Washington. Auf den Taiwan-Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi reagiert China mit Militärmanövern. Die Sorge vor einer Eskalation wächst.

Während Nancy Pelosi ihr Besuchsprogramm in Taiwan durchzieht, antwortet China mit massiven Militärmanövern. Die USA stellen sich auf Vergeltungsmaßnahmen ein, auch oder gerade nach der Abreise der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses.

Es ist der ranghöchste politische Besuch aus den USA seit 25 Jahren. Heute will die Demokratin sich mit der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen treffen.

Pelosi in Taiwan: Peking reagiert mit Muskelspielen

In der Region wächst die Sorge vor einer Eskalation. Zum einen dringen die chinesischen Militärs in Taiwans Territorialgewässer ein. Zum anderen überschneidet sich der Manöverraum mit der japanischen Wirtschaftszone. Regierungssprecher Hirokazu Matsuno erklärte, man habe Peking seine Besorgnis übermittelt.

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Bezeichnend für die aufgeheizte Stimmung in der Region ist, dass Pelosis Flug von Malaysia nach Taiwan dem Flugbeobachtungsdienst Flightradar24 einen Rekord beschert hat: Mehr als 708.000 Menschen hätten die Landung in Echtzeit beobachtet, mehr als bei jedem anderen Flug zuvor, teilte der schwedische Internetdienst mit. 2,92 Millionen Menschen verfolgten zumindest einen Teil des siebenstündigen Flugs.

Pelosi in Taiwan: China warnte vor Besuch

Die 82-jährige Spitzenpolitikerin hatte sich über Warnungen aus China hinweggesetzt, das die demokratische Insel als Teil der Volksrepublik ansieht. Die Regierung in Peking hatte Pelosi davor gewarnt, mit dem Feuer zu spielen. Auch in Washington wurde darüber diskutiert, ob die 82-Jährige richtig handelt oder Öl ins Feuer gießt.

China erkennt die demokratisch regierte Insel mit 23 Millionen Einwohnern nicht als unabhängiger Staat an – und strebt eine "Wiedervereinigung" an. Die Chinesen gehen gegen jeden Staat vor, der diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen zur Inselrepublik ausbauen will. Und: Sie fürchten wohl Nachahmer, wenn Pelosi ihre Reisepläne durchzieht. Lesen Sie auch: Taiwan – Warum der Konflikt immer gefährlicher wird

USA halten das Verhalten Pekings für überzogen

Die USA haben Taiwan militärischen Beistand zugesichert. Präsident Joe Biden hatte das Versprechen erst kürzlich bekräftigt. Für die US-Amerikaner reagieren die Chinesen überzogen. Wenn die Sprecherin des Repräsentantenhauses nach Taiwan reise, dann nicht als offizielle Vertreterin der Regierung, sondern als Abgeordnete. Das sei nichts Ungewöhnliches, erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby.

Die Chinesen sehen in Pelosi mehr als nur eine "einfache" Abgeordnete: Sie ist nach dem politischen Rang die Nummer Drei in den USA. Offiziell unterhält Amerika keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan und betrachtet Peking als legitimen Vertreter Chinas. Mehr zum Thema: Taiwan – Darum geht es im Konflikt zwischen den USA und China

Für China geht es längst um Gesichtswahrung

Dem Vernehmen nach soll Pelosi in Taipeh mit Präsidentin Tsai Ingwen sowie mit dem Vizepräsidenten des Parlaments, Tsai Chi-chang, sowie Abgeordneten des Legislativrates zusammentreffen. Parlamentschef You Shyi-kun ist nach einer Auslandsreise noch in Quarantäne.

Weltweit wird darüber spekuliert, wie die Chinesen reagieren werden. Erwartet wird, dass sie Militärflugzeuge aufsteigen und Pelosi "eskortieren" lassen, taiwaneische Hoheitsgewässer verletzen, Raketentests durchführen oder eine Flugverbotszone verhängen. Längst geht es auch um Gesichtswahrung. Mehrfach betonte die chinesische Regierung, ihre Warnungen seien "kein leeres Gerede". (fmg)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.