Berlin. Bei „Anne Will“ musste sich die Ampel gegen Kritik an der Gaspreisbremse wehren. Kevin Kühnert machte dabei ein kühnes Versprechen.

Energiepreisbremse statt Gasumlage: Mit bis zu 200 Milliarden Euro will die Bundesregierung das Land bei den Strom- und Gaskosten entlasten. Einen „Doppel-Wumms“ hatte Olaf Scholz angekündigt. Der beschäftigte am Sonntagabend auch die Runde bei „Anne Will“.

„Muss sich jetzt niemand mehr sorgen?“, war der Talk der überschrieben. Es diskutierten:

  • Kevin Kühnert (SPD) - Generalsekretär der Partei
  • Christian Dürr (FDP) - Vorsitzender der Bundestagsfraktion
  • Andreas Jung (CDU) - Stellvertretender Bundesvorsitzender
  • Sabine Werth - Gründerin der Berliner Tafel e.V.
  • Antje Höning - Wirtschaftsredaktion "Rheinische Post"

"Anne Will": Eine Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden?

Eine Darstellung der konkreten Lage lieferte bei "Anne Will" zunächst Sabine Werth. Zu den Tafeln kämen immer mehr Menschen, berichtete die Gründerin der Berliner Tafeln. Darunter Flüchtlinge aus der Ukraine und Geringverdiener. Neu seien aber Kunden aus der Mittelschicht, die sagten: „Ich habe nie gedacht, dass ich mal zur Tafel kommen muss.“

Die Energiepreise würden für enorme Panik sorgen, führte Werth aus. „Die Leute wissen nicht, wie sie das in den nächsten Monaten hinkriegen sollen.“ Das führe zu Unmut und der Gefahr, dass die Gesellschaft auseinanderdrifte.

Kühnerts Versprechen bei "Anne Will"

Ein grimmiger Ausblick, den aber wohl auch die Bundesregierung teilt. So ist möglicherweise zu erklären, dass Kanzler Olaf Scholz im Zuge des „Doppel-Wums“ versprach, dass sich nun niemand mehr sorgen müsse. „Dieser Satz ist nicht zu voll in den Mund genommen worden“, unterstrich Kevin Kühnert in der Runde.

Ganz geheuer waren die Worte dem SPD-Generalsekretär dann aber wohl doch nicht. Klar sei auch, dass der Verbrauch zu hoch sei: „Wir müssen natürlich auch einsparen als Gesellschaft“, schränkte Kühnert ein. Und schloss dennoch mit einem klaren Versprechen: „Die Menschen werden das, was sie jetzt an Betriebskosten in den Briefkasten kriegen, am Ende nicht zahlen müssen.“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Zwei Kritikpunkte an der Energiepreisbremse

Bemerkenswerte Kritik an der Strom- und Gaspreisbremse wurde von Antje Höning formuliert. Erstens werde durch einen Deckel das Sparsignal gestört, dass die hohen Preise derzeit aussendeten, bemängelte die Journalistin von der Rheinischen Post. „Wenn jetzt heruntersubventioniert wird, wird erst recht nicht gespart.“

Zweitens handle es sich um eine Gießkanne, kritisierte Höhning. „Es gibt ganz viele Menschen, die sind bedürftig. Aber es gibt auch einen beachtlichen Teil, der braucht diesen Hilfen nicht.“

Die Ampel-Vertreter haben gute Gegenargumente

Die Kritik saß, auch weil sie die beiden Ampelvertreter gleichermaßen traf: den Sozialdemokraten Kühnert, der im Grunde wohl auch lieber nur die Bedürftigen stützen würde, und den Liberalen Dürr, dem Markteingriffe grundsätzlich nicht gefallen dürften.

Am Sonntag zu Gast bei
Am Sonntag zu Gast bei "Anne Will" (v.l.): Antje Höning (Journalistin), Sabine Werth (Berliner Tafel), Andreas Jung (CDU), Kevin Kühnert (SPD) und Christian Dürr (FDP). © NDR/Wolfgang Borrs | NDR/Wolfgang Borrs

Allerdings hatten beide durchaus gute Gegenargumente parat. Manche Strompreise seien um das 20-fache gestiegen, erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende. Das könne sich niemand mehr leisten. Auch werde in die Preisbremsen ein Sparanreiz eingebaut, indem nicht der komplette Verbrauch subventioniert werde.

Kühnert führte dagegen aus, dass Alternativen wie Direktzahlungen immer zu spät kämen: „Die Rechnung ist da, dann erst kommt die Leistung.“ Bei den Strom- und Gaspreisbremsen sei der Vorteil, dass die Kosten für die Haushalte erst gar nicht entstünden. Richtig sei, dass davon auch Menschen profitierten, die es eigentlich nicht brauchten. Das könne man aber nur mit viel Bürokratie vermeiden. „Dann ist es super-gerecht, aber auch 2027 – und die Menschen längst in Privatinsolvenz.“

Das Fazit

Die Ampel ist unter Druck – und war es auch in dieser Runde. Zu viel Zeit wurde auf das „tote Pferd“ (Kühnert) Gasumlage verwendet. Nun ist die Heizsaison da und die Ideen der Bundesregierung noch recht wolkig.

Immerhin: Diese Ideen klingen in Anbetracht der enorm hohen aktuellen Energiepreise plausibel. Das machten die beiden Ampel-Vertreter in der Runde durchaus deutlich. Fehlt die schnelle Konkretisierung. „Wir haben jetzt einen Schuss frei und der muss sitzen“, sagte Kühnert irgendwann. Recht hat er.

Zur Ausgabe von "Anne Will" in der ARD-Mediathek.

Anne Will – Mehr Infos zur Talkshow & Moderatorin

Dieser Text erschien zuerst auf morgenpost.de.