Berlin. Bei ihrer wohl letzten Kabinettssitzung erhielt die scheidende Bundeskanzlerin nicht nur Blumen, sondern auch ein besonderes Geschenk.

Angela Merkel zeigte sich am Tag, als die Ampel-Koalition besiegelt wurde, so geschäftig wie immer. Morgens traf sich die Kanzlerin erst mit den Unionsministern, dann leitete sie ab 9.30 Uhr die Sitzung mit dem gesamten Kabinett im Kanzleramt. Am Nachmittag nahm die Regierungschefin zum 17. Mal offiziell einen Weihnachtsbaum für den Ehrenhof des Kanzleramts in Empfang. Und am Donnerstag kommt Polens Premier Mateusz Morawiecki zu Besuch.

Aber bei aller Routine: Schon in der Kabinettssitzung herrschte Abschiedsstimmung. Die Ministerrunde schenkte Merkel ein wertvolles Bäumchen für den Garten, ein bonsaiartiges, edles Zwerggehölz aus Ostasien mit dem Namen Cornus Controversa Carpe Diem. Von Olaf Scholz gab es einen Blumenstrauß, danach versammelte sich die Runde zum Gruppenfoto.

Von ihrem voraussichtlichen Nachfolger, dem bisherigen Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), erhielt Merkel einen großen Blumenstrauß.
Von ihrem voraussichtlichen Nachfolger, dem bisherigen Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), erhielt Merkel einen großen Blumenstrauß. © dpa | Markus Schreiber

Einen Termin sagte Merkel allerdings lieber ab: Ein Ausstellungsbesuch im Berliner Haus der Kulturen der Welt wäre vielleicht auch etwas heikel gewesen – wegen der erwartbaren Journalistenfragen zum Koalitionsvertrag und wegen des etwas verfänglichen Installationstitels „Archiv der Flucht“.

Auf der Flucht ist Merkel gewiss nicht, ihren Rückzug aus dem Amt in knapp zwei Wochen hat sie sorgfältig vorbereitet. Zum Abschied gibt es am 2. Dezember einen Großen Zapfenstreich der Bundeswehr, der aus Platzgründen auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums und nicht vor dem Kanzleramt stattfinden soll.

Neun Mitarbeiter für die Altkanzlerin

Und danach? Die Kanzlerin hält sich zwar weiter bedeckt, was ihre Zukunftspläne anbelangt. Sie wolle erst mal ausschlafen und dann darüber nachdenken, „was mich so eigentlich interessiert“.

Aber das ist wohl doch geflunkert: Neue politische Ämter hat Merkel zwar ausgeschlossen – aber dass sie keineswegs in Erwägung zieht, sich mit 67 Jahren zur Ruhe zu setzen, zeigt schon die Anmeldung für die Personalausstattung ihres vom Staat finanzierten Altkanzlerinnenbüros: Gleich neun Mitarbeiter will Merkel beschäftigen, zwei mehr als ihr Vorgänger Gerhard Schröder zu Anfang.

Das klingt nach viel Arbeit: Aufgaben in einer Stiftung, als Chefin einer beratenden Kommission oder als Vermittlerin in einem internationalen Konflikt können sich Politiker in Berlin und Brüssel gut für die Kanzlerin a. D. vorstellen.

Merkel hat auch schon klargestellt, dass sie und ihr Ehemann Joachim Sauer in Berlin wohnen bleiben werden. Und Zeit hätte sie privat ja auch: Ihr Gatte hat erst mal keine Zeit für den gemeinsamen Ruhestand, er hat mindestens bis Ende 2022 noch einen Vertrag als Senior-Forscher an der Berliner Humboldt-Uni.

Merkel rechnet dennoch mit Übergangsproblemen: Anfangs werde sie wohl gelegentlich überlegen, was jetzt politisch passieren müsse – bis ihr einfalle, dass sie gar nicht mehr die Regierungsgeschäfte führe, sinnierte sie neulich. Beunruhigt ist sie nicht. Auch wenn künftig Olaf Scholz das Land regiere, „kann ich ruhig schlafen“, sagt Merkel.