Berlin. Die Prostete im Iran gegen das Mullah-Regime werden weitergehen. Daran wird die Auflösung der verhassten Sittenpolizei nichts ändern.

Sie prügeln ihre Opfer bis zur Bewusstlosigkeit, sie schießen mit Schrot, Gummi- und Metallgeschossen mitten ins Gesicht, sie werfen Frauen, Männer, Jugendliche und sogar Kinder ins Gefängnis: Die Gewalt, mit der die iranischen Sicherheitskräfte im Iran gegen Demonstranten vorgehen, ist wohl an Brutalität kaum zu überbieten.

Hunderte Tote habe es bereits gegeben, räumten vor einigen Tagen die Revolutionsgarden ein; Menschenrechtler sprechen von viel höheren Todeszahlen – und 18.000 Festnahmen. Den politischen Gefangenen – auch den Teenagern – droht die Hinrichtung. Und doch: Seit dem 16. September, dem Todestag der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini, die ihr Kopftuch „falsch“ getragen haben soll und nach einer Festnahme der Sittenpolizei ums Leben kam, lassen sich Frauen, Männer, Jugendliche und auch Kinder nicht von der Gewalt des Mullah-Regimes abschrecken.

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Birgitta Stauber, Politikkorrespondentin.
Birgitta Stauber, Politikkorrespondentin. © Reto Klar/FFS | Reto Klar

Voller Energie, Entschlossenheit und unglaublicher Kreativität gehen sie tagtäglich auf die Straße. Sie singen, tanzen, drehen Videos, teilen ihre Aktionen auf den sozialen Netzwerken – immer mit der Bedrohung im Nacken, dabei ihre Freiheit und sogar ihr Leben zu verlieren.

Die Iran-Proteste haben längst globale Ausmaße erreicht

Und nicht nur das: Der Kampf unter dem Motto „Frauen. Leben. Freiheit“ hat längst globale Ausmaße erreicht. Ärztinnen und Wissenschaftler, Köche und Hausfrauen, ob mit oder ohne iranischer Herkunft, schließen sich in Deutschland, in den USA und vielen anderen Ländern zusammen, um für ein Ende des Mullah-Regimes zu protestieren.

Und nun steht Iran auch noch ein dreitätiger Generalstreik bevor – und damit womöglich eine weitere Ausbreitung der Proteste mit einer unüberschaubaren Zahl von Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben.

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Vor diesem Hintergrund ist die offenbar beschlossene Auflösung der verhassten Sittenpolizei ein erstes Anerkennen, dass mit brutaler Gewalt die Proteste nicht mehr zu stoppen sind. Auf Gewalt verzichten wird das Regime deswegen noch lange nicht. Das zeigen unbestätigte Berichte über vier öffentlich erhängte politische Gefangene. Klar ist nur eines: Es bleibt wohl erst einmal brandgefährlich im Iran.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.