Berlin. Beim Friedensprozess in Nahost bewegt sich schon lange nichts mehr. Trumps Entscheidung zu Jerusalem bringt Bewegung – und Chaos.
Der Präsident der USA spielt mit dem Feuer, man könnte auch sagen mit dem Blut von Israelis und Palästinensern. Das ist die eine Interpretation. Die andere lautet so: Endlich setzt ein US-Präsident um, was seit 1995 per US-Gesetz feststeht: Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die nordamerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Nur aus Gründen nationaler Sicherheit kann dieser Prozess für jeweils sechs Monate ausgesetzt werden. Auch alle anderen Staaten haben bislang aus Rücksicht auf den Friedensprozess ihre Auslandsvertretungen in Tel Aviv angesiedelt, nicht in Jerusalem.
Nun gerade dieser Friedensprozess stockt seit einiger Zeit. Zeit für ein Signal. Wie immer aber gibt es im Nahostkonflikt mehrere Wahrheiten. Jerusalem gilt für den Staat Israel als Hauptstadt des Landes, wo die Regierung sitzt und arbeitet. Der Wunsch nach internationaler Anerkennung Jerusalems ist aus israelischer Sicht gut zu verstehen, lebten doch schon vor 2000 Jahren Juden dort. Doch auch die Muslime beanspruchen die Stadt, vor allem den Tempelberg für sich. Und an dessen Fuß befindet sich ein Heiligtum der Juden, die Klagemauer.
Radikal-islamische Hamas drohte mit einer Neuauflage der Intifada
Donald Trumps Ankündigung traf die palästinensische Autonomiebehörde wie die Staaten der Arabischen Liga ins Mark. Palästinenserpräsident Abbas verkündete, dass ein solcher Schritt den Friedensprozess zunichtemachen und die Welt dafür den Preis bezahlen würde. Und natürlich wartete der Iran auch nicht lang, hetzt und fordert Muslime auf, sich gegen diese „amerikanisch-zionistische Verschwörung“ zu vereinen. Die radikal-islamische Hamas drohte mit einer Neuauflage der Intifada, Palästinensergruppen kündigten „Tage des Zorns“ an.
Das sind die heiligen Stätten Jerusalems
Diese Reaktion auf die bloße Verlegung einer Botschaft ist unangemessen: Wenn die palästinensische Seite Gewalt androht, zeigt das, wie schlimm es um den Komapatienten Friedensprozess im Nahen Osten steht. Er zuckt nicht mal mehr. Trumps plötzliche Anerkennung ist diplomatisch ein Fehler, das andere ist das Aufheizen der Stimmung durch die Palästinenser, die Leben kosten kann. Das weiß Trump, und er provoziert trotzdem. Vielleicht weil er das Ende seiner Handlung nicht voraussehen kann?
Netanjahu hat monatelang auf Trump eingewirkt
Weil er sich als der tatkräftige Präsident inszenieren möchte? In jedem Fall adressiert er in jede Richtung, vor allem an den Iran. Trump hält die Fäden in der Hand, er entscheidet. Das ist die radikale Botschaft aus Washington in die Welt. Die Folge: Chaos. Das einzig Positive ist, dass er Schwung in eine starre Nahostverhandlung bringt. Wohin das auch immer führen wird.Und Israels Staatschef Benjamin Netanjahu ist gefangen in seiner Regierungskoalition mit den Radikalen: Leuten wie Kulturministerin Miri Regev, die auf den Filmfestspielen von Cannes in einem Kleid mit einem bunten Bild der Stadt Jerusalem erscheint.
Die politische Botschaft: Jerusalem ist die rechtmäßige Hauptstadt Israels. Netanjahu kann nun nicht mehr zurück. Er wird Trumps Ankündigung im eigenen Land ausbaden müssen. Für mögliche Attentate von Palästinensern gegen Israelis wird man Netanjahu die Mitverantwortung geben. Er hat sich starkgemacht für eine Hauptstadt Jerusalem – und monatelang auf Trump eingewirkt.
Mehrheit der Israelis spricht sich für eine Zweistaatenlösung aus
Zumal sich laut Umfragen die Mehrheit der Israelis für eine Zweistaatenlösung ausspricht. Und die ist weit entfernt. Trump wiederholte immer wieder, er sei für eine Zweistaatenlösung. Wenn er das ernst meinte, müsste er zwei Botschaften in Jerusalem eröffnen: Eine im westlichen Teil der Stadt für Israel – und eine im östlichen Teil. Für einen künftigen Staat Palästina.