Berlin. Eine Jury hatte den Sänger in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen: Kelly beutete Minderjährige aus und bestach mehrere Personen.

Der R'n'B-Superstar und Musikproduzent R. Kelly ist in seinem Missbrauchsprozess zu einer Haftstrafe von 30 Jahren verurteilt worden. Eine Jury hatte ihn bereits im vergangenen Jahr nach einem mehrwöchigen Prozess in allen neun Anklagepunkten für schuldig befunden. Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass Kelly unter anderem Minderjährige ausbeutete und Menschen kidnappte und bestach. Nun teilte Richterin Ann Donnelly in New York das Strafmaß mit.

Bevor Richterin Donnelly das Strafmaß verkündete, erzählten sieben Opfer von Kelly nacheinander und teilweise unter Tränen noch einmal ihre Geschichten. Teilweise schauten und sprachen ihn die Frauen dabei direkt an. Kelly starrte entweder geradeaus, auf die Notizen vor sich auf dem Tisch, oder unterhielt sich leise mit seinen Verteidigerinnen. Kelly, der mit schwarzer Brille, schwarzer Corona-Maske und khakifarbenem Oberteil am Gericht erschien, hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

R. Kellys Fans hatten die betroffenen Frauen beschimpft

Die Frauen berichteten erneut von dem sexuellen, physischen und mentalen Missbrauch, den sie durch Kelly erfuhren. Teilweise waren sie dabei noch minderjährig. "Robert, du hast so viele Menschen zerstört", sagte eine Frau. "Du bist ein Missbrauchstäter, du bist schamlos, du bist ekelhaft und du bist selbstgerecht", klagte eine andere den Sänger an.

Eine weitere sagte, es gehe ihr nicht um Kellys Reue, denn sie könne sehen, dass er keine zeige. Der Musiker habe einen "Gotteskomplex", habe "Millionen Menschen manipuliert" und "jämmerliche, unerklärliche" Taten begangen, sagte eine Frau. "Ich bin nicht hier wegen des Geldes und schon gar nicht für Hollywood", sagte eine andere. "Ich bin hier, weil ich Gerechtigkeit suche."

Die Frauen berichteten auch, dass sie von Fans des Sängers, die ihnen nicht glaubten, im Internet angegriffen worden seien.

R. Kelly bei der Urteilsverkündung im vergangenen Jahr.
R. Kelly bei der Urteilsverkündung im vergangenen Jahr. © Elizabeth Williams/AP/dpa

R. Kellys Anwältin: Sänger "quasi bankrott"

Die Staatsanwaltschaft hatte im Vorfeld mehr als 25 Jahre Haft und eine Geldstrafe zwischen 50.000 und 250.000 Dollar für den "I Believe I Can Fly"-Sänger gefordert. Eine solche Strafe sei unter anderem wegen der Schwere seiner Verbrechen angemessen, außerdem gehe von Kelly nach wie vor eine Gefahr aus, hieß es. Der Sänger sitzt bereits seit seiner Festnahme im Sommer 2019 im Gefängnis.

Die Anwälte des Musikers hatten eine deutlich geringere Strafe gefordert. Vor der Verkündung des Strafmaßes gab es vor Gericht zudem erneut Diskussionen über die Vermögensverhältnisse des Musikers.

Während die Staatsanwaltschaft behauptete, dass Kelly Millionen aus Rechteverkäufen zustünden, wies die Verteidigung des Musikers das zurück und gab an, er sei quasi bankrott. "Seine Musik wird nicht mehr gespielt", sagte Anwältin Jennifer Bonjean. "Wir sehen es an seinen Tantiemen, seit dem Prozess sind die extrem zurückgegangen."

R. Kelly: Erste Vorwürfe schon vor 25 Jahren

Erste Anschuldigungen gegen den 1967 in Chicago als Robert Sylvester Kelly geborenen Musiker wurden bereits vor rund 25 Jahren bekannt. 2008 stand er wegen des Besitzes von Bildern schweren sexuellen Kindesmissbrauchs vor Gericht und wurde freigesprochen. Der Musik-Koloss schien unangreifbar auf seinem Pop-Thron.

Das Verfahren ist nach Fällen wie denen von Filmproduzent Harvey Weinstein und Komiker Bill Cosby eine weitere viel beachtete juristische Aufarbeitung der MeToo-Ära. Vertreterinnen der MeToo-Bewegung hatten bereits das Urteil gegen Kelly gefeiert.

Der Ex-Superstar sei "der Schlimmste" der vielen Sexualstraftäter gewesen, die sie in ihrer Laufbahn verfolgt habe, hatte Frauenrechtsanwältin Gloria Allred, die mehrere Klägerinnen in dem Verfahren vertrat, gesagt. Er habe seine Berühmtheit dazu benutzt, Minderjährige zu missbrauchen, einzuschüchtern und zu demütigen.

Mit mehr als 50 Millionen verkauften Alben, mehreren Grammys und anderen Auszeichnungen gehörte er zu den erfolgreichsten Musikern des späten 20. Jahrhunderts.

R. Kelly steht noch in anderen Bundesstaaten vor Gericht

Aber spätestens als 2019 die aufsehenerregende Dokumentation "Surviving R. Kelly" die Anschuldigungen zusammenfasste, wurde es um den Sänger immer einsamer. Stars distanzierten sich von ihm, zudem Radiosender, Streaming-Dienste und dann auch sein Musiklabel RCA, das zu Sony Music gehört.

Mit der Strafmaßverkündung in New York sind die juristischen Auseinandersetzungen für Kelly noch nicht vorbei: Auch in den US-Bundesstaaten Illinois und Minnesota liegen Anklagen gegen den Musiker vor. Ein Prozess in Chicago soll schon Mitte August beginnen. (dpa/reba)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de