Berlin. Das Bürgergeld ist beschlossen. Wie geht es weiter? Wann gibt es wirklich mehr Geld? Wir haben die wichtigsten Infos zusammengefasst.

18 Jahre nach der Einführung des Hartz-IV-Systems wird die Sozialleistung für Millionen Menschen zu einem neuen Bürgergeld. Bundestag und Bundesrat beschlossen am Freitag endgültig den Start des Bürgergeldes am 1. Januar 2023. Damit ist auch die Erhöhung der bisherigen, monatlichen Hartz-IV-Zahlungen um knapp 12 Prozent zu Jahresanfang gesichert. Aber wie geht es jetzt konkret weiter?

Die wichtigste Frage, mit der die Jobcenter aktuell öfter konfrontiert werden: Müssen Hartz-IV-Bezieher das Bürgergeld neu beantragen? In der Regel nicht, stellt die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg klar. „Es ist für das Bürgergeld kein neuer Antrag notwendig. Wer über den Jahreswechsel hinaus Leistungen des Jobcenters bezieht, bekommt automatisch den höheren Regelsatz ausgezahlt“, sagte Vanessa Ahuja, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, unserer Redaktion.

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Doch betont die Agentur zur Klarstellung, dass natürlich ein neuer Antrag für 2023 gestellt werden muss, wenn der Bezug regulär zum Jahresende ausläuft. Maßnahmen wie eine Weiterbildung laufen mit Einführung des Bürgergelds wie gewohnt weiter, auch die Ansprechpartner im Jobcenter ändern sich nicht.

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Bürgergeld: Erhöhte Regelsätze werden pünktlich zum Jahreswechsel ausgezahlt

Die gute Nachricht für die Leistungsempfänger: „Die erhöhten Regelsätze werden wir pünktlich zum Jahreswechsel auszahlen“, versichert Vorständin Ahuja, die in der Bundesagentur für die Leistungen zuständig ist. Mit dem Beschluss von Bundestag und Bundesrat gebe es, wie von der Bundesagentur gefordert, noch Zeit für den notwendigen technischen Vorlauf, um die rechtzeitige Zahlung zu gewährleisten, heißt es in der Nürnberger Behörde.

Der Regelsatz wird ab 1. Januar 2023 für alleinstehende Erwachsene monatlich 502 Euro betragen - 53 Euro mehr als bislang. Mit Partnern zusammenlebende Erwachsene erhalten 451 Euro. Jugendliche ab 14 Jahren bekommen 420 Euro, Kinder von 6 bis 14 Jahren 348 Euro, Unter-Sechsjährige 318 Euro.

Anders als ursprünglich geplant kann die Leistung bei Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen auch von Anfang gekürzt werden – die Kürzungen sollen beim ersten Mal 10 Prozent, beim zweiten Mal 20 Prozent und dann 30 Prozent betragen können.

Diese Sanktionsregelung ist Teil des Kompromisses, auf den sich Ampel-Koalition und Union noch verständigt hatten. Die viel diskutierte „Vertrauenszeit“ wird es nicht geben, auch sonst bleiben zentrale Elemente der Hartz-IV-Regeln unverändert in Kraft. Lesen Sie auch: Bürgergeld: Was ist das Schonvermögen und wie hoch fällt es aus?

Ab 1. Juli: Kooperationsplan und mehr Qualifizierung

Wichtige Teile der Reform, mit denen die Betreuung und Förderung von Langzeitarbeitslosen verbessert werden soll, treten zudem erst zum 1. Juli in Kraft. Auf die stufenweise Umsetzung hatte die Bundesagentur für Arbeit bei den Gesetzesberatungen gedrängt, um genügend Zeit zur Umstellung zu haben – und weil Bundesagentur-Chefin Andrea Nahles bis 2017 Bundesarbeitsministerin war, fand sie schnell Gehör in Berlin. Auch interessant: Bürgergeld und Sanktionen: Wann werden Leistungen gekürzt?

Nun sollen die Jobcenter spätestens ab Juli individuell ausloten, welche Qualifizierung oder Umschulung Betroffene machen müssen, um dauerhaft wieder eine Beschäftigung zu finden.

Der bisherige Vorrang der Vermittlung in Arbeit ist damit gestrichen, um den „Drehtüreffekt“ von Jobcenter zum einfachen Helferjob und schnell wieder zurück zu stoppen. Gemeinsam vereinbaren Arbeitsuchende und Jobcenter einen Kooperationsplan für den individuellen Weg in Arbeit.

Bürgergeld soll unbürokratischer abgewickelt werden

Vorständin Ahuja betont, vom Kooperationsplan und dem „deutlich erweiterten Instrumentenkasten“ verspreche sich die Bundesagentur viel: „Weil wir dank besserer Fördermöglichkeiten auf nachhaltigere Integrationen setzen können.“ Die Zeit bis Juli werde zur Vorbereitung genutzt, die Mitarbeiter würden geschult. Lesen Sie auch: Bürgergeld: Verband kritisiert Regelsatz als viel zu niedrig

Das Bürgergeld soll insgesamt auch unbürokratischer abgewickelt werden und digital zugänglich sein. Eine Bagatellgrenze von 50 Euro für Rückforderungen soll die Anzahl der Bescheide reduzieren und damit auch die Jobcenter entlasten. Die neue Bagatellgrenze gilt schon ab 1. Januar: „Bislang mussten wir jeden Euro zurückfordern“, sagt Bundesagentur-Vorstand Ahuja. „Dieser bürokratische Bremsklotz für Kleinstbeträge entfällt nun.“

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Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.