Der frischgewählte Abgeordnete Santos hat in seinem Lebenslauf dreiste Lügen verbreitet. Seine Wähler sind sauer, er will weitermachen.

Er lügt ununterbrochen, hat die Wähler mit einem frei erfundenen Lebenslauf hinters Licht geführt und soll in der Vergangenheit sogar Scheckbetrug begangen haben. Dennoch wird der frisch gewählte George Santos ab kommenden Dienstag seinen Heimatbezirk in der Stadt New York im US-Repräsentantenhaus vertreten.

Demokraten sind ebenso wie viele seiner Wähler empört und fordern, dass der 34-Jährige seinen Rücktritt erklärt. Davon will Santos aber genausowenig wissen wie viele seiner republikanischen Parteifreunde, die sich zumindest bis jetzt in Schweigen hüllen.

Santos Vorfahren: Gibt es nicht

Auf ersten Blick schien er der Traumkandidat für New Yorks dritten Kongressbezirk zu sein. Ein Sohn von Einwanderern, der ein erfolgreiches Studium abgelegt hat und dann als Banker Karriere machte. Und der Lebenslauf war in der Tat beeindruckend.

Santos Großmutter, eine ukrainische Jüdin, sei während des Holocaust nach Belgien geflüchtet, um den Nazis zu entkommen, sagte er. Als er während des Wahlkampfes pro-israelische Organisation umwarb und um Spenden bat, bezeichnete er sich als "stolzer, amerikanischer Jude".

Das einzige Problem dabei: Ahnenforschung der Santos-Familie ergab, dass er keine jüdischen Vorfahren hatte und schon gar nicht eine Großmutter aus der Ukraine.

Seine Berufserfahrungen: Ausgedacht

Von den Enthüllungen ließ sich der aufstrebende Polit-Star aber nicht aus der Ruhe bringen. Er habe am Baruch College in New York einen Abschluss als Betriebswirt gemacht, hieß es in seiner Vita. Postwendend erklärte die Uni, dass zu keinem Zeitpunkt ein Student mit diesem Namen bei ihnen immatrikuliert gewesen sei.

Während des Wahlkampfs behauptete dann die Website des jungen Republikaners, dass er bei der Großbank Citigroup und dem Wertpapierhaus Goldman Sachs gearbeitet habe und ein "erfahrener Wall Street Finanzier" sei.

In Wirklichkeit hatte er aber als Kundendienstmitarbeiter bei einem Anbieter von Satellitenfernsehen am Telefon Fragen beantwortet und Beschwerden entgegengenommen.

Selbst die eigene Mutter wurde zum Gegenstand der maßlosen Übertreibungen und Lügen. Sie sei die erste Frau in leitender Position bei einer US-Großbank gewesen, hieß es. Tatsächlich arbeitete die Mutter als Krankenpflegerin, und von einem ihrer kranken, brasilianischen Patienten soll George Schecks gestohlen und mit einer gefälschten Unterschrift versehen haben. Nach Angaben der brasilianischen Behörden sind die Ermittlungen bis heute nicht abgeschlossen.

Sein Vermögen: Nicht vorhanden

Frei erfunden war auch die Behauptung, seine Familie verfüge über ein Vermögen in zweistelliger Millionenhöhe. Wie ein Priester, der Santos die Beichte abgenommen hatte, behauptet, habe die Familie nach dem Tod der Mutter sich nicht einmal deren Begräbnis leisten können.

Gelder, die dafür bei einer Spendenaktion gesammelt wurden, flossen direkt in die Taschen von George Santos. In zahlreichen Interviews zur Rede gestellt, scheint sich der junge Politiker keiner Schuld bewusst zu sein. "Meine Übertreibungen tun mir Leid, auch der Lebenslauf, aber das macht doch jeder im Kongress" spielt er die Hochstapelei herunter.

Die New Yorker: Sauer

Anders sehen es aber viele New Yorker, die ihm im November ihre Stimme geschenkt hatten. "Ich habe ihn wegen einer Behauptung gewählt, nämlich, dass er jüdisch sei, und das war eine eiskalte Lüge" erklärte Rebecca Greenberg aus Queens.

Demokraten im Kongress verlangen, dass er am 3. Januar gar nicht erst antreten darf oder per Abstimmung vom Repräsentantenhaus ausgeschlossen wird. "Der Mann ist ein totaler Betrüger, das muss Konsequenzen haben", wetterte der Abgeordnete Dan Goldman. Auch hat eine kleine Hand voll Republikaner Santos unter Beschuss genommen.

"Er sollte sich künftig für die Wahrheit entscheiden" sagte der ebenfalls neu gewählte Anthony D'Esposito, weigerte sich aber, so wie fast alle anderen, ihm deswegen den Rücktritt nahezulegen.