Berlin. Anders als PMS ist PMDS vor der Menstruation eine anerkannte Krankheit. Das sind die Symptome – und so behandeln Sie die Störung.

Wenn Menstruierende in der Zyklushälfte so starke psychische Beschwerden haben, dass sie wie ausgewechselt sind, haben sie vielleicht kein PMS. Sie könnten an einer Störung leiden, die sogar die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Krankheit einordnet: die Prämenstruelle Dysphorische Störung, auch PMDS genannt (Englisch: premenstrual dysphoric disorder, PMDD).

PMDS-Betroffene können nach ihrem Eisprung unterschiedliche, vorwiegend psychische Symptome entwickeln. Die können von Konzentrationsschwierigkeiten über depressive Stimmungen bis hin zu Angstzuständen und sogar Suizidgedanken reichen. Mit dem Einsetzen der Periode hat der Persönlichkeitswechsel ein Ende und die Person kehrt zu ihrem gefühlten Normalzustand zurück.

Für PMDS-Betroffene bedeutet das, dass sie – je nach ihrer individuellen Zykluslänge – jeden Monat über mehrere Tage nicht oder nur sehr eingeschränkt funktionsfähig und sozial sein können. Wie erkennt und behandelt man die zyklisch einsetzende Gefühlsachterbahn?

Vor der Menstruation: Wie entsteht PMDS?

Wie genau sich PMDS entwickelt, ist medizinisch noch nicht abschließend geklärt. Fest steht: Die Ursachen sind biologischer und nicht psychischer Natur. Forschende gehen davon aus, dass die Gehirne von PMDS-Betroffenen die Hormonschwankungen in der Lutealphase – also der zweiten Zyklushälfte – nicht korrekt verarbeiten oder sehr sensibel darauf reagieren.

Die medizinische Fakultät der Johns-Hopkins-Universität schreibt, die Hormonschwankungen vor der Menstruation könnten bei PMDS-Betroffenen für einen Mangel am Botenstoff Serotonin im Gehirn sorgen. Serotonin ist als sogenanntes "Glückshormon" für Stimmungswechsel verantwortlich. Fehlendes Serotonin kann zu schlechter Laune, Reizbarkeit und Aggressivität führen.

Das Universitätsklinikum Bonn bezeichnet PMDS aber als "multifaktoriell". Das bedeutet, dass auch andere Faktoren mitverursachend sein können. So können eine Vorgeschichte mit Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen oder sogar eine familiäre Prädisposition die Entwicklung von PMDS fördern. Doch woran erkennen Betroffene überhaupt, ob sie an PMDS leiden?

Wie lässt sich PMDS erkennen?

Einen Test, mit dem man PMDS zweifellos diagnostizieren kann, gibt es nicht. Am besten ist es beim Verdacht allerdings, wenn möglichererweise Betroffene über mehrere Monate ein Zyklustagebuch führen. Darin können sie Stimmungsschwankungen aufschreiben und beobachten, wann und wie regelmäßig diese auftauchen. Auch andere Symptome können Menstruierende in ihrem Zyklustagebuch niederschreiben.

Beim Verdacht auf PMDS können sich Menstruierende an ihren Hausarzt oder ihre Gynäkologin wenden. Dort besprechen sie anschließend die weitere Behandlung. Womöglich werden sie außerdem an einen Endokrinologen – also einen Experten für Hormone – oder eine Neurologin verwiesen.

Neben einem Zykluskalender sollen Frauen und andere Personen mit PMDS-Beschwerden auch ein Zyklustagebuch führen
Neben einem Zykluskalender sollen Frauen und andere Personen mit PMDS-Beschwerden auch ein Zyklustagebuch führen © dpa

Was sind die Symptome für PMDS?

Obwohl PMDS nicht als psychische Erkrankung gilt, hat die US-amerikanische psychiatrische Vereinigung American Psychiatric Association (APA) sie bereits 2013 in ihren Katalog psychischer Störungen aufgenommen. Im DSM-5 listet die APA eine Reihe von Symptomen für PMDS:

  • Stimmungslabilität, bei der die Stimmung durch leichte Reize schnell umschwingt (verdeutlicht durch Stimmungsschwankungen, plötzliches Weinen, plötzliche Traurigkeit, eine hohe Sensibilität gegenüber Ablehnung)
  • Reizbarkeit, Wut oder eine erhöhte Anzahl von Konflikten mit anderen Personen
  • Depressive Stimmung, Gefühle der Hoffnungslosigkeit oder selbstherabsetzende Gedanken
  • Angstzustände, Nervosität, Anspannung
  • Verlorenes Interesse an den gewöhnlichen Aktivitäten
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Antriebslosigkeit, extreme Müdigkeit, fehlende Energie
  • Veränderter Appetit: Hungerattacken oder Gelüste
  • Schlaflosigkeit oder übermäßiges Bedürfnis nach Schlaf
  • Gefühl der Kontrolllosigkeit und Überbelastung
  • Körperliche Symptome wie geschwollene oder empfindliche Brüste, Gelenk- oder Muskelschmerzen, Aufgeblähtsein, höheres Gewicht als gewöhnlich

Die APA setzt dabei folgende Voraussetzungen für die Diagnose mit PMDS: Mindestens fünf der Symptome traten in der Mehrzahl der vergangenen zwölf Monate in der Woche vor der Menstruation auf und klangen kurz nach deren Einsetzen wieder ab. Zudem dürfen die Symptome nicht auf eine bereits diagnostizierte psychische Erkrankung zurückzuführen sein.

Auch die WHO nahm PMDS 2019 in ihre Klassifikation der Krankheiten und Gesundheitsprobleme, die ICD-11, auf. Sie beschreibt darin beinahe identische Symptome und identische Diagnosevoraussetzungen wie die APA.

Was sind die Behandlungsmethoden für PMDS?

Mit welchen Methoden Mediziner und Betroffene PMDS behandeln, hängt von der Schwere der Symptome und der Fachrichtung des oder der besuchten Expertin ab.

Während Gynäkologinnen vermutlich öfter Hormonpräparate wie die Pille einsetzen, um die Hormonschwankungen in den Griff zu kriegen, arbeiten Neurologen oder Hausärztinnen häufiger mit Medikamenten gegen die Verstimmung – beispielsweise Johanniskraut, Mönchspfeffer oder Antidepressiva wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRIs). Bereits 2001 hatten Forschende in einer Meta-Analyse herausgefunden, dass SSRIs bei der Bekämpfung von PMS-Symptomen helfen.

Wenn die PMDS-Erkrankten allerdings nicht auf medizinische Präparate zurückgreifen möchten, könnten sie ihren Symptomen auch selbst entgegensteuern. So sollen regelmäßige sportliche Aktivitäten oder eine salzarme und protein- und vollkornreiche Ernährung gegen PMDS-Beschwerden helfen.

Auch der Verzicht auf Zucker, Alkohol, Koffein oder Zigaretten sind wichtig: Besonders Nikotin gilt laut Johns-Hopkins-Uni als Risikofaktor für PMDS.

Die 4 besten Alternativen zu Tampons und Binden

weitere Videos

    Hilft Psychotherapie gegen PMDS?

    Weil die Symptome von PMDS besonders im psychischen Bereich auftreten und die Betroffenen oft unter extremer Reizbarkeit leiden, können verhaltenstherapeutische Ansätze beim Umgang mit der Störung helfen. Besonders hilfreich können dabei Methoden zur Stressreduktion, Entspannung oder Achtsamkeit sein.

    Wenn die Betroffenen lernen, bewusst mit ihren Zyklusveränderungen und der Störung umzugehen, können sie zudem schon vor dem Einsetzen der Symptome gegensteuern: Etwa, indem sie sich Ruhephasen verordnen oder lernen, die negativen Gefühle in der zweiten Zyklushälfte einzuordnen und anders auf sie zu reagieren. Auch, wenn das in einer akuten Stresssituation unmöglich erscheint und nicht immer klappt.

    Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.