Berlin. Omikron breitet sich rasant aus. Länder überprüfen die Teststrategie, um die Labore zu entlasten. Allzeithoch von zwei Millionen Tests

  • Wegen der Omikron-Welle lassen sich immer mehr Menschen testen
  • Fast zwei Millionen PCR-Tests in der vergangenen Woche sind ein neues "Allzeithoch".
  • Die Teststrategie kommt auf den Prüfstand, um die Labore zu entlasten
  • Als Alternative zu aufwendigen PCR-Tests sind Schnelltests im Gespräch

Weil die Labore am Limit arbeiten, könnten PCR-Tests bald beschränkt werden. Die Gesundheitsminister von Bund und Länder haben am Montagabend zwar noch keinen Beschluss gefasst, aber über einen Strategiewechsel beraten: Eine Priorisierung bei den aufwendigen PCR-Tests und alternativ mehr Schnelltests.

Darauf hatte das Land Berlin gedrängt. Hier ist die Nachfrage nach PCR-Tests teils größer als das Angebot. Bei hohen Infektionszahlen dürften "symptomatische Personen und gegebenenfalls vulnerable Gruppen" bei den PCR-Tests künftig Vorrang haben. Neu kommt hinzu, dass sich medizinisches Personal schon nach sieben Tagen mit PCR-Tests "freitesten" soll.

Hintergrund des drohenden Engpasses bei den Laboren ist der drastische Anstieg der Corona-Zahlen mit der Omikronwelle. Folge: Die Kapazitäten für PCR-Tests sind ausgereizt. Die Grenze liegt bei 2,5 Millionen Tests in der Woche und könnte schon bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 750 erreicht sein. Vor allem in Norddeutschland sind die Kapazitätsgrenzen längst überschritten.

PCR-Tests: Priorisierung ist das "Gebot der Stunde"

Mehr als 90 Prozent der aufwendigen PCR-Tests werden von den Akkreditierten Laboren in der Medizin (ALM) durchgeführt. In der Silvesterwoche waren es 897.803 Tests, in der ersten Januarwoche 1,4 Millionen, in der vergangenen Woche 1,95 Millionen, "ein Allzeithoch", wie der ALM-Vorsitzende Michael Müller am Dienstag erläuterte. Eine Priorisierung sei jetzt "das Gebot der Stunde".

"Dieser explosionsartige Anstieg ist vor allem bedingt durch die sehr dynamische Ausbreitung der Omikron-Variante", weiß man beim ALM.

Wöchentlich 2,5 Millionen Tests, Positivrate: 25 Prozent

Ansteigend war nicht nur Zahl der Tests, sondern auch die Positivrate: 196.528 Tests waren in der Silvesterwoche positiv, eine Woche später 328.000 Fällen, in der vergangenen Woche 486.319. Die Rate liegt jetzt bei 24,9 Prozent.

Die Labore haben nun ihre Kapazität von zuletzt rund 2,3 Millionen auf nunmehr maximal 2,5 Millionen PCR-Tests in der Woche erhöht. Bei einer Testpositivrate von 25 Prozent könnte gleichwohl "maximal eine Inzidenz von etwa 750 gemessen werden", errechnete das "Science Media Center".

Omikron: Dunkelziffer bei Corona-Infektionen wird größer

Die Rechnung ist einfach: Bei 2,5 Millionen Tests ergibt eine Positivrate von 25 Prozent etwa 625.000 Ansteckungen. Die entsprechen – auf über 83 Millionen Einwohner bezogen - einer Wochen-Inzidenz von 750. Ab 2,5 Millionen Test muss priorisiert werden, besteht aber bei weiter steigenden Positivraten die Gefahr, dass die Dunkelziffer der Infizierungen zunimmt.

Eine solche Situation könne bei dem derzeitigen Dynamik der Pandemie bereits diese Woche erreicht werden. Am Dienstag betrug die Zahl der Neuansteckungen mit Sars-CoV-2 auf 100.000 Menschen in sieben Tagen 553,2, vor einer Woche waren es 387,9.

Labore am Limit: Priorisierung und mehr Schnelltests

Für den Fall der Überlastung liegt mit der nationalen Teststrategie eine Blaupause vor: Allen voran Menschen mit Covid-19-Symptomen werden vorrangig getestet. Trotz ihrer geringeren Aussagekraft hält der Bremer Wissenschaftler Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung Schnelltests für ein probates Mittel, um Labore zu entlasten.

Zum Beenden einer Quarantäne empfahl er gegenüber "Science Media Center" zwei Antigenschnelltests an aufeinanderfolgenden Tagen. "So wie es auch in Großbritannien gemacht wird."

Auch Experten raten zur Priorisierung bei PCR-Tests

"Ich denke zu diesem Zeitpunkt in der Pandemie, muss die Testkapazität intelligent eingesetzt werden", meint Claudia Denkinger, Leiterin der Sektion Klinische Tropenmedizin mit Schwerpunkt Innere Medizin, Infektiologie und Tropenmedizin im Universitätsklinikum Heidelberg. "Es kommt nicht mehr auf jeden Test an“, sagte sie. Omikron sei der Beweis dafür, dass wir keinen Infektionsschutz mit Impfung erreichen, sondern nur einen Schutz vor schwerer Erkrankung.