Berlin. Hartz-IV-Beziehende können vom Jobcenter zur Rente mit 63 gezwungen werden. Das hat oft starke finanzielle Auswirkungen für Betroffene.

  • Die Rente mit 63 ist bei den Deutschen beliebt: Immer mehr Menschen entscheiden sich für diese Option für den frühen Ruhestand
  • In den meisten Fällen drohen dann Abzüge bei der Rente
  • Auch bei Hartz-IV-Empfängern ist das so. Auch wenn die Entscheidung für die Rente nicht immer freiwillig erfolgt

Eigentlich ist die Rente ab 63 Jahren freiwillig und wird gerne als Möglichkeit für einen früheren Ruhestand genutzt. Für Empfängerinnen und Empfänger von Hartz IV kann sie allerdings zur Pflicht werden: Menschen, die grundsätzlich Anspruch auf eine vorzeitige Rente haben, können durch das Jobcenter dazu gezwungen werden, mit 63 Jahren in Rente zu gehen – wodurch sich für sie oft deutliche Nachteile ergeben.

Der Grund dafür ist die im zweiten Sozialgesetzbuch begründete Regelung, dass Menschen, die Arbeitslosengeld II, also Hartz IV, beziehen, dazu verpflichtet sind, andere Sozialleistungen zu beantragen, wenn diese als "vorrangig" eingestuft werden. Das ist bei der Rente der Fall.

Rente mit 63: Zwangsrente für Hartz-IV-Empfänger

Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger können daher ab einem Alter von 63 Jahren vom Arbeitsamt dazu aufgefordert werden, einen Rentenantrag zu stellen. Kommen sie dieser Aufforderung nicht nach, ist auch das Jobcenter dazu berechtigt, den Antrag zu übernehmen. Bei der Zwangsverrentung drohen Betroffenen allerdings Abschläge von bis zu 14 Prozent – und das ein Leben lang. Mit dem Eintritt in die Rente erlischt gleichzeitig der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Lesen Sie hier: Diesen Jahrgängen drohen bei der Rente mit 63 große Abzüge.

Tatsächlich kann das Jobcenter Betroffene allerdings nicht immer zur vorzeitigen Rente zwingen. Ausnahmen gibt es etwa, wenn in nächster Zukunft das Alter für eine abschlagsfreie Rente erreicht wird. So stellte beispielsweise das Bundessozialgericht in einem Urteil fest, dass Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II, die nur noch wenige Monate zum Anspruch der Altersrente ohne Abschläge haben, nicht zu einem vorzeitigen Rentenantrag verpflichtet werden dürfen.

Gleiches gilt, wenn die Rente durch den frühzeitigen Beitritt so niedrig ausfallen würde, dass zusätzlich Sozialhilfe oder Grundsicherung beantragt werden müsste.

Hartz-IV-Beziehende können Widerspruch gegen Rente mit 63 einlegen

Ausgenommen sind außerdem Menschen, die erwerbstätig sind und Hartz IV zur Aufstockung ihres Lohns erhalten oder die in nächster Zukunft eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Auch Menschen, die Arbeitslosengeld I erhalten und gleichzeitig auch Hartz IV beziehen, müssen nicht früher in Rente gehen. Wer nur Arbeitslosengeld I bezieht kann grundsätzlich ebenfalls nicht zum frühzeitigen Renteneintritt gezwungen werden.

Wer vom Arbeitsamt zu einem vorzeitigen Renteneintritt aufgefordert wird, während gleichzeitig einer der zuvor genannten Punkte zutrifft, kann daher Widerspruch einlegen und einen Härtefallantrag stellen. Die Zwangsrente für Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger steht schon lange in der Kritik, da es insbesondere für Menschen, die lange gearbeitet haben und kurz vor dem Rentenalter in Arbeitslosengeld II gefallen sind, erhebliche finanzielle Nachteile bedeuten kann.

(csr)

Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.