Washington/Buffalo. Nach dem katastrophalen Jahrhundert-Sturm Elliott bereiten sich die USA auf weitere Unwetter vor. So dramatisch ist die Lage in Buffalo.

Für Partys hatten sie keine Zeit. Am Silvesterabend standen die Bürger von Buffalo mit dicken Schals um den Hals und Spaten in der Hand auf den verschneiten Straßen, um ihre Garageneinfahrten und Türschwellen von den mehr als eineinhalb Metern Schnee freizuschaufeln, die der Rekordsturm über die Stadt am Ufer des Eriesees gekippt hatte.

Immerhin ist die Stromversorgung wiederhergestellt. Doch viele Menschen in den USA realisieren erst jetzt, wie dramatisch die letzten Tage vielerorts waren. New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul sprach vom „Blizzard des Jahrhunderts“, der über Amerika hinweggezogen war. Das Resultat des Sturms Elliott ist verheerend: Allein der Bezirk Erie County im Westen des Bundesstaats New York hat fast 40 Todesopfer zu beklagen.

Elliott: Der Wintersturm und seine Folgen

In elf anderen Staaten starben mindestens 25 weitere Menschen – etwa in Ohio, wo neun Personen bei Unfällen infolge des Sturms ums Leben kamen. Nun räumen die Leute auf – doch Experten warnen bereits vor weiteren Stürmen.

Keine Stadt traf es so schwer wie Buffalo. Mehrere Menschen erfroren in ihren Autos. Darunter die 22-jährige Anndel Taylor aus Charlotte (Staat North Carolina). Sie war nach Buffalo gezogen, um ihren kranken Vater zu pflegen. Auf dem Heimweg von der Arbeit erwischte sie der Sturm eiskalt. Ihr Auto kam nicht vom Fleck. Vom Smartphone schickte sie Videos und SMS an ihre Familie in Charlotte und flehte sie an, doch irgendetwas zu tun. Sechs Stunden später war die junge Frau tot.

Rund um die Stadt Buffalo erfroren Dutzende Menschen in ihren Häusern und Autos. Noch immer liegt der Schnee meterhoch.
Rund um die Stadt Buffalo erfroren Dutzende Menschen in ihren Häusern und Autos. Noch immer liegt der Schnee meterhoch. © AFP | JOED VIERA

Gefunden wurde ihre Leiche erst Tage später, als Bergungsmannschaften endlich die mit Schnee und Eis überzogenen Autos erreichen und die Türen aufbrechen konnten.

Mittlerweile wurden die Leichen der nach offiziellen Angaben 39 Opfer geborgen. Die Bilanz lässt erahnen, wie gravierend die Zeit war: Helfer fanden in Erie County 17 Tote im Freien, elf in Häusern und vier in Autos. Weitere vier Menschen starben bei Schneeräumarbeiten. Lesen Sie auch: Klimawandel - „Ich sah meiner Stadt zu, wie sie brannte“

USA: Rettungskräfte schaffen es nicht durch den Schnee

Schon am ersten Abend des Sturms kurz vor Weihnachten war der Schnee mit einem Tempo gefallen, das Autofahrer überraschte und heilloses Chaos auf den Straßen auslöste. Tausende waren bei „Whiteout“-Bedingungen, bei denen die Sichtweite gleich null ist, unweit der eigenen Wohnungen und Häuser gestrandet, kamen nicht von der Stelle und waren auch zu Fuß ohne Chance.

Vom Handy aus den Notruf zu kontaktieren, half nicht – selbst Rettungsfahrzeuge waren außerstande, durch den dichten Schnee zu kommen. Rund um Buffalo starben allein drei Menschen, weil die Rettungsdienste sie nicht rechtzeitig erreichen konnten.

Gamaliel Vega versucht in Buffalo, sein Auto auszugraben.
Gamaliel Vega versucht in Buffalo, sein Auto auszugraben. © dpa | Derek Gee

In Buffalo herrschten zwischen den Jahren weiterhin Ausgangssperren und strikte Fahrverbote – selbst für Menschen, die dringend Lebensmittel oder Medikamente brauchten. Dem Verwaltungschef von Erie County platzte der Kragen: Buffalo solle die Verbote aufheben. „Ich habe mittlerweile die Nase voll davon“, sagte Mark Poloncarz. Buffalos Bürgermeister Byron Brown antwortete postwendend. Poloncarz werde „offenbar nicht mit dem Stress dieses einmaligen Sturms fertig“.

Wetter: Republikaner zweifeln, ob es den Klimawandel gibt

Unterdessen tobt unter den Politikern in Washington ein Streit grundsätzlicher Natur, nämlich darüber, ob der Klimawandel überhaupt existiert. Viele Republikaner halten es mit Donald Trump, der während des ersten Blizzards seiner Präsidentschaft die skeptische Frage gestellt hatte: „Wo bleibt denn die globale Erwärmung, wenn wir so viel Schnee und Eis haben?“

Dabei ist der Zusammenhang unbestreitbar, erklärt der Meteorologe Rich Dooley aus Arlington (Virginia). „Das nennt sich Konvektion, wenn nämlich arktische Luftmassen aus dem Norden und die immer wärmeren Gewässer des Atlantiks, Pazifiks und der Großen Seen zusammenstoßen, dann birgt das Zündstoff für immer massivere Winterstürme.“

Pünktlich zum neuen Jahr brauen sich bereits die nächsten Stürme zusammen: An der Ostküste wurden massive Regenfälle erwartet, während an der Pazifikküste für 13 Staaten eine Wintersturmwarnung ausgesprochen wurde. Der harte Winter ist in den USA noch lange nicht vorbei.