Berlin. Im Bundestagswahlkampf spielt die AfD kaum eine Rolle. Trotzdem könnte die Partei die Zahl ihrer Direktmandate bald deutlich steigern.

Wenn am Abend des 26. September feststeht, welche 299 Bundestagsabgeordneten direkt von den Menschen in ihrem Wahlkreis in den Bundestag geschickt werden, dann könnten unter ihnen deutlich mehr AfD-Politiker sein als noch vor vier Jahren. Aktuellen Prognosen zufolge hat die Partei bei der Bundestagswahl Chancen, die Zahl ihrer Direktmandate deutlich zu steigern – von bisher zwei auf bis zu 16.

Das Portal election.de sieht die Partei derzeit in drei Wahlkreisen als wahrscheinlichen Sieger bei den Erststimmen. Bei 13 weiteren sieht election.de einen Vorsprung der AfD. Alle dieser Wahlkreise liegen in ostdeutschen Bundesländern, die meisten davon in Sachsen.

Bundestagswahl: 2017 gewann die AfD drei Direktmandate in Sachsen

Schon 2017 hatte die AfD dort drei Direktmandate erringen können, in denselben Wahlkreisen, wo es ihr laut Prognose auch dieses Mal wahrscheinlich wieder gelingen wird. Auch interessant: Das nächste TV-Triell: Alles was man wissen muss

Im Osten Sachsens zog die damalige AfD-Parteichefin Frauke Petry direkt in den Bundestag ein. Sie verließ die AfD-Fraktion direkt nach der Wahl, der Partei ging das Mandat damit verloren. Auch der heutige Parteichef und Spitzenkandidat Tino Chrupalla gewann sein Mandat 2017 mit Erststimmen.

CDU geschwächt - das beschert AfD mehr Direktmandate

Dass die AfD dieses Mal noch viel mehr Direktmandate für sich gewinnen könnte, liegt vor allem an der Schwäche der CDU, sagt Matthias Moehl von election.de.

In vielen Wahlkreisen zeichne sich bei dieser Wahl ein sehr enges Rennen ab, mit zwei, drei oder sogar vier aussichtsreichen Kandidaturen. „Einige Wahlkreise könnten mit nur 20 Prozent der Erststimmen gewonnen werden“, sagt Moehl. „Und das bringt die AfD wieder ins Spiel.“ Dasselbe gelte allerdings auch für SPD und Linke.

AfD profitiert nicht vom Stimmensplitting

Wen die AfD dabei aufstellt, spielt nach Moehls Einschätzung kaum eine Rolle: Den Wählerinnen und Wählern der Partei ginge es vor allem darum, zum Ausdruck bringen, dass sie gegen die anderen Parteien seien. „Ein populärer Kandidat wird deshalb kaum Stimmen von anderen Parteien holen – umgekehrt wird ein besonders schwacher Kandidat kaum Stimmen verlieren“, sagt Moehl.

Anders als andere Parteien profitiert die AfD deshalb auch nicht vom sogenannten Stimmensplitting, bei dem Wähler und Wählerinnen ihre Erst- und Zweitstimme unterschiedlichen Parteien geben. Umfragen zufolge stagniert der Anteil der Zweitstimmen, mit denen die Partei rechnen kann. Derzeit liegt sie bei 11 bis 12 Prozent. 2017 erreichte sie 12,6 Prozent.

Bundestagswahl 2021: Rennen in vielen Wahlkreisen noch nicht entschieden

Die Prognosen von election.de setzen sich laut Moehl zusammen aus vergangenen Wahlergebnissen, aktuellen nationalen und regionalen Umfrageergebnissen, Annahmen zum Stimmensplitting und Einschätzung der einzelnen Kandidaturen. „Wir bewerten tatsächlich jeden der 299 Wahlkreise einzeln“, sagt er.

Moehl betont allerdings auch, dass in vielen Wahlkreisen das Rennen noch völlig offen ist – und bis zur Wahl sind noch gut zwei Wochen Zeit. „Am Wahlabend kann die Situation ganz anders aussehen als jetzt.“ (tma)