Berlin. Posthum steht das Erbe von Queen Elizabeth im Fokus. Die Königin vererbt ein gewaltiges Vermögen. Thronfolger Charles ist bescheiden.

Eine Erbschaft ist oft eine komplizierte Angelegenheit, vor allem, wenn es viel zu vererben gibt. Beim Nachlass von Queen Elizabeth ist jetzt schon klar: Der Haupterbe ist Sohn Charles, jetzt König Charles III., 73. Das Erbe der Königin umfasst drei Bereiche – bei zwei davon ist klar, was exakt zu vererben ist und dass niemand außer Charles der Erbe sein kann. Das verdankt er alleine der Tatsache, dass er der neue König ist.

Der „Crown Estate“ – übersetzt: Besitz der Krone – ist eigentlich Eigentum des jeweiligen Monarchen, der aber auf das Management keinen Einfluss nimmt. Das hat bereits König George III. so bestimmt. Und es bedeutet, dass alle Einnahmen in die Staatskasse fließen. Ein Viertel der Gewinne wird dann von der Regierung als sogenannter „Sovereign Grant“ bisher an die Queen, jetzt an Charles überwiesen.

Queen Elizabeths Nachlass: Immobilien, Schmuck, Kunst, Pferde und Co.

Das Crown Estate ist ein hochkarätiger Misch-Konzern, zu dem Top-Immobilien, etwa zahlreiche Häuser am Einkaufs-Boulevard Regent Street, weitere Immobilien in London und ländlichen Gebieten und auch die weltberühmte Pferderennbahn in Ascot gehören. Der Gewinn betrug zuletzt an die 400 Millionen Euro – die hervorragende Ertragslage verdankt sie mittlerweile zu einem großen Teil der Erschließung neuer Energiequellen. Lesen Sie auch: Queen: Diese Gäste werden bei der Trauerfeier erwartet

Zum „Crown Estate“ gehören auch die Zwölf-Meilen-Zone an den Küsten des Vereinigten Königreichs, an denen Offshore-Windparks entstanden sind und noch weitere entstehen sollen. Hunderte Millionen werden diese Projekte in den kommenden Jahren in die Kassen spülen, und Prinz Charles verdient mit. Verwendungszweck der Ausschüttungen: Die Finanzierung königlicher Dienstreisen, den Betrieb der königlichen Gebäude (wie Buckingham Palast und Windsor Castle) sowie die Bezahlung des Personals im sogenannten „Royal Household“.

Gewaltiges Erbe erwirtschaftet Millionen – Gewinne kommen auch karitativen Zwecken zugute

Mit der Krone befindet sich Charles – wie alle Amtsvorgängerinnen und Amtsvorgänger – auch im Besitz des „Duchy of Lancaster“ (Herzogtum Lancaster). Dazu gehören insgesamt 184 Quadratkilometer Grundbesitz, verteilt über ganz England und Wales. Dazu gehören Immobilien-Juwelen wie das „Savoy Estate“ am Strand, einer Londoner Topadresse ebenso wie das „Goathland Estate“, bestehend aus 4100 Hektar Heidelandschaft in Yorkshire, genutzt für die Zucht von Moorhühnern.

Die gesamten Immobilien erwirtschaften auf alle möglichen Arten Einkünfte für die königliche Kasse, ob durch die Nutzung von Schürfrechten, Ackerland oder als Fußballfeld, Golfplatz, Hotel oder Altenheim. Hier gehen alle Einkünfte in die königliche Schatulle, zuletzt im Schnitt von etwa 20 Millionen Euro im Jahr. Unter der Herrschaft wurde das Geld nicht nur – wie historisch vorgesehen – für den Unterhalt der royalen Familienmitglieder, die nicht für das Wahrnehmen offizieller Aufgaben. Zunehmend flossen Teile der Erlöse auch an wohltätige Projekte.

Die Blaue Mauritius: Wertvollste Briefmarke Teil des Privatvermögens

Spannend wird es, wenn es um das Privatvermögen der Queen geht. Weder das Vermögen noch die einzelnen Posten wurden jemals offengelegt – dazu gibt es auch keine Verpflichtung. Seriöse Schätzungen sehen hier einen Wert von mindestens 500 Millionen Euro. Allein auf 100 Millionen Euro wird der Wert der einzigartigen Briefmarkensammlung – einschließlich Roter und Blauer Mauritius – geschätzt. Der Großvater der Queen, König George V. (1865-1936), ein begeisterter Philatelist, hatte die wertvollsten Stücke selbst angesammelt. Mehr zum Thema: Charles, König der Fettnäpfchen: Monarch verspielt Respekt

Auf dem königlichen Stellenplan standen bisher „Philatelisten“, also Experten, die die Sammlung verwalteten. Da sich von den Nachfahren der Queen niemand – zumindest öffentlich – als Markensammler hervorgetan hat, kann über künftige Besitzer nur spekuliert werden. Konkreter sieht es mit den beiden Schlössern aus, die Privatbesitz der Queen waren: das schottische Balmoral, nahe Aberdeen, wo die Queen die letzten Tage ihres Lebens verbrachte, wird wohl künftig ein Museum werden.

Wer bekommt welches Schloss? Charles gibt sich bescheiden

Als Vorbild dazu könnte Osbourne House auf der Insel Wight dienen, in dem sich Queen Victoria (1819-1901) in ihren letzten Lebensjahren vorwiegend aufhielt. Es wurde bereits kurz nach ihrem Tod in eine Art Stiftung umgewandelt und ist bis heute für zahlende Besucher zu besichtigen. Charles selbst wird sich, wie angekündigt, mit dem kleineren Schlösschen Birkhall und Teilen des enormen Grundbesitzes zufriedengeben. Auch interessant: Queen Elizabeth II: Das waren ihre Freunde und ihr Personal

Andy Englert, Adels-Experte der FUNKE Mediengruppe, befasst sich seit mehr als 30 Jahren mit Königshäusern und ihrer Geschichte, derzeit als stellvertretender Chefredakteur der Zeitschriften
Andy Englert, Adels-Experte der FUNKE Mediengruppe, befasst sich seit mehr als 30 Jahren mit Königshäusern und ihrer Geschichte, derzeit als stellvertretender Chefredakteur der Zeitschriften "Frau im Spiegel" und "Frau im Spiegel ROYAL" sowie als Royal-Experte des Schweizer Fernsehens SRF.

Für Sandringham, in dem die Royals zuletzt traditionell Weihnachten feierten, gilt Prinz William, 40, als Favorit – zumal er sich mit seiner Familie gerne in Norfolk im Südosten Englands aufhält und dort das kleinere Anwesen Anmer Hall besitzt und bewohnt. Auf etwa 100 Millionen Euro soll sich das Vermögen, das die Queen in Wertpapieren besitzt, belaufen.

Die Royals als Tabakbarone – Besitztümer selbst in den USA

Details sind nicht bekannt – allerdings, dass die Königin wenig Sympathie für Risiko-Geschäfte besaß und Investitionen in „Blue Chips“, also möglichst krisensichere Werte, favorisierte. Zum Privatvermögen gehören auch weitere Immobilien, darunter auch in den USA. Die Queen soll, als die Preise in New York niedrig waren, dort Häuserblöcke erworben haben ebenso wie Farmland im US-Bundesstaat Virginia, das für den Tabakanbau genutzt wird.

Die Queen selbst war allerdings Nichtraucherin – und bestand darauf, dass Gatte Philip (1921-2021) mit dem Tag ihrer Hochzeit das Qualmen einstellte. Einige Millionen dürften auch bei einer Schätzung ihrer privaten Schmuckschatulle zusammenkommen, ebenso für Kunstobjekte, Pferde (die Pferde der Queen gewannen über die Jahrzehnte rund neun Millionen Euro an Preisgeldern) und Antiquitäten. Bereits Prinz Philip hat dafür gesorgt, dass Stücke mit persönlichem Bezug individuell vererbt wurden – ein historischer Land Rover an Prinz William, seine Fahrsport-Ausrüstung an Enkelin Lady Louise, 18, die sich ebenfalls für den Kutschen-Sport begeistert. Lesen Sie auch: Großbritannien: Welche Macht besitzt König Charles III.?

Spekulationen um den letzten Willen der Queen

Geld, Aktien und Immobilien könnten den Nachfahren ein sorgenfreies Leben ermöglichen, die nicht König, Thronfolger oder dessen Ehepartner und direkte Nachfahren sind. Dazu gehören vor allem Prinzessin Anne, 72, und Prinz Edward, 58, und ihre Familien auch den Töchtern von Skandal-Sohn Andrew, 62, werden hier gute Chancen eingeräumt, ein Stück vom gewinnbringenden Teil des Nachlasses zu bekommen.

Bisher war damit zu rechnen, dass Details aus royalen Testamenten – wie es beispielsweise beim Nachlass von Queen Mum (1900-2001) war – bekannt werden. Prinz Philip hatte kurz vor seinem Tod bestimmt, dass sein Testament 90 Jahre, also bis 2111, unter Verschluss zu halten ist. Kurz zuvor gab es den Ausstieg des früheren Lieblingsenkels Harry, 38, aus dem Königshaus, einschließlich Übersiedlung in die USA. Spannend ist, was dazu die Queen bestimmt hat – und ob und in welchem Umfang offiziell bekannt wird, wer was bekommen hat. Auf den Blick werden es Außenstehende nicht erkennen. Denn ein neues Auto können sich die meisten Mitglieder der königlichen Familie auch ohne Erbschaft noch leisten.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.