Berlin. Man mag es kaum glauben, aber Deutschland leidet momentan unter einem Medikamentenmangel. Woran liegt das? Die Gründe sind vielschichtig.

Ein Apotheken-Besuch kann momentan frustrierend sein. Denn viele Medikamente, sei es Antibiotikum, seien es die Fiebersäfte, sind aktuell nicht lieferbar. Lieferprobleme bei Medikamenten gibt es immer wieder. Warum ist das so?

Das erste Problem: Ein Großteil der Medikamentenproduktion findet nicht mehr in Deutschland, sondern in China und Indien statt. Durch Corona-Lockdowns stand gerade in China die Produktion oft still. Die Folge: Lieferketten brechen zusammen. Zudem gibt es bei vielen Medikamenten nur noch einen einzigen Ort, an dem sie produziert werden. Klappt dann etwas nicht, heißt es schnell: Mittel nicht mehr verfügbar.

Das nächste Problem: die Profitmaximierung im Gesundheitswesen. So haben Krankenkassen und die Pharma-Industrie untereinander Rabattverträge abgeschlossen. Das bedeutet: Praxen und Kliniken bekommen nur bestimmte Produkte zugewiesen und erstattet. Fallen diese weg, bricht die ganze Versorgung zusammen.

Apotheker beginnen, Fiebersaft selbst herzustellen

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits Ende November erklärt, es könne nicht sein, „dass wir versuchen, bei den Wirkstoffen zum Teil ein paar Cent zu sparen, dafür dann aber die Versorgung der Bevölkerung riskieren“. Genau deshalb wolle die Regierung das Vergaberecht ändern, damit die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern abnimmt. Die Politik müsste zudem dafür sorgen, dass die Produktion in Deutschland wieder attraktiver wird.

In Thüringen wird gehandelt. Denn dort dürfen Apothekerinnen und Apotheker in Zukunft Fiebersäfte für Einzelfälle selbst herstellen. Das teilten die Landesärztekammer und die Landesapothekerkammer Thüringen am Dienstag mit. Deren Präsident, Ronald Schreiber, sagte: „Die Lieferengpässe bei Fiebersäften sind leider nur die Spitze des Eisberges, auch bei Herz-Kreislauf-Medikamenten oder Antibiotika haben wir Probleme.“

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© dpa | Kay Nietfeld

Versuchen, den Fiebersaft im Ausland zu bekommen

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führt die Knappheit bei Fiebersäften für Kinder teilweise darauf zurück, dass sich manche Apotheken und Großhändler das Lager zu voll machen. Die Arzneien fehlen dann andernorts. Eine weitere Ursache für die Engpässe sei die erhöhte Zahl an Atemwegsinfektionen bei Kindern, wodurch die Nachfrage steige.

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Angesichts der Lieferschwierigkeiten bei Fiebersaft und anderen Präparaten für junge Patienten haben Kinderärzte in der aktuellen Krankheitswelle Sofortmaßnahmen der Bundesregierung gefordert. "Wir erleben eine sehr hohe Nachfrage nach fiebersenkenden Medikamenten wie Ibuprofen oder Paracetamol, weil derzeit extrem viele Kinder erkrankt sind", sagte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ vom Donnerstag. "Es ist ein Armutszeugnis, dass so simple Medikamente wie ein Fiebersaft häufig nicht mehr verfügbar sind." Die Regierung müsse sich um die Beschaffung kümmern. Fischbach berichtete von "verzweifelten Eltern", die in den Praxen vorstellig würden

Was tun, wenn der Fiebersaft nicht zu bekommen ist? Einen ungewöhnlichen Tipp hat Twitter-User „Ottermama1“. Wenn man unweit zur deutsch-niederländischen Grenze wohne, könne man einen Abstecher machen, denn im Nachbarland gebe es bei Fiebersäften keinen Mangel.

Und einen ganz wichtigen Hinweis hat der Berliner Kinderarzt Jakob Maske, denn nicht immer muss ein Fiebersenker zur Anwendung kommen: „Wenn es dem Kind so weit gut geht, ist das kein Muss.“ Denn das Fieber ist immer erst mal eine normale Abwehrreaktion des Körpers auf eine Infektion. (dw/dpa)