Berlin. Die aktuelle Folge des Coronavirus-Podcasts dreht sich um die Omikron-Variante. Virologe Drosten hatte gleich mehrere Warnungen dabei.

  • Christian Drosten warnt deutlich: Omikron könnte sich stark ausbreiten und ab dem kommenden Jahr für erhebliche Probleme sorgen
  • Deutschlands Top-Virologe fordert deshalb, sich dringend auf dieses Szenario vorzubereiten
  • Zudem warnt Drosten vor Spekulationen, die Omikron-Variante sei weniger gefährlich

Beim Podcast "Coronavirus-Update" des NDR war am Dienstag "große Ratestunde", wie der Charité-Virologe Christian Drosten mehrfach betonte. Zusammen mit der Redakteurin Korinna Hennig erörterte Drosten die Datenlage rund um die Omikron-Variante – und die ist, rund zwei Wochen nach der WHO-Einstufung als "besorgniserregende" Variante, noch dürftig. Deswegen ist das im Podcast Gesagte mit etwas Vorsicht zu genießen, wie der Virologe während der Sendung erklärte. Nichtsdestotrotz zeigte sich: Die Mutante bereitet Drosten große Sorgen.

Möglicherweise enorme Zuwachsrate bei Omikron

Vor allem die Zuwachsrate an Fällen, sowohl in Südafrika als auch in England, bezeichnete Drosten als besorgniserregend. So liege nach allem bisher Bekannten die Rate in der südafrikanischen Provinz Gauteng bei rund 25 Prozent. "Das ist erschreckend viel", sagte Drosten. Bei so einer Rate verdoppeln sich die Fallzahlen in etwa alle vier Tage. Lesen Sie mehr dazu hier: Omikron breitet sich aus – Großbritannien reagiert rigoros

Auch in England liege diese Rate im Moment bei 25 Prozent Wachstum am Tag. "Darüber muss man sehr besorgt sein", gab der Virologe zu bedenken. Denn: Bestätigte sich diese Zuwachsrate für Deutschland, "dann ist das eine Entwicklung, die schneller ist als jede politische Entscheidungsmöglichkeit. Dann hätten wir bald ein ernstes Problem."

Allerdings gelte für Deutschland auch, dass hier derzeit "mit angezogener Handbremse" gefahren würde, in Südafrika und England aber nicht. Die Verbreitungsgeschwindigkeit könnte in der Bundesrepublik wegen der aktuellen politischen Maßnahmen wie der 2G-Regelungen also langsamer sein. Dabei könnte Omikron die dominierende Variante werden oder neben Delta existieren.

Fakten zu Christian Drosten

  • Geburtsdatum: 12. Juni 1972
  • Position: Leiter der Virologie an der Berliner Charité
  • Thema: Corona-Pandemie

Drosten warnt vor Meldungen über milden Verlauf

Gleichzeitig warnte Christian Drosten vor zu viel Gelassenheit angesichts bevorstehender Meldungen aus Südafrika, nach denen eine Omikron-Infektion zu milderen Krankheitsverläufen führt. In Südafrika handle es sich fast immer um Wiederansteckungen bei Menschen, die bereits ein- oder zweimal mit dem Coronavirus infiziert waren.

Deshalb sei die Situation mit Deutschland nicht zu vergleichen. Er warnt, dass die Krankheitsschwere nicht nur nicht verringert ist, sondern möglicherweise sogar schwerer. Drosten führte aus: "Wir haben es hier offensichtlich mit einem Virus zu tun, das zusätzlich zum Immunescape einen Anstieg der intrinsischen Fitness des Virus hat."

Dieser Anstieg sei immer – etwa bei der Alpha- und Delta-Variante – auch mit einem Anstieg der Krankheitsschwere einhergegangen. Zudem treffe das Virus in Südafrika in einem deutlich stärkeren Maß jüngere Menschen, die durch ihr Alter vor einem schweren Krankheitsverlauf geschützt seien. Lesen Sie auch: Drosten bezweifelt Aussagekraft von Schnelltests

Er riet zur Impfung gegen das Coronavirus, auch zur Booster-Impfung. Eine "geboosterte Impfimmunität" schütze gegen Omikron auch besser als eine überstandene Infektion. Belastbare Daten dazu lägen bislang aber noch nicht vor, räumte der Wissenschaftler ein. Insgesamt seien viele Annahmen wegen noch fehlender belastbarer Studien derzeit noch Vermutungen.

Impfungen kein "lebenslanges Impfabo"

Gleichzeitig bekräftige der Virologe, dass auch Deutschland auf dem Weg in die endemische Phase sei. Spekulationen in den sozialen Netzwerken, nach denen auf die Bevölkerung ein "lebenslanges Impfabo" zukomme, erteilte Drosten eine klare Absage. Omikron sei ein "Nachdurchseuchungsvirus", das in einer Population, in der hohe Bevölkerungsimmunität herrscht, die Lücke schließen könne.

Dieser Prozess werde auch in Deutschland stattfinden, es könne sogar sein, dass in einigen Jahren nicht mehr geboostert werden müsse - oder nur noch in den Risikogruppen, wie das bei Influenza-Impfungen schon jetzt der Fall sei.

Erneut wies Drosten außerdem darauf hin, dass die aktuelle Booster-Kampagne nicht der Übergang zu einer endemischen Phase für das Virus sei. Boostern sei nur "zweite Priorität". Vielmehr käme es darauf an, die Impflücke zu schließen, gerade bei den Älteren. Zu viele seien in dieser Gruppe noch überhaupt nicht geimpft. "Das Virus darf nicht in diese Lücken rein bei der jetzigen Pathogenität", also der Fähigkeit, Krankheit zu verursachen. Künftig müssten 2G-Regelungen gezielt dort ansetzen, wo die Ungeimpften seien um diese zu schützen. Daran führe kein Weg vorbei. (pcl)