Berlin/Brüssel. Paxlovid ist eine neue, starke Waffe gegen Corona. Jetzt ist die Corona-Pille auch in Deutschland erhältlich – aber nicht für jeden.

  • Impfstoffe bieten bisher den größten Schutz vor einer Corona-Erkrankung
  • Ein neues Medikament soll nun auch schwere Krankheitsverläufe verhindern
  • Paxlovid kommt jetzt auf den deutschen Markt
  • Lesen Sie hier die wichtigsten Informationen zur Anti-Corona-Pille

Sie gilt als große Hoffnung im Kampf gegen Covid-19: Die neue Anti-Corona-Pille Paxlovid kann schwere Erkrankungen verhindern, Krankenhausaufenthalte vermeiden, Leben retten – und ist dabei einfach zuhause einzunehmen. Experten halten Paxlovid für das „bestwirksamste Medikament“ zur Behandlung von Covid im Frühstadium.

Nun kommt Paxlovid auch auf den deutschen Markt. Wie der Pharmakonzern Pfizer mitteilte, gingen am Mittwoch die ersten Tabletten aus dem Verteilerzentrum in Karlsruhe an den Großhandel. Für Deutschland sind demnach für dieses Jahr eine Million Packungen vorgesehen. 35 Prozent davon sollen im ersten Halbjahr geliefert werden.

Corona-Medikament: So kommen Sie an Paxlovid

Ärztinnen und Ärzte könnten das Medikament verschreiben und damit besonders Hochrisikopatienten vor schweren Covid-19-Verläufen schützen – etwa Menschen im hohen Alter, mit chronischen Erkrankungen oder Krebs, sagte der Medizinische Direktor bei Pfizer in Deutschland, Daniel Kalanovic, nach Firmenangaben.

Damit der Arzt Paxlovid verschreiben kann soll laut Bundesgesundheitsministerium ein positiver Corona-Schnelltest aussreichen. Der Arzt könnte dann zur Not auch telefonisch kontaktiert werden, Patientinnen und Patienten so „kontaktarm und schnell wie möglich“ die Therapie zu ermöglichen. Die Patienten, bei denen parallel gegebenenfalls auch noch ein PCR-Test initiiert würde, sollen das Mittel in der Regel per Botendienst geliefert bekommen, erläutert das Ministerium unserer Redaktion.

Ansonsten ist Paxlovid mit dem Rezept vom Arzt bei Apotheken erhältlich. Diese können das Medikament ab sofort beim Großhandel bestellen und an Patientinnen und Patienten abgeben, wie eine Pfizer-Sprecherin sagte. Eine Packung reicht für einen Patienten. Die weltweite Produktion und Verpackung findet in Freiburg statt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) weist generell auf eine Kombination aus Impfungen und Medikamentenbehandlung hin, um das Coronavirus auf längere Sicht in den Griff zu bekommen. „Wenn wir eine Grundimmunisierung auch der älteren Vulnerablen geschafft und Medikamente wie Paxlovid oder Molnupiravir oder andere zur Hand hätten, dann wären wir ja durch“, sagte er im Januar im Bundesrat.

Lauterbach machte zu früh Hoffnung auf Paxlovid

Anfang des Jahres hatte Lauterbach zunächst große Erwartungen geweckt. Paxlovid sei „extrem vielversprechend“, lobte er. Sein Ministerium orderte eine Million Packungen des Medikaments und kündigte an, eine erste Lieferung werde Ende Januar eintreffen. Doch am 27. Januar bekam Paxlovid zwar grünes Licht durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA, zwei Tage später erteilte die EU-Kommission die bedingte Marktzulassung, die Lieferung indes blieb aus: Die Bundesregierung hatte, wie sich herausstellte, nur einen Vorvertrag mit dem US-Pharmakonzern Pfizer. Die Verhandlungen dauerten an.

Das Problem: Der US-Hersteller Pfizer ist ein knallharter Verhandler, das hatten die Europäer schon beim Ringen um einen Liefervertrag für den Biontech-Impfstoff gelernt. Nach dem vermeintlichen Wundermittel Paxlovid war und ist die weltweite Nachfrage enorm, viel größer als das Angebot. Die Produktion läuft erst an. Pfizer will im ersten Halbjahr rund 30 Millionen Behandlungs-Einheiten herstellen, bis Ende des Jahres weitere 90 Millionen Packungen.

Eine Intensivstation für Corona-Patienten im Klinikum Stuttgart. Mit dem Medikament Paxlovid soll sich die Zahl der Krankenhaus-Aufenthalte nach Covid-19-Infektionen drastisch verringern.
Eine Intensivstation für Corona-Patienten im Klinikum Stuttgart. Mit dem Medikament Paxlovid soll sich die Zahl der Krankenhaus-Aufenthalte nach Covid-19-Infektionen drastisch verringern. © dpa | Marijan Murat

Paxlovid weltweit heiß begehrt

Obwohl die Pillen hauptsächlich in Freiburg produziert werden, sind andere Länder schneller als Deutschland: Die USA haben bereits Pillen für die Behandlung von 20 Millionen Patienten geordert. Die Auslieferung hatte dort auch früher begonnen. Die ersten zehn Million Einheiten sollen bis Ende Juni an die Patienten gehen. Italien hat einen Vertrag über 600.000 Einheiten abgeschlossen, die ersten Pillen wurden schon Anfang Februar an Patienten verteilt. Japan hat den Kauf von 2 Millionen Einheiten vereinbart, dort werden Patienten bereits mit Paxlovid behandelt. Großbritannien hat bei Pfizer 2,7 Millionen Behandlungs-Einheiten geordert.

Auch in China ist die Nachfrage nach der Pille hoch: Ausländische Impfstoffe hatte Peking eisern abgelehnt, für Paxlovid aber haben die Behörden vor kurzem eine bedingte Zulassung erteilt. Pfizer-Vorstandschef Albert Bourla reibt sich die Hände, er will mit Paxlovid schon dieses Jahr 22 Milliarden Dollar Umsatz machen: „Wir sind weltweit mit fast 100 Regierungen im Gespräch“, sagt er.

Paxlovid: So wirkt die Corona-Pille

Aber auch die medizinischen Erwartungen sind hoch: Mit Paxlovid können laut EMA-Empfehlung vor allem positiv getestete, erwachsene Corona-Patienten mit hohem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf behandelt werden, sofern sie keine zusätzliche Sauerstoffversorgung benötigen. Paxlovid muss allerdings innerhalb der ersten fünf Tagen nach Auftreten erster Symptome eingenommen werden - über fünf Tage zwei Mal täglich. Die Pille reduziert laut Studien das Risiko, schwer zu erkranken, um bis zu 89 Prozent.

Der Wirkstoff Nimatrelvir stoppt ein Protein und verhindert, dass sich die Corona-Viren vermehren. Allerdings drohen Nebenwirkungen, etwa ein geschwächter Geschmackssinn, Durchfall, Bluthochdruck und Muskelschmerzen. Für Patienten mit schweren Nieren- und Leberfunktionsstörungen ist das Mittel nach EMA-Einschätzung nicht geeignet, gleiches gilt für Schwangere. (mit dpa)

Dieser Artikel erschien zuerst auf www.morgenpost.de