Berlin. Virologe Christian Drosten gehört nicht mehr zum Corona-Ausschuss des Bundestages. Nun hat er sich ausführlich zu den Gründen geäußert.

Der Charité-Virologe Christian Drosten hat sich erstmals persönlich zu seiner Entscheidung geäußert, nicht mehr Teil des Corona-Ausschusses des Bundestages zur Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen zu sein. Die Zusammensetzung und die Ausstattung des Gremiums ließen es nicht zu, in angemessener Qualität Ergebnisse hervorzubringen, sagte Drosten am Dienstag in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Deshalb wolle er nicht mehr dabei sein.

An den beteiligten Personen liege es nicht, sagte Drosten. "Die sind sicherlich total gut." Allerdings sei die Zusammensetzung nicht ideal. Das Gremium sei von der Politik berufen worden, "ohne wechselseitige Abstimmung". Einzelne Fraktionen oder Ministerien hätten Wünsche geäußert, wer dabei sein solle. "Wir haben beispielsweise überhaupt keine hauptberuflichen Epidemiologen drin in der Kommission." Er habe gleich in der ersten Sitzung angemahnt, Epidemiologen nachzuberufen. Dies sei aber verneint worden. "An der Stelle kommen mir dann doch erhebliche Zweifel", sagte Drosten dem Deutschlandfunk.

Corona-Gremium: Drosten kritisiert fehlendes Personal

Hinzu komme, dass man Kräfte für die Literaturrecherche brauche. Die Beteiligten am Gremium seien ehrenamtlich dabei und hätten eigentlich andere Jobs. Von mehreren habe er gehört: "Das ist nicht zu schaffen", sagte Drosten.

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Der Corona-Ausschuss des Bundestages soll die Maßnahmen der Politik gegen das Coronavirus evaluieren, um daraus Handlungsempfehlungen für kommende Pandemien abzuleiten. Das Infektionsschutzgesetz soll möglichst so überarbeitet werden, dass bei der nächsten Pandemie auf Notstandsgesetze verzichtet werden kann. Der Bericht soll der Bundesregierung am 30. Juni übergeben werden.

Fakten zu Christian Drosten

  • Geburtsdatum: 12. Juni 1972
  • Position: Leiter der Virologie an der Berliner Charité
  • Thema: Corona-Pandemie

Corona-Regeln: So bewerten die Experten die Maßnahmen

Drosten zufolge ist der Bewertungsprozess der Maßnahmen in der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 abgeschlossen. Die Pandemie habe sich seither aber weiterentwickelt. Es werde noch mindestens ein Jahr dauern, bis die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Aussagen dazu treffen könnten. Ob es gerechtfertigt gewesen sei, die Schulen solange zu schließen, wollte Drosten in diesem Zusammenhang nicht bewerten. "Deutschland hat sich sicherlich in der Balance der Maßnahmen entschieden, stärker auf die Schulen und weniger auf die Arbeitsstätten zu schauen als andere Länder."

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    Angesichts der derzeit weiterhin hohen Corona-Zahlen wollte Drosten aber trotzdem nicht von einer Durchseuchung sprechen. Den Begriff wolle er nicht nutzen, wenn es um eine weitgehend geimpfte Bevölkerung gehe. Aktuell handele es sich um eine "Welle von Nachinfektionen" auf dem "Boden einer Immunisierung durch die Impfung". Neueste Zahlen würden erneut zeigen, dass es das Bestreben richtig gewesen sei, den Großteil der Bevölkerung zu impfen. Alle, die sich bislang noch nicht impfen lassen könnten, müssten weiter "mit Augenmaß" geschützt werden. Mehr zum Thema: Neue Corona-Prognose aus Schweden bereitet Sorgen

    Corona: Was Drosten für neue Varianten erwartet

    In Südafrika breitet sich derzeit die neuen Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 aus. In den USA und Indien wurde ebenfalls eine neue Variante entdeckt. Durch die warmen Temperaturen und die in Deutschland dominierende Variante BA.2 rechnet Drosten aber nicht damit, dass BA.4 und BA.5 hierzulande für große Probleme sorgen werden. Dazu hatte er sich in der vergangenen Woche bereits auf Twitter geäußert.

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    (fmg)

    Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.