Berlin. Finanziell hat die Bundeskanzlerin ausgesorgt. Den Ruhestand will sie entspannt angehen – mancher sieht sie aber schon in neuen Würden.

Das Ende ihrer Amtszeit rückt unerbittlich näher, wahrscheinlich schon in der zweiten Dezemberwoche zieht Angela Merkel aus dem Kanzleramt aus. Kanzlerin außer Dienst (a.D.) mit 67 Jahren: Was macht Merkel dann?

Wenn man der scheidenden Langzeit-Regierungschefin glauben darf, ist noch viel im Fluss. Aber klar ist: Sie und ihr Ehemann Joachim Sauer werden weiter in Berlin und Brandenburg leben – an den Gerüchten über einen Umzug nach Hamburg-Blankenese war nichts dran, wie die Kanzlerin selbst erklärt hat.

Mit Übergangsproblemen rechnet Merkel schon

In Berlin wohnt das Ehepaar in einem denkmalgeschützten Mietshaus in Sichtweite der Museumsinsel, in der Uckermark haben sie ein Wochenendhaus. Und was macht Merkel dort außer der schon legendären Kartoffelsuppe?

Mit leichten Übergangsproblemen, wie sie ja auch andere Ruheständler kennen, rechnet sie schon: Am Anfang, hat die Kanzlerin neulich sinniert, werde sie sich gewiss noch Gedanken machen, was jetzt politisch passieren müsse – bis ihr dann einfalle, dass nun ein anderer die Regierungsgeschäfte führe.

Dass der Nachfolger Olaf Scholz heißen dürfte, ist für sie in Ordnung, die beiden haben stets ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis gepflegt: "Es wird politische Unterschiede geben, das ist ja ganz selbstverständlich. Aber ich kann ruhig schlafen", hat sie jetzt der "Süddeutschen Zeitung" anvertraut. Lesen Sie auch: Abschied nach 16 Jahren: Was bleibt von Angela Merkel?

Merkel will lesen, bis die Augen zufallen

Auf den Gedanken, endlich Freizeit zu haben, freut sich die Kanzlerin nach eigenen Worten sehr. Feste Engagements für die nächsten Jahre hat sie noch nicht oder verrät sie zumindest nicht, nur so viel: Sie will nach dem Auszug aus der Regierungszentrale erst mal richtig Pause machen und in Ruhe überlegen, was sie künftig tun könnte.

Sie wolle darüber nachdenken, "was mich so eigentlich interessiert", dazu habe sie ja in den letzten 16 Jahren wenig Zeit gehabt, erläuterte die Kanzlerin neulich am Rande einer USA-Reise. Augenzwinkernd fügte sie hinzu: Danach werde sie vielleicht etwas lesen, "dann werden mir die Augen zufallen, weil ich müde bin, dann werde ich ein bisschen schlafen, und dann schauen wir mal, wo ich auftauche."

Ihr Faible für russische Literatur ist bekannt, ihre Liebe zur klassischen Musik auch. Auf jeden Fall werde sie nicht gleich die nächste Einladung annehmen aus Angst, dass keiner mehr etwas von ihr wolle, erzählte die Kanzlerin. Weiterlesen: Merkel hoch zu Ross – Reiterstandbild mit Kanzlerin enthüllt

Ehemann Joachim Sauer arbeitet weiter an der Uni

Die erste Zeit des "Schauen wir mal" kann Merkel entspannt angehen, weil ihr Ehemann Joachim Sauer ohnehin noch keine Zeit für den gemeinsamen Ruhestand hat. Eine große, private Amerikareise ist zwar eigentlich seit langem ein Thema.

Aber der 72-jährige Quantenchemiker hat noch einen Vertrag als Senior-Forscher an der Berliner Humboldt-Universität, der läuft erst mal bis Ende 2022. Die Universität schätzt die "außerordentliche Expertise" ihres emeritierten Professors und lobt die "fruchtbare Zusammenarbeit".

Schon deshalb winkt Merkel jetzt bei der Frage ab, ob ihr Ehemann nicht die Sorge habe, dass sie nur zu Hause herumsitze: "Ich glaube, davor hat er nicht solche Angst", meint sie, er habe erstens selbst genug zu tun und zweitens habe sie sich "noch nie dadurch ausgezeichnet, nur zu Hause rumzusitzen".

Ein neues politisches Amt lehnt Merkel ab

An Vorschlägen für neue Aufgaben hat es nicht gemangelt. Viele hätten die Kanzlerin gern als nächste EU-Ratspräsidentin gesehen. Der frühere Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte die Debatte einst im Interview mit unserer Redaktion in Gang gebracht, als er sagte, Merkel wäre hochqualifiziert für ein EU-Amt und werde "sicher nicht in der Versenkung verschwinden".

Spekuliert wurde auch, Merkel werde UN-Generalsekretärin, doch der Job wird so schnell sowieso nicht frei: Antonio Guterres hat erst vor Kurzem eine neue, fünfjährige Amtsperiode begonnen. Merkel versichert aber ohnehin seit Jahren, dass sie keine politischen Ämter mehr anstrebt.

Andere Aufgaben schließt das nicht aus: In einer Stiftung etwa, als Chefin einer beratenden Kommission oder als Vermittlerin in einem internationalen Konflikt können sich Berliner Politikerinnen und Politiker Merkel sehr gut vorstellen.

Ums Geld ginge es dabei sicher nicht: Merkel kann mit monatlich rund 15.000 Euro Ruhegehalt aus ihren Tätigkeiten als Kanzlerin, Ministerin und Bundestagsabgeordnete rechnen. Dazu hat sie bis zum Lebensende Anspruch auf Personenschutz und einen Dienstwagen mit Fahrer sowie ein Büro im Bundestag mit vier Mitarbeitern.