Washington. Das Profil des Ex-US-Präsident ist wieder auf Twitter verfügbar. Warum Donald Trump trotzdem noch vor der Plattform zurückschreckt.

4,3 Millionen Anhänger auf „Truth Social” – knapp 88 Millionen auf Twitter. Der Papierform nach gibt es für Donald Trump eigentlich nicht viel nachzudenken, auf welcher Internet-Plattform seine täglichen Kurzmitteilungen die größte Breitenwirkung erzielen können.

Aber obwohl Twitter-Boss Elon Musk den seit fast zwei Jahren währenden Bann gegen den amerikanischen Ex-Präsidenten schon vor Tagen unter Zuhilfenahme einer dubiosen Abstimmung aufgehoben hat (vor allem, um für sein im Chaos steckendes Unternehmen dringend benötigten werbeträchtigen „traffic” zu schaffen), bleiben Trumps Twitterfinger auf seinem Konto @realDonaldTrump weiter steif.

Musk, ein Freund des zotigen Witzes, stört das. Er versuchte Trump in der Nacht zu Montag mit einem nur so eben noch jugendfreien Meme in Versuchung zu führen und geradezu anzubetteln – bisher vergebens. Trump bleibt einfach stumm. Und das hat handfeste finanzielle und juristische Gründe. Lesen Sie auch: Melania Trump plötzlich zärtlich: Geheime Strategie der Ex-First Lady

Donald Trump: Warum er auf Twitter vorerst die Finger stillhält

Im Kleingedruckten der Verträge von Trumps Media & Technology Group (TMTG) – der Firma, die „Truth Social” trägt – und dem Investment-Vehikel DWAC, das „Truth Social” an der Börse zu milliardenschwerem Erfolg führen soll, ist festgelegt, dass Trump seine Beiträge zum Weltgeschehen und zu sich selbst exklusiv auf „Truth Social” zu posten hat.

Erst nach sechs Stunden Schamfrist könnte er die Kommentare auf anderen Plattformen sozusagen zweitverwerten, etwa auf Twitter, heißt es in Unterlagen der Börsenaufsicht SEC. Dahinter stehe die Sorge, dass Kunden, die „Truth Social” abonniert haben, sich andernfalls in Scharen abwenden und zum Dienst mit dem blauen Vögelchen im Emblem zurückkehren könnten, wo Trump bis Januar 2021 einen der weltweit größten Abwurfplätze für 200-Zeichen-Betrachtungen besaß. Nur bei eindeutigen Anmerkungen zu politischen Inhalten und Wahlaufrufen gilt die Frist nicht. Auch interessant: Donald Trump: Neue Kandidatur – doch 7 Gründe sprechen gegen seinen Erfolg

Trump, so sagen Insider in US-Medien, bete sich die Lage bei “Truth Social” aus Eigeninteresse schön, wenn er behauptet, dass sein Portal „viele besseren” Kommunikations-Verkehr erzeuge als Twitter und er „überhaupt keinen Grund” sehe, wieder bei Twitter anzudocken.

Trump könnte sich Klage wegen Betruges einhandeln

Tatsache ist, dass sich auf „Truth Social” fast ausschließlich die Blase trifft, die ohnehin Trumps Meinung etwa über die Demokraten, Präsident Joe Biden und den Zustand der Vereinigten Staaten ist. Kontroverser Austausch, produktive Reibung finden dort so gut wie nicht statt, haben Wissenschaftler herausgefunden. Und die Reichweite ist im Vergleich zu Twitter, wo zuletzt 230 Millionen Menschen am Tag interagierten, sehr begrenzt. Zumal auch Dienste wie „Parler” und „Gettr” im rechtspopulistischen Teich fischen.

Bei seinen künftigen Schritten muss Trump zudem berücksichtigen, dass ihm die Regulierungsbehörde SEC auf den Fersen ist. Die amerikanische Börsenaufsicht hegt den Verdacht, dass Trumps Firma TMTG sich bereits vor dem Börsengang mit DWAC abgestimmt hat, was nach US-Aktienrecht verboten ist. Um Klarheit zu gewinnen, hat die SEC bereits im Sommer mehrere Top-Leute beider Einheiten mit Vorladungen eingedeckt.

Seit Trump offiziell wieder auf Twitter Präsenz zeigen darf, ist die Sache noch heikler geworden. Bleibt Trump bei seiner Aussage, dass er den Dienst von Musk nicht nutzen wird, könnten sich Aktionäre, die in „Truth Social” (genauer in „Digital World Acquisition Corp”/DWAC) investieren, darauf berufen, falls Trump in der Zukunft rückfällig wird und doch auf Twitter agieren sollte. Eric Talley, Professor an der New Yorker Columbia-Universität sieht die Gefahr, dass der Ex-Präsident sich dann eine Klage wegen Betruges einhandeln könnte.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.