Stockholm. Der Nobelpreis für Medizin geht an David Julius und Ardem Patapoutian für die Entdeckung von Rezeptoren für Temperatur und Berührung.

Der Medizin-Nobelpreis 2021 geht an die US-Amerikaner David Julius und Ardem Patapoutian. Das teilte das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm mit. Die beiden US-Amerikaner haben die Sensoren identifiziert, die es Menschen ermöglichen, Schmerz, Temperatur und Druck zu fühlen. Ihre Entdeckungen erklären also, warum wir Temperaturen und Berührungen spüren können. Das Wissen werde genutzt, um Behandlungen für eine Reihe von Krankheiten zu entwickeln, darunter chronische Schmerzen.

David Julius nutzte bei seinen Experimenten Capsaicin, eine scharfe Verbindung aus Chilischoten, die ein brennendes Gefühl hervorruft. Mit ihrer Hilfe identifizierte er einen Sensor in den Nervenenden der Haut, der auf Hitze reagiert. Julius wurde in New York geboren und leitet heute die Abteilung für Physiologie an der University of California in San Francisco.

Ardem Patapoutian entdeckte mithilfe druckempfindlicher Zellen eine neue Klasse von Sensoren, die auf mechanische Reize in der Haut und in inneren Organen reagieren. Er wurde in Beirut geboren und kam als Jugendlicher nach Los Angeles, derzeit forscht er am Scripps Research in La Jolla (Kalifornien).

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Nobelpreis: BioNTech galt als ein möglicher Favorit

Im Vorfeld der Verleihung hatten manche vermutet, der deutsche Impfstoffhersteller BioNTech könne die begehrte Auszeichnung erhalten. Andere hielten dagegen, das sei noch zu früh - sie sollten recht behalten. Lesen Sie hier: Uğur Şahin und Özlem Türeci - BioNTech-Gründer machen der Welt Hoffnung

Der Nobelpreis gilt als einer der höchsten Ehrungen in der Wissenschaft. Er ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen dotiert, das entspricht rund 980.000 Euro. Seit 1901 haben 222 Menschen den Medizin-Nobelpreis erhalten, darunter 12 Frauen. Das waren die Preisträger des Medizin-Nobelpreis in den vergangenen zehn Jahren:

  • 2020: Harvey J. Alter (USA), Michael Houghton (Großbritannien) und Charles M. Rice (USA) für die Entdeckung des Hepatitis-C-Virus.
  • 2019: William Kaelin (USA), Peter Ratcliffe (Großbritannien) und Gregg Semenza (USA). Sie hatten herausgefunden, wie Zellen den Sauerstoffgehalt wahrnehmen und sich daran anpassen.
  • 2018: Der US-Amerikaner James Allison und der Japaner Tasuku Honjo für die Entwicklung von Immuntherapien gegen Krebs.
  • 2017: Die US-Forscher Jeffrey Hall, Michael Rosbash und Michael Young für die Erforschung der Inneren Uhr.
  • 2016: Der Japaner Yoshinori Ohsumi, der das lebenswichtige Recycling-System in Körperzellen entschlüsselt hat.
  • 2015: Die Chinesin Youyou Tu, die den Malaria-Wirkstoffs Artemisinin entdeckt hat. Sie teilte sich den Preis mit dem gebürtigen Iren William C. Campbell und dem Japaner Satoshi Omura, die an der Bekämpfung weiterer Parasiten gearbeitet hatten.
  • 2014: Das norwegische Ehepaar May-Britt und Edvard Moser sowie John O’Keefe (USA/Großbritannien) für die Entdeckung eines Navis im Hirn: Sie fanden grundlegende Strukturen unseres Orientierungssinns.
  • 2013: Thomas Südhof (gebürtig in Deutschland) sowie James Rothman (USA) und Randy Schekman (USA) für die Entdeckung von wesentlichen Transportmechanismen in Zellen.
  • 2012: Der Brite John Gurdon und der Japaner Shinya Yamanaka für die Rückprogrammierung erwachsener Körperzellen in den embryonalen Zustand.
  • 2011: Bruce Beutler (USA) und Jules Hoffmann (Frankreich) für Arbeiten zur Alarmierung des angeborenen Abwehrsystems. Ralph Steinman aus Kanada entdeckte Zellen, die das erworbene Immunsystem aktivieren. Er war kurz vor der Verkündung gestorben und bekam den Preis posthum.
  • 2010: Der Brite Robert Edwards für die Entwicklung der Reagenzglas-Befruchtung.

Die Verleihung des Medizin-Nobelpreis stellt den Auftakt der Nobelwoche dar. In den kommenden Tagen werden die weiteren Preisträger und -trägerinnen verkündet. Wie im letzten Jahr auch fällt die glanzvolle Verleihung der Nobelpreise in Stockholm aufgrund der Corona-Pandemie aus. "Im letzten Jahr haben wir die Erfahrung gemacht, dass einige digitale Elemente insgesamt mehr Aufmerksamkeit bekommen haben als die traditionellen Nobelfeierlichkeiten. Wir sind optimistisch, dass uns das auch in diesem Jahr wieder gelingt, sowohl hier in Stockholm als auch international", sagt Vidar Helgesen, Vorsitzender der Nobelstiftung.

Alfred Nobel: Warum der Dynamit-Erfinder Preise stiftete

Die Nobelpreise werden seit 1901 vergeben. In diesem Jahr hätten sie eine besondere Bedeutung, so Helgesen: "Sie sind besonders wichtig, denn es gibt einen Krieg gegen die Wissenschaften. Fakten werden bestritten, Behörden fassen Beschlüsse und ignorieren wissenschaftliche Erkenntnisse. Der UN-Generalsekretär sagte kürzlich, wir müssen den Krieg gegen die Wissenschaften beenden. Wir müssen zu einem neuen Konsens kommen in Bezug auf Fakten, Forschung und Erkenntnissen."

Mit der Stiftung der Nobelpreise wollte der schwedische Forscher und Großindustrielle Alfred Nobel (1833-1896) einen Konflikt lösen, der sein Leben bestimmte: Der Dynamit-Erfinder konnte es nicht verwinden, dass viele seiner Entdeckungen für den Krieg genutzt wurden. Daher vermachte er sein Vermögen einer Stiftung, aus deren Zinsen Preise für jene finanziert werden sollten, die „im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben“. Nobel selbst hatte über 350 Patente angemeldet.

(amw)