Berlin. Für 20 Euro nach Mallorca? Diese Zeit dürfte vorbei sein. Die Luftfahrtindustrie will klimaneutral werden. Für Reisende wird es teurer.

Urlaubsreisen sind nicht nur teuer geworden. Auch stehen Flüge angesichts des vergleichsweise großen Beitrags zu den CO2-Emissionen in der Kritik. In den vergangenen Jahrzehnten haben Billigairlines für ein massiv angestiegenes Verkehrsaufkommen am Himmel gesorgt. Der Wochenendausflug nach Mallorca für 20 Euro oder ein Shopping-Trip nach London für ein paar Euro waren für die meisten Verbraucher erschwinglich.

Doch der gewaltige Kerosinverbrauch wie auch die Bildung der Kondensstreifen am Himmel setzen die Luftfahrt unter Druck. Sie muss umweltfreundlicher werden. Das ist den Beteiligten inzwischen auch klar geworden. Eine ungewöhnliche Allianz hat nun nach einem Weg zum Fliegen ohne schlechtes Gewissen erarbeitet. Mit dabei ist der grüne Vordenker Ralf Fücks, früher Chef der Böll-Stiftung und heute des Zentrums Liberale Moderne. Zusammen mit den Verbänden der Luftverkehrswirtschaft (BDL) und der Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) hat er einen Fahrplan für die Branche entwickelt. „Es geht darum, den Kulturkampf ums Fliegen zu überwinden“, sagt Fücks.

Klima: Ab 2025 sollen Kurzstreckenflieger zum Teil elektrisch fliegen

Denn der Luftverkehr bleibe eine globale Wachstumsbranche. An einen Verzicht der Menschen auf Flugreisen glauben die Beteiligten nicht. Eher rechnen sie mit dem Gegenteil, zumindest in weiten Teilen der Welt. Neue Technologien sollen daher für saubere Flugzeuge sorgen. „Wir brauchen Flugzeuge, die klimaneutral fliegen können“, sagt BDLI-Chef Volker Thum. Das will die Allianz in mehreren Schritten ermöglichen.

Zunächst soll das Klima durch eine Verlagerung von Verkehren auf die Schiene und der Kompensation der Treibhausgasemissionen weniger belastet werden. Ab 2025 können erste Kurzstreckenflugzeuge mit Hybridantrieb zum Teil elektrisch angetrieben werden. Ende des Jahrzehnts beginnt dann die Beimischung synthetischer Kraftstoffe, 2035 rechnen die Experten mit der ersten Generation an Flugzeugen, die mit Wasserstoff angetrieben werden.

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Klimaneutrales Fliegen? Es gibt noch zahlreiche Stolpersteine

Im letzten Schritt wird der Energieverbrauch durch neue Flugzeugdesign gesenkt und der Wasserstoff ausschließlich aus erneuerbaren Energien gewonnen. „Die Industrie hat mit der Entwicklung bereits begonnen“, sagt Thum, Airbus wolle zum Beispiel 2035 einen Wasserstoffantrieb in der mittleren Flugzeugklasse einführen. „Wir haben einen Grundkonsens, dass klimaneutrales Fliegen keine Fata Morgana ist“, betont auch Fücks.

Doch auf diesem Weg liegen noch reichlich viele Stolpersteine. So ist noch völlig ungewiss, ob und wann genügend synthetische Kraftstoffe und später grüner Wasserstoff für die Luftfahrt zur Verfügung steht. Das liegt auch nicht in der Hand der Branche. Politische Schützenhilfe brauchen die Pläne auch. Denn ein europäischer Alleingang könnte den Wettbewerb verzerren. Der Klimaschutz verteuert das Fliegen. Gibt es anderswo weniger Auflagen, weichen die Passagiere auf Fernstrecken womöglich auf preisgünstigere Drehkreuze aus, etwa in der Türkei oder im Nahen Osten.

Klimaabgabe könnte Flugtickets teurer werden lassen

Subventionen soll es nach den Vorstellungen der Beteiligten aber nicht geben. „Wir schlagen eine Klimaabgabe für die Finanzierung synthetischer Kraftstoffe vor“, erläutert BDL-Chef Matthias von Randow. So würden die Passagiere am Ende für die teureren sauberen Kraftstoffe zur Kasse gebeten. Die Abgabe soll für jeden Start an einem europäischen Airport erhoben werden und sich am Endziel der Reise orientieren. Dann ist es egal, ob ein Fluggast innerhalb der EU oder anderswo umsteigt. Laut Randow blieben die Mehrkosten erträglich. „Die Menschen können sich Fliegen damit noch leisten“, versichert er.

Über die Höhe des Zuschlags kursieren bisher nur grobe Schätzungen. So könnte sich ein Flug von Stockholm nach Bangkok 2030 um bis zu 40 Euro verteuern, ab 2035 schon um bis zu 80 Euro. Der Trip von Amsterdam nach Singapur kostet 2030 bis zu 26 Euro mehr, 2035 bis zu 40 Euro. Teurer würde das Fliegen nach den Vorstellungen der Allianz auch durch ein Ende des Preisdumpings der Billigflieger. Hier fordern die Beteiligten staatliche Eingriffe, womöglich sogar die Festlegung von Mindestpreisen für die Tickets. „Das Modell Billigflug auf Kosten des Klimas hat ausgedient“, stellt Fücks fest.