste Runde mit ihrem neuen Cayman GT4 gedreht, der ab 2020 in der WRC antreten soll.

Ach ja, und eine ganze Menge Pri­vatiers waren auch noch am Start: Sie haben sich mit besser geeigneten Autos wie den mühsam in die Grenzen der Straßenverkehrsordnung gepressten Rallye-Rennern vom Schlage eines Su­baru Impreza WRX STI oder Mitsubishi Lancer Evo und weniger tauglichen Modellen wie alten VW Buggies, Saabs und Fords oder gar einem Trabant 601 auf den spiegelglatten Flughafenrundkurs begeben und sind dabei tatsächlich auf Zeit gefahren. Ein paar Verrückte auf Skiern haben sich auch wieder gefunden und sich über die 600 Meter lange Strecke schleifen lassen.

Der Fetzenflieger stahl auch diesmal allen Autos die Show

Gewonnen hat das Rennen zwar das aktuelle WRC Fabia von Skoda. Doch Sieger der Herzen war ein anderes Auto: der Fetzenflieger – ein extrem kurzer und dafür umso breiterer Eigenbau um einen Porsche-Vierzylinder herum, den sich der einstige Motorradrennfahrer Otto Mathé nach einem schweren Unfall in den 1950ern eigens für die Eis­rennen gebaut hatte.

Der „Fetzenflieger“ eroberte in Zell am See die Herzen der Autofans.
Der „Fetzenflieger“ eroberte in Zell am See die Herzen der Autofans. © sps | SPS

Nur 395 Kilo schwer und dafür 96 kW/130 PS stark, erreichte er Geschwindigkeiten über 200 km/h und gewann damals so ziemlich alles, was es auf Eis und Schnee zu gewinnen gab. Kein Wunder also, dass er auch diesmal allen anderen Autos die Show gestohlen hat.

Wolfgang Porsche, der als eine Art graue Eminenz zumindest die gefühlte Platzherrschaft übernommen hat, war mit Begeisterung dabei und hat sich sichtlich darüber gefreut, dass in einer Zeit, in der allen vom Elektro-Gerede die Ohren summen, noch einmal das Brüllen der Motoren das weite Tal erfüllen durfte.

Und wenn es nach ihm geht, wird es sicherlich nicht das letzte Mal ­gewesen sein. Im ehemaligen Kuhstall auf dem Schüttgut warten schließlich noch eine ganze Reihe PS-Preziosen, die mal eine Auszeit von der Winterpause brauchen könnten.