Palma de Mallorca. Zu Ostern erwacht Mallorca aus dem Winterschlaf. Was Reisende nach zwei Jahren Corona erwartet, sagt Ministerpräsidentin Armengol.

Spätestens zu Ostern wird es wieder voll auf Mallorca, der liebsten Urlaubsinsel der Deutschen. Nach zwei Jahren mit vielen Corona-Auflagen erwartet die Reisenden ein ganz normaler Urlaub, sagt Francina Armengol, Ministerpräsidentin der Balearischen Inseln. Die Sozialistin empfängt unsere Redaktion zum Interview im Regierungsgebäude in der Inselhauptstadt Palma und sagt, welche Art von Tourismus sie nicht mehr auf den Inseln sehen möchte.

Frau Armengol, die Menschen sehnen sich nach zwei Jahren Corona-Pandemie nach Urlaub, die Tourismusindustrie erwartet ein Rekordjahr. Steht jetzt das große Comeback der Balearischen Inseln – Mallorca, Menorca Ibiza und Formentera – bevor?

Francina Armengol: Es sieht tatsächlich so aus, als ob uns eine sehr gute Saison bevorsteht. Die Reservierungen laufen sehr gut, sagen uns die Tourismusunternehmen. Die Balearischen Inseln sind darauf vorbereitet, wieder eine ganz normale Saison zu haben. Wir hoffen, in diesem Jahr wieder zur Normalität zurückzufinden. Allerdings müssen wir erst einmal die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine abwarten. Deshalb sind die Prognosen nur mit Vorsicht zu genießen.

Wie wird der Urlaub auf Mallorca, Ibiza und Co. in diesem Jahr? Anders als vor Corona?

Wir glauben, dass der Urlaub auf den Balearen noch besser wird als vor der Pandemie. Auf den Inseln gibt es bis auf das Maskentragen in Innenräumen keine Corona-Maßnahmen mehr. Aber auch hier wird es seitens der Zentralregierung in Madrid sicherlich bald noch Änderungen geben. Es werden in diesem Sommer also ganz normale Ferien ohne die Beschränkungen der vergangenen zwei Jahre. Urlauberinnen und Urlauber werden Natur, Kultur und Gastronomie wieder ganz normal genießen können. Und unser neues Tourismusgesetz sorgt für mehr Qualität in den Hotels.

Darf auch in den Clubs und Diskotheken wieder gefeiert werden?

Die Diskotheken sind bereits wieder geöffnet – allerdings muss beim Tanzen noch eine Maske getragen werden. Wir rechnen damit, dass diese Regelung im Sommer fällt und damit wieder ein normales Nachtleben stattfinden kann. Allerdings ist das 2019 erlassene Gesetz gegen Exzess- und Sauftourismus weiterhin in Kraft. Die Pandemie hat uns noch darin bestärkt, dass wir diese Art von Tourismus nicht mehr auf den Inseln haben wollen. Und dabei bleibt es auch.

In Deutschland haben viele Hotels und Restaurants in der Pandemie Personal verloren, das jetzt in anderen Jobs arbeitet. Wie ist die Lage auf den Balearen?

Auf den Balearen haben wir im Vergleich die anderen Regionen in Spanien wenige Arbeitslose. Wer vor der Pandemie im Tourismusbereich gearbeitet hat, hat quasi eine Garantie, auf seinen Arbeitsplatz zurückkehren zu können. In der Hochsaison kommen normalerweise viele Menschen vom Festland, um bei uns zu arbeiten. Im vergangenen Jahr sind nicht alle wiedergekommen. In diesem Jahr dürfte es anders aussehen. Das liegt etwa an einem neuen Tourismusgesetz, das die Arbeitsbedingungen deutlich verbessert. Dazu gehören etwa höhenverstellbare Hotelbetten, um die Zimmermädchen zu entlasten. Bereits vor der Pandemie hatten wir mit Gewerkschaften und Hotelbetreibern eine Erhöhung der Löhne um insgesamt 17 Prozent beschlossen. In diesem Jahr sind die letzten 3,5 Prozent fällig. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Betriebe in diesem Sommer wieder ausreichend Personal finden werden.

Wie geht es den Menschen auf den Inseln nach zwei Jahren Corona?

Hinter uns liegen zwei sehr schwierige Jahre. Wie viele andere in Europa auch, litten die Menschen auf den Balearischen Inseln unter Ängsten und Unsicherheiten. Das hat Spuren in der Bevölkerung hinterlassen. Darauf müssen wir als Politik eingehen. Und nun kommt auch noch der Krieg in der Ukraine dazu. Mit dem Tourismus rollt jetzt die Wirtschaft wieder an. Unsere Hoffnung ist, dass die Menschen dadurch wieder gute Perspektiven erhalten. Zudem werden Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt von den Mitteln aus den EU-Hilfsfonds profitieren. Davon versprechen wir uns viel, um aus der Corona-Krise gestärkt hervorzugehen.

Die sozialistische Regierungschefin der Balearen-Inseln Francina Armengol.
Die sozialistische Regierungschefin der Balearen-Inseln Francina Armengol. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Sie kämpfen seit Jahren gegen den Massentourismus. Was haben Sie erreicht?

Unser Ziel ist es, beim Tourismus auf Qualität statt Quantität zu setzen. Daran arbeiten wir seit dem Jahr 2015. Seitdem haben wir etwa die Zahl der Kreuzfahrtschiffe begrenzt. Wir wollen verhindern, dass zu viele Menschen gleichzeitig auf die Inseln kommen. Die Hotelinhaber haben viele ihrer Anlagen renoviert. Mit neuen Angeboten haben wir die Urlaubssaison verlängert – so dass die Menschen über das ganze Jahr verteilt kommen und nicht nur Strandurlauber in den zwei Monaten im Hochsommer. Wir haben Ferienwohnungen in Mehrfamilienhäusern verboten, eine Steuer für nachhaltigen Tourismus eingeführt und verschiedene Gesetze wie das Abfallgesetz gegen Einwegplastik verabschiedet. Mit dem neuen Tourismusgesetz werden die Balearischen Inseln jetzt zum ersten Urlaubsziel weltweit mit einer Kreislaufwirtschaft. Dafür muss jedes Hotel einen Plan aufstellen, um den Wasser- und Energieverbrauch sowie die Müllmenge zu reduzieren. Wasser ist für uns eine knappe Ressource. Duschgel und Seife darf es in Hotelzimmern statt als Einwegartikel nur noch in wiederauffüllbaren Behältern geben. Viele kleine Dinge ergeben in der Summe große Einsparungen. Mit all diesen Maßnahmen wollen wir erreichen, dass der Tourismus eine positive Wirkung für unsere Inseln entfaltet.

Die Hotelbetreiber sind aber wütend, weil Sie die Zahl der Betten auf den Inseln begrenzen…

Wir sind der Ansicht, dass die Hotels nicht weiter grenzenlos wachsen können. Stattdessen sollte das vorhandene Angebot verbessert werden. Für die Landschaft und die Umwelt ist es gut, beim Flächenverbrauch mal eine Bremse zu ziehen. Deshalb frieren wir die Flächen für fünf Jahre ein. Danach können die Inselregierungen entscheiden, wie sie weiter verfahren wollen. Gerade die Touristen aus Deutschland und den nordischen Ländern haben eine große Sensibilität für Umweltthemen. Wenn wir mit dem Tourismus weiterhin gutes Geld verdienen wollen, müssen wir uns diesen Fragen jetzt stellen.

Wie viele Touristen kamen in normalen Jahren aus Russland und der Ukraine?

Das war nur ein sehr kleiner Teil. Bis auf das vergangene Jahr, als in der Corona-Situation der Anteil der spanischen Touristen der größte war, kommen die meisten Urlauber immer aus Deutschland. 2019 kamen zirka 120.000 Touristen aus Russland und der Ukraine. Das ist gerade mal ein Prozent des Besucheraufkommens. Somit machen wir uns keine Sorgen, dass es hier große Ausfälle gibt. Allerdings könnte der Krieg dazu führen, dass die Menschen verunsichert sind und die hohe Inflation die Preise weiter steigen lässt – das hätte auf den Tourismus weltweit spürbare Auswirkungen.