Berlin. Wenn vorab Ausgleichszahlungen fließen, kann man ohne Abzüge in Frührente gehen. Genau das lohnt sich im Jahr 2022 besonders.

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Es ist der Traum vieler Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen schlechthin: So früh wie möglich in Rente gehen und das auch noch ohne Abzüge. Einfach den Ruhestand ohne Geldsorgen genießen. Das kommende Jahr bietet für dieses Ziel eine mehr als günstige Gelegenheit.

Der Grund sind die freiwilligen Ausgleichszahlungen, im Fachjargon als Sonderzahlungen zum Ausgleich von Rentenabschlägen genannt. Durch diese können gesetzlich Rentenversicherte Abzüge auf ihre spätere Rente teilweise oder ganz vermeiden, die bei einem vorgezogenen Ruhestand entstehen würden.

Genau diese Ausgleichszahlungen lohnen sich 2022 ganz besonders. Denn wie hoch sie sein müssen, hängt laut Paragraf 187a des Sozialgesetzbuches unter anderem vom Durchschnittsgehalt aller gesetzlich Versicherten ab.

Rente: Corona lässt Ausgleichszahlungen sinken

Wegen des wirtschaftlichen Einbruches durch die Pandemie sinkt dieses Durchschnittsgehalt erstmals seit mehr als zehn Jahren wieder. Beträgt es 2021 noch 41.541 Euro, werden es 2021 nur noch 38.901 Euro im Jahr sein. Um Abzüge für die spätere Rente auszugleichen, ist im kommenden Jahr also weniger Geld nötig.

Hier können Sie ganz einfach Schritt für Schritt nachrechnen, wie viel Ersparnis für Ihren Traum von der Frührente ohne Abzüge drin ist.

Rente: So berechnen Sie die Höhe ihrer Ausgleichsbeiträge

Um Ihre Ausgleichsbeträge zu berechnen, brauchen Sie sechs Werte.

  1. Die zu erwartende Bruttorente: Das ist der hochgerechnete Wert der Rente, die Sie monatlich erhalten werden, sollten Sie ganz normal in den Ruhestand gehen. Diesen Wert können Sie bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) erfragen, oder ihn zumindest grob mittels eines Rentenrechners bestimmen.
  2. Rentenminderung und Zugangsfaktor: Sie müssen für die Berechnung der Ausgleichsbeiträge im Voraus angeben, wie viele Monate vor der Regelaltersgrenze Sie in Rente gehen wollen. Für jeden Monat werden ihnen 0,3 Prozent von ihrer Bruttorente abgezogen. Nun wissen Sie ihre Rentenminderung in Prozent, aber auch ihren verminderten Zugangsfaktor. Der ergibt sich, wenn Sie ihre gesamte Rentenminderung von 100 Prozent abziehen.
  3. Durchschnittsgehalt aller gesetzlich Versicherten: Das ist der Wert, der die Ausgleichszahlungen 2022 attraktiver macht als 2021. Festgelegt wird er jährlich neu von der Bundesregierung mittels der Verordnung über die Rechengrößen für die Sozialversicherung. 2022 wird das Durchschnittsgehalt von 41.541 Euro auf 38.901 Euro sinken.
  4. Beitragssatz: Der Beitragssatz bestimmt, wie viel Prozent ihres Gehaltes in die Rentenversicherung fließt. Seit 2018 liegt er gleichbleibend bei 18,6 Prozent.
  5. Der Rentenwert: Dieser Wert beziffert das Geld, das Sie pro Entgeltpunkt auf ihrem Rentenkonto später als monatliche Bruttorente ausbezahlt bekommen. Der Rentenwert wird ebenfalls jährlich angepasst und unterscheidet sich zwischen Ost- und Westdeutschland. Der aktuelle Rentenwert beträgt 33,47 Euro (Ost) und 34,19 (West).

Diese sechs Werte müssen Sie nun miteinander nach folgender Formel verrechnen:

((Rentenminderung x Bruttorente) / Zugangsfaktor) x ((Durchschnittsgehalt x Beitragssatz) / Rentenwert)

Rente: Rechenbeispiel für eine Ausgleichszahlung

  • Eine Bäckerin aus Essen hat eine zu erwartende Bruttorente von 2.000 Euro
  • Sie möchte allerdings zwei Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Altersrente gehen. Sie hätte demnach eine Rentenminderung von 7,2 Prozent (24 x 0,3 %). Ihr verminderter Zugangsfaktor liegt also bei 92,8 Prozent (100 - 7,2 %)
  • Die Bäckerin möchte ihre Abzüge durch eine Ausgleichszahlung im Jahr 2021 vollständig ausgleichen. Sie muss mit einem Durchschnittsgehalt von 41.541 Euro, dem Beitragssatz von 18,6 Prozent und einem Rentenwert von 34,19 Euro (West) rechnen
  • Ihre Ausgleichszahlung beträgt also rund 35.068 Euro ((7,2 % x 2000) / 92,8 %) x ((38.901 x 18,6 %) / 34,19)
  • Würde die Bäckerin allerdings mit ihrer Ausgleichszahlung bis 2022 warten, betrüge diese nur noch rund 32.839 Euro ((7,2 % x 2000) / 92,8 %) x ((41.541 x 18,6 %) / 34,19)

Eine satte Ersparnis von 2.229 Euro bei gleichem Ergebnis

Rente: Worauf muss ich bei Ausgleichszahlungen noch achten?

Nicht jeder gesetzlich Versicherte darf beliebig viel Geld einzahlen, um Abzüge bei der Rente auszugleichen. Zunächst einmal geht das erst ab einem Alter von 50 Jahren.

Zweite Bedingung ist, dass auch eine realistische Chance auf eine Versicherungszeit von 35 Jahren besteht. Denn nur wer mindestens 35 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kann vor Erreichen der Regelaltersgrenze mit Abzügen in den Ruhestand gehen.

Zudem ist Vorsicht geboten: Wer sich entschließt, doch nicht früher in Rente zu gehen, kann sich seine Ausgleichszahlung nicht einfach so zurücküberweisen lassen. Der bezahlte Betrag erhöht dann die Bruttorente, statt Abzüge darauf auszugleichen. Eine Ausgleichszahlung sollte also keinesfalls wie eine Geldanlage gesehen werden, die sich schnell reinvestieren lässt.

Ausgleichszahlungen für die Rente: Auch bei der Steuer lässt sich sparen

Zusätzlich zu dem sinkenden Durchschnittsgehalt lässt sich bei Ausgleichszahlungen auch über die Steuer sparen. Denn die Ausgleichszahlungen können als Altersvorsorgeaufwendung in der Steuererklärung geltend gemacht werden. Allerdings nur bis zu einem Höchstbetrag. Der liegt für das Jahr 2022 bei 25.369 Euro. Darin sind auch andere Beiträge, wie zum Beispiel für die Riester-Rente enthalten.

Doch die Ausgleichszahlungen lassen sich aufteilen und so über mehrere Jahre gestreckt von der Steuer absetzen. In späteren Jahren könnten dann allerdings auch wieder höhere Durchschnittsgehälter oder andere veränderte Werte dafür sorgen, dass der nächste Teil der Ausgleichszahlung steigt. Es lohnt sich daher ein Vergleich der jeweiligen Ersparnis.