Berlin. Mit der Queen-Beisetzung enden Staatstrauer, Stillstand – und eine Ära. Charles muss seinen Weg im Post-Brexit-Britannien noch finden.

Elizabeth II. ist ans Ende ihrer letzten Reise gelangt, von Schottland führte sie ins Herz von London. In der Kapelle von Schloss Windsor ruht sie nun nach 70 langen Jahren auf dem Thron an der Seite von Prinz Philip, ihrem im April 2021 verstorbenen Mann. Sein Sarg wird von der königlichen Gruft zu ihr in die Kapelle gebracht. Dann kehrt das Land langsam zurück in den Alltag. Endlich – werden viele sagen.

Die tagelange Staatstrauer wirkt wie ein Ritual aus einer anderen Zeit. Dabei gehören Tod, Trauer und Verlust zum Leben. Der Abschied von einer geliebten und verehrten Verstorbenen braucht viel Zeit.

Queen-Beerdigung: Auszeit für ein ganzes Land

Juden sitzen (nach dem Begräbnis) sieben Tage „Schiwa“. Die Trauernden bleiben eine Woche lang zu Hause, Verwandte und Freunde besuchen sie und versuchen, sie zu trösten. In der katholischen Kirche gibt es nach sechs Wochen traditionell eine Messe zum Gedenken an den Verstorbenen, die das Ende der ersten Trauerphase markiert.

Der Tod der Queen stellte die schnelllebige, sensationshungrige digitale Gesellschaft vor eine ganz neue Herausforderung: Ein ganzes Land nahm sich eine Auszeit – obwohl der Ukraine-Krieg weitergeht und die Energiepreise explodieren. Alles wartet, bis Hunderttausende in Edinburgh und London Zeit hatten, sich von der Königin zu verabschieden, die ein Teil ihres eigenen Lebens war.

Queen-Beerdigung: Trauerfeier war ein Requiem auf eine Zeit, die mit ihr endet

Es war wie ein trauriges Aufatmen in einem Land, in dem bis vor Kurzem der hyperaktive Premier Boris Johnson einen atemlosen politischen Takt vorgegeben hatte. Auf einige wirkten die Institution und ihre Traditionen befremdlich, fast exotisch – aber in ihrer Andersartigkeit auch faszinierend. Das Leben der Queen war eine Brücke weit in die Vergangenheit, die Trauerfeier ein Requiem auf eine Zeit, die mit ihr ein Ende findet.

3659ad74-3822-11ed-9693-fea003fd86de
© Reto Klar

Alle wollten bei diesem Abschied dabei sein, weil es ein Jahrhundertereignis ist. Vielleicht sogar etwas für die Ewigkeit. Die Britinnen und Briten standen stundenlang Schlange und verneigten sich vor ihrer Königin, Elizabeth der Großen.

Größe muss nicht nur Stärke bedeuten

Auch der russische Präsident Wladimir Putin hätte wohl gern eine Einladung bekommen. Gleich nach der Todesnachricht kondolierte er in einem mitfühlenden Schreiben und würdigte die Queen. Als klar wurde, dass wegen des Krieges in der Ukraine kein russischer Vertreter dabei sein wird, schäumte er vor Wut.

Verglichen mit Präsidenten wie ihm war die Queen machtlos. Dennoch beugte die Welt ihr Haupt vor ihr. Elizabeth zeigte, dass Größe nicht nur Stärke bedeuten muss.

Am Ende des Trauergottesdienstes verstummte die Musik, selbst die Flugzeuge verschwanden vom Himmel über London. Das Land verharrte zwei Minuten im Schweigen. Das Königshaus hat alles aufgeboten, was es an Pomp and Circumstance zu bieten hat, und ließ die längst verblasste Größe noch einmal aufleben.

Post-Brexit-Britannien hat seine Rolle noch nicht gefunden

Aber alles ist gesagt. Die Gäste aus aller Welt packen ihre Koffer. Großbritannien ist dann nicht mehr die Welt, sondern wieder eine Insel – das Post-Brexit-Britannien, das seine neue Rolle noch nicht gefunden hat.

Das gilt auch für den neuen König Charles III. Auch wenn die Monarchie mit ihren jahrhundertealten Traditionen fest verankert scheint, so wird und kann nicht alles bleiben, wie es ist. Das koloniale Erbe ruft nach Aufarbeitung und auch nach einer Entschuldigung. Charles muss seinen eigenen Weg finden und das Königshaus behutsam modernisieren, um nicht als Übergangsmonarch in die Geschichte einzugehen.

VornameElizabeth Alexandra Mary
NachnameMountbatten-Windsor
TitelKönigin von Großbritannien, Nordirland und 14 weiteren souveränen Staaten
Geboren21. April 1926 in London
Gestorben8. September 2022 in Schottland
SternzeichenStier
PartnerPrinz Philip
KinderPrinz Charles, Prinz Andrew, Prinzessin Anne, Prinz Edward

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.