Berlin. Siziliens größter Mafiaboss Matteo Messina Denaro konnte nach 30-jähriger Flucht gefasst werden. So spürte die Polizei den Mafioso auf.

Keine Waffen, sondern Luxusuhren, Parfüms und Markenkleidung: In dem Versteck, in dem der am Montag inhaftierte "Bosse der Bosse" Matteo Messina Denaro einen Großteil seiner 30-jährigen Flucht verbracht hat, fehlte es nicht an Bequemlichkeiten. Denn der gefürchtete Pate der Cosa Nostra, dem über 50 Morde zur Last gelegt werden, hatte einen Hang für Mode, Kunst und schöne Frauen.

Nach der Festnahme wurde stundenlang sein Versteck in Campobello di Mazara in der westsizilianischen Provinz Trapani durchsucht. Überraschender Weise wurden darin keine Waffen entdeckt, sondern elegante Kleider und Uhren, für die er eine wahre Vorliebe hat. Messina Denaro verfügte über beträchtliche finanzielle Mitteln. Bei der Festnahme trug er eine elegant mit Pelzgefütterte Lederjacke und hatte eine exklusive Uhr der Schweizer Marke "Franck Muller" im Wert von über 35.000 Euro am Handgelenk, berichteten die Ermittler.

Mafia: Dahin soll Italiens größter Mafioso gesperrt werden

In den italienischen Zeitungen erschienen jahrelang immer die gleichen Fotos des als den "Dünnen" genannten Mafioso, die ihn als jungen Mann zeigen. Besonders berühmt ist ein Porträt mit Sonnenbrille und ein weiteres im blauen Doppelreiher auf einer Hochzeit, mit Ray-Ban-Brille und Rolex, eine Zigarette in der Hand. Die beiden Bilder unterlegten seinen Ruf als Playboy.

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Mit dem schönen Leben ist es für den 60-Jährigen jetzt endgültig vorbei. Nach der Festnahme wurde Messina Denaro in ein Hochsicherheitsgefängnis auf dem italienischen Festland, wahrscheinlich in einer Strafanstalt in der Abruzzen-Hauptstadt L ́Aquila.

Mit dem Foto versuchte die italienische Polizei den Clankriminellen Matteo Messina Denaro ausfindig zu machen.
Mit dem Foto versuchte die italienische Polizei den Clankriminellen Matteo Messina Denaro ausfindig zu machen. © Handout / ANSA / AFP

Sizilien: So konnte die Polizei den Mafiaboss fassen

Der Boss leidet an einem Dickdarm-Tumor, wegen dem er in der eleganten Privatklinik "La Maddalena" in Palermo in Behandlung war. Schon seit Monaten unterzog er sich einer Chemotherapie, wegen der er die Haare verloren hatte.

Wie ein Normalsterblicher ließ sich der Cosa Nostra-Boss unter dem falschen Namen Andrea Bonafede in der auf Onkologie spezialisierten Klinik in Palermo behandeln. Zeugen berichteten, sie hätten sich monatelang an Seite des Bosses einer Chemotherapie unterzogen. "Wir sind sogar auf einer gemeinsamen Chat von Onkologie-Patienten Freunde geworden", berichtete verblüfft eine Frau, die es noch nicht glaubt, zusammen mit Italiens meist gesuchtem Kriminellen behandelt worden zu sein.

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"Krankheit ist ein Ereignis im Leben eines Flüchtigen, das ihn zwingt, in die Öffentlichkeit zu gehen", sagte der Staatsanwalt von Palermo, Paolo Guido, auf einer Pressekonferenz am Montagnachmittag. Nachdem die Polizei die Informationen erhalten hatte, dass der 60-jährige Boss an Tumor erkrankt sei, konzentrierte sie die Ermittlungen auf die Datenbank des nationalen Gesundheitssystems. Dies ermöglichte es den Ermittlern, Messina Denaro trotz seines falschen Namens zu lokalisieren. Ermittlungen wurden auch gegen den 70-jährigen Arzt aufgenommen, der den Boss in der Privatklinik "La Maddalena" in Palermo behandelte. Die Wohnung des Arztes und seine Praxis wurde durchsucht. Der Mediziner lebt in derselben Gemeinde, in dem das Versteck des Bosses gefunden wurde.

So ging die Polizei gegen die sizialinische Mafia Cosa Nostra vor

Mit der Festnahme Messina Denaros ist eine vier Jahrzehnte lange Epoche zu Ende gegangen, in der die Cosa Nostra versucht hatte, Einfluss auf die Politik zu nehmen und mit Anschlägen auf Richter, Staatsanwälte und Journalisten die Öffentlichkeit zu terrorisieren. Der Staat schlägt gegen die Mafia in einer Phase zu, in der Messina Denaro schon seit einigen Jahren einen persönlichen Niedergang erlebt. Denn der Sizilianer war der letzte Pate einer Riege, die mit Bernardo Provenzano, Toto Riina und den Brüder Graviano die Kontrolle der Cosa Nostra übernommen hatte. Riina und Provenzano sind tot, die Brüder Graviano sind seit Jahren inhaftiert. "Einer nach dem anderen sind die großen Mafia-Bosse verschwunden. Die Krankheit hat jetzt den letzten großen Paten definitiv geknickt", kommentierte der Anti-Mafia-Journalist Attilio Bolzoni.

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Fest steht, dass Messina Denaro den Niedergang der Cosa Nostra auch gegenüber anderen mafiösen Organisationen wie die ´Ndrangheta im süditalienischen Kalabrien, stark zu spüren bekommen hat. In den vergangenen Jahren hatte die Polizei über 100 mutmaßliche Komplizen Messina Denaros, darunter eine Schwester und weitere Familienmitglieder, festgenommen. Der Familie wurde ein Vermögen von 150 Millionen Euro beschlagnahmt. Damit kam es zu Löchern im dichten Netz, das bisher die Flucht Messina Denaros ermöglicht hatte.