Athen. Schiffe havarierten in der Nacht zum Donnerstag. Griechenland appelliert an die Türkei: „Stoppt die lebensgefährlichen Überfahrten!“

Beim Untergang zweier Flüchtlingsboote sind in der Nacht zum Donnerstag in der Ägäis vermutlich etwa 50 Menschen ertrunken. 21 Leichen konnten bis zum Donnerstagnachmittag aus dem Meer geborgen werden. Mindestens 30 Menschen wurden noch vermisst.

Eine dramatische Rettungsaktion lief in der Nacht bei der griechischen Ägäisinsel Kythira: Die Brecher eines schweren Sturms warfen eine aus der Türkei kommende Segeljacht an die felsige Küste der Insel. An Bord waren über 100 Migranten. Ihr Boot zerschellte an den Klippen. Verzweifelt versuchten die Menschen, sich in der schäumenden Brandung an die Felsen zu klammern.

Bootsunglück in der Ägäis: 80 Menschen vor griechischer Insel gerettet

Bewohner des nahe gelegenen Hafenorts Diakofti beobachteten die Havarie. „Wir konnten sehen, wie das Boot gegen die Klippen krachte und die Menschen an den Felsen hochkletterten, um zu versuchen, sich zu retten“, berichtete die Anwohnerin Martha Stathaki der Nachrichtenagentur Associated Press. „Es war ein unfassbarer Anblick“, sagte Stathaki. „Alle Bewohner sind zum Hafen hinuntergelaufen, um zu helfen.“

Feuerwehrleute und Freiwillige ließen Seile von einem Felsvorsprung zu den Schiffbrüchigen hinab, um sie aus den Brandungswellen die 20 Meter hohe, senkrecht aufragende Steilküste hinaufzuziehen. Bürgermeister Evstathios Charalakis gehörte zu den Helfern. „Ich habe mitansehen müssen, wie fünf Menschen von den Brechern an die Felsen geschleudert und getötet wurden“, berichtete der Bürgermeister. 80 Menschen konnten gerettet werden. Die Küstenwache suchte am Donnerstag noch nach etwa 15 Vermissten. Die Hoffnung, sie lebend zu finden, war aber gering. Lesen Sie auch:Hunderte Migranten setzen am Grenzfluss Evros in die EU über

Griechenland, Kythira: Anwohner stehen auf einer Klippe und blicken auf schwimmende Trümmer und Leichen, nachdem ein Segelboot mit Migranten an Bord vor der Insel Kythira in Südgriechenland gegen Felsen geprallt und gesunken ist.
Griechenland, Kythira: Anwohner stehen auf einer Klippe und blicken auf schwimmende Trümmer und Leichen, nachdem ein Segelboot mit Migranten an Bord vor der Insel Kythira in Südgriechenland gegen Felsen geprallt und gesunken ist. © dpa | Thanassis Stavrakis

Tote bei Schiffsunglück: 13 Menschen werden vermisst

Kythira liegt vor dem südöstlichen Zipfel der Halbinsel Peloponnes. Hier verläuft eine von Menschenschmugglern immer häufiger genutzte Route, die von der türkischen Küste direkt nach Italien führt. Immer wieder kommt es hier zu Havarien, wenn die meist altersschwachen und völlig überladenen Flüchtlingsboote in einen Sturm geraten.

Während der dramatischen Rettungsaktion an der Steilküste von Kythira suchte die griechische Küstenwache in der Nacht zu Donnerstag vor der Ägäisinsel Lesbos nach Überlebenden eines weiteren Bootsunglücks. Ein aus der nahe gelegenen Türkei kommendes Schlauchboot mit etwa 40 Menschen war vor der Küste gesunken. Zehn Frauen konnten gerettet werden. Die Küstenwache barg die Leichen von 16 jungen Afrikanerinnen und einem jungen Mann aus dem Meer. Mindestens 13 Menschen wurden vermisst.

Appell an die Türkei: Stoppt illegale Überfahrten!

Griechenlands Migrationsminister twitterte am Donnerstag: „Dringender Appell an die Türkei, alle illegalen Überfahrten angesichts des stürmischen Wetters sofort zu stoppen! Wir haben heute schon zu viele Menschenleben in der Ägäis verloren.“ Der griechische Schifffahrtsminister Giannis Plakiotakis erklärte: „So lange die türkische Küstenwache sie gewähren lässt, werden die Schleuser unglückliche Menschen ohne jede Sicherheitsausrüstung in nicht seetüchtige Boote pferchen so und ihr Leben auf Spiel setzen.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.