Madrid. Die Massen an Urlaubern auf Mallorca sorgen für viele Probleme. Die Bewohner sind wütend. Es werden drastische Maßnahmen gefordert.

  • Mallorca gehört immer noch zu den beliebtesten Urlaubszielen der Deutschen
  • Doch der Massentourismus macht der Insel zu schaffen, sie steht kurz vor dem Kollaps
  • Deshalb könnte es nun zu drastischen Maßnahmen gefordert

Lange Staus auf den Zufahrtsstraßen zu Stränden und Ausflugszielen, Parkplatzchaos, Taximangel und jetzt auch noch Trinkwasserprobleme: Mallorca, die meistbesuchte Urlaubsinsel Europas, gerät diesen Sommer an ihre Grenzen. Und zwar so sehr, dass die Rufe nach einer Begrenzung des Massentourismus immer lauter werden. „Wir können nicht weiter wachsen“, verkündet die Inselregierung und denkt über Schritte nach, um dem drohenden Kollaps entgegenzusteuern. Lesen Sie hier: Urlaub auf Mallorca könnte bald unmöglich werden.

Mallorca: Lange Staus und keine Parkplätze

Urlauber, die auf Mallorca mit dem Auto unterwegs sind, fühlen sich in diesen Tagen oftmals wie im Berufsverkehr in der Heimatstadt. Statt in romantischer Einsamkeit auf den schönen Küstenstraßen der spanischen Insel finden sie sich im Stau wieder.

Lange Blechkarawanen von Mietwagen schlängeln sich zum berühmten Naturstrand Es Trenc, zu den malerischen Orten Deià und Valldemossa oder zu populären Aussichtspunkten wie dem Kap Formentor im Norden der Insel.

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Der Kolonnenfahrt folgt dann die aufreibende Parkplatzsuche. Mangels ausreichender Stellplätze werden Zufahrtsstraßen, Einfahrten und Rettungswege zugeparkt.

Viele Strände sind auf Mallorca so überfüllt, dass man kaum noch Sand sieht.
Viele Strände sind auf Mallorca so überfüllt, dass man kaum noch Sand sieht. © dpa | Clara Margais

Die Situation sei fürchterlich, klagt Lluís Apesteguia, der Bürgermeister des verwunschenen 700-Einwohner-Nestes Deià, das von Besucherlawinen buchstäblich überrollt wird. In Deià wohnen viele Künstler, Hollywoodstar Michael Douglas besitzt in der Nähe eine luxuriöse Finca.

Mallorca: Touristenmassen genießen Sonnenuntergang - Privatpools müssen leer bleiben

Im Gemeindegebiet Deiàs liegt auch der Aussichtspunkt Sa Forada, der jeden Abend von Touristenmassen angesteuert wird, um von dort den Sonnenuntergang zu genießen.

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    Die Zufahrt über ein sehr kurvenreiches Panoramasträßchen ist traumhaft schön, kann aber bei hohem Verkehrsaufkommen mit Gedrängel und ständigen Ausweichmanövern zum Albtraum werden. „Wenn wir nicht bald eine Lösung finden, wird es irgendwann ein Unglück geben“, sagt Bürgermeister Apesteguia.

    Deià ist einer jener Orte Mallorcas, dem seine Beliebtheit zunehmend zum Verderben wird. Inzwischen musste auch das Trinkwasser rationiert werden. Die Grundwasserbrunnen sind leer, der Ort muss mit Tankwagen versorgt werden.

    Nicht nur der Partytourismus sorgt auf Mallorca für Probleme.
    Nicht nur der Partytourismus sorgt auf Mallorca für Probleme. © dpa | Clara Margais

    Das Füllen von Privatpools wurde verboten, Privatgärten dürfen nicht mehr mit Leitungswasser gegossen werden. Bald könnte das Wasser stundenweise ganz abgestellt werden. Auch in anderen Inselorten wie in Campos, Artá und Manacor muss inzwischen das Wasser rationiert werden.

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    Mallorca: Forderungen nach weniger Urlaubern

    Angesichts der Probleme auf der Insel fordert der regionale Umweltminister Miquel Mir, den Tourismus und die Bautätigkeit weiter zu zügeln. „Wir brauchen Mäßigung, eine Verringerung der Urlauberzahl und eine Reduzierung des urbanistischen Wachstums.“ Diese Debatte ist nicht neu. Lesen Sie hier: Blutsauger-Alarm - Ekelhafte Entdeckung in Hotel-Betten auf Mallorca.

    Die Inselregierung beschloss bereits in der Vergangenheit ein Moratorium, das die Bettenzahl auf 430.000 begrenzt. Zudem dürfen mittlerweile nur noch drei Kreuzfahrtschiffe pro Tag auf der Insel anlegen. Doch weil die Touristenzahl in den zwei Pandemiejahren 2020 und 2021 stark zurückging, verschwanden vorübergehend auch die Klagen über den Massentourismus.

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      In diesem Sommer kehrten die Urlaubermassen zurück – und damit kamen auch die Probleme wieder zum Vorschein: Die Hotels waren im Juli und August nahezu ausgebucht. Weder der Ukraine-Krieg, noch die galoppierende Inflation und noch das europäische Flugchaos konnten den Touristenstrom bremsen. „Nach den Covid-19-Einschränkungen gab es viel Lust auf Urlaub”, sagt María Frontera, Chefin des mallorquinischen Hotelverbandes.

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      Tourismusmassen: Wachsender Unmut bei Einheimischen

      • Im ersten Halbjahr 2022 kamen 4,6 Millionen Urlauber.
      • Damit hat Mallorca, verglichen 2019, nahezu wieder jene Besucherzahl erreicht, die vor der Pandemie registriert wurde.
      • Im Juli und August, traditionell die besucherstärksten Monate, kamen nach vorläufigen Angaben sogar mehr Touristen als in 2019.

      Auch im September geht der Höhenflug bei den Buchungen weiter. 2022 könnte also noch ein Rekordjahr werden. Zu Mallorcas Tourismuserfolg tragen besonders die deutschsprachigen Urlauber bei: Sie stellen 40 Prozent aller Besucher.

      Die Hoteliers freuen sich nach zwei mageren Jahren über den Ansturm, doch in der Bevölkerung wächst der Unmut. Die lokale Umweltorganisation Terraferida rief die Kampagne „SOS Residenten“ ins Leben, um darauf aufmerksam zu machen, dass sich viele Einheimische vom Massentourismus erdrückt fühlen. „Die Überfüllung überschreitet alle Grenzen“, erklärt die Organisation. Lesen Sie hier: Urlaub auf Mallorca: Drama im Ryanair-Flugzeug – Airline reagiert.

      Es muss sich etwas ändern, findet der mallorquinische Fotograf Miquel Àngel Dora, der seit Langem die Entwicklung der Insel dokumentiert: „Wenn wir Residenten uns nicht bewegen“, sagte er im Inselfernsehen, „sind wir dazu verurteilt, in der Hölle zu leben.“

      Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.