Berlin. Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine Booster-Impfung. Doch darf sich jeder impfen lassen? Wer jetzt die dritte Dosis bekommt.

  • Um den Schutz vor Corona aufrechtzuerhalten, gibt es Booster-Impfungen
  • Inzwischen jede und jeder die Auffrischung erhalten
  • Doch eine Voraussetzung bleibt

Deutschland befindet sich im zweiten Corona-Herbst. Neuinfektionen und Krankenhauseinlieferungen aufgrund von Covid-19 sind in den zurückliegenden Wochen stark gestiegen. Der Schutz gegen den Erreger lässt bei Millionen von Menschen nach, denn ihre Impfung liegt inzwischen mehr als sechs Monate zurück. Ab dieser Zeitspanne verlieren die Corona-Vakzine an Wirkung. Damit sind viele Zweifachgeimpfte bald schlechter gegen das Virus und vor allem gegen die besonders ansteckende Delta-Variante geschützt.

Für Unsicherheit hatte zuletzt der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gesorgt. Er sprach in einem Radiointerview davon, dass alle Interessierten eine Booster-Impfung erhalten könnten. Ärztevertreter hatten die Äußerung kritisiert.

Booster-Impfung: Wer für die Auffrischung in Frage kommt

Das Bundesgesundheitsministerium wies mit Bezug auf die Impfverordnung darauf hin, dass tatsächlich grundsätzlich alle Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch auf die Auffrischungsimpfung haben. Für einige Personengruppen seien diese aber "besonders sinnvoll", so das Ministerium bei Twitter. Man verwies dabei auf eine Liste von Personengruppen auf der Homepage des Ministeriums.

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Dort sind unter anderem jene Gruppen genannt, die Anfang des Jahres als Erste die Spritzen gegen Corona erhalten haben: Hochbetagte, Pflegebedürftige, Patienten mit einer starken Immunschwäche. Aber auch für Menschen, die in engen Kontakt zu diesen Gruppen stehen, oder für solche, die eine Impfung mit den Vakzinen von Johnson & Johnson oder Astrazeneca erhalten haben, ist die Booster-Impfung laut der Liste sinnvoll. Mit Astrazeneca wurden zu Beginn der Impfkampagne unter anderem auch Klinik-, Pflege- und Kitapersonal geimpft.

Inzwischen haben sich aber sowohl das Gesundheitsministerium als auch die Ständige Impfkommission gegen diese Priorisierung ausgesprochen. Weil ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht, kann sich jeder erneut Impfen lassen – unabhängig vom Alter und etwaigen Risikofaktoren.

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© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner

Corona-Booster: Eine Bedingung bleibt

Eine wichtige Voraussetzung für die Booster-Impfung bleibt allerdings: Die zweite Corona-Impfung muss mindestens sechs Monate zurückliegen. Für bestimmte Personen gibt es allerdings Ausnahmen.

Impfungen: Wo und mit welchen Vakzinen wird aufgefrischt?

Der Booster erfolgt mit einem mRNA-Impfstoff. Dies sind die Vakzine der Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna – wobei letzterer Stoff nur selten angeboten wird. Die mRNA-Vakzine werden bei der Drittimpfung unabhängig davon verabreicht, welcher Corona-Impfstoff bisher gespritzt wurde.

Die Mehrheit der Booster-Spritzen wird von Haus- und Fachärzten vorgenommen. Wer den dritten Corona-Piks plant, vereinbart wie auch bei den vorangegangenen Impfungen einen Termin. Manche Hausärzte kommen auch direkt auf ihre älteren und gefährdeten Patienten zu. Pflegebedürftige können von mobilen Impfteams versorgt werden. Zudem sollen Betriebsärzte verstärkt eingebunden werden.

Corona: Warum ist die Gefahr für ältere Menschen größer?

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass gerade die über 80-Jährigen sowie Menschen mit einem geschwächten Abwehrsystem eine schlechtere Immunantwort im Vergleich zu jüngeren Menschen haben. Das bedeutet, dass ihr Immunschutz, den sie durch die Corona-Impfung gegen das Virus aufgebaut haben, oft weniger stark ist. Zudem nimmt er mit der Zeit ab – und zwar offenbar schneller als bei Jüngeren.

Experten gehen davon aus, dass gerade für Ältere und Risikogruppen nach weiteren sechs Monaten der Impfschutz erneut nachlässt und eine vierte Dosis erforderlich werden könnte. Auch Gassen betonte, es müsse "klar sein, dass wir bei beiden Gruppen auch nach der dritten Impfung wahrscheinlich keine starke optimale Immunantwort sehen werden".

Impfung: Was bringt der Booster für Jüngere?

Da die Corona-Impfung bei den meisten Jüngeren weniger als sechs Monate zurückliegt, kommen für sie Booster bisher nicht in Betracht. Dennoch befürchten Mediziner, dass in den Praxen bald auch vermehrt Jüngere nach einer Auffrischung verlangen. "Mich sprechen im Moment sehr viele Menschen an, die eine dritte Corona-Impfdosis wollen, obwohl sie noch gar nicht an der Reihe sind", sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach unserer Redaktion.

Die Politik müsse daher deutlicher klarstellen, welche Gruppen Vorrang haben und welche noch warten müssen. Sonst würden diejenigen nach hinten gedrängt, die die Auffrischung am dringendsten benötigten.

Die Kassenärzte verlangen medizinische Richtlinien für die Drittimpfungen – ähnlich wie im Frühjahr, als Menschen in konkret benannten Altersstufen sowie mit bestimmten Krankheitsbildern Vorrang beim Impfen eingeräumt wurde. Gassen sieht hier aber nicht die Politik, sondern die Ständige Impfkommission (Stiko) am Zug: "Die Stiko wäre für solche Vorgaben die richtige Institution." Bislang empfiehlt die Stiko Auffrischungsimpfungen für Personen ab 70 Jahren.

Stephan Hofmeister, Allgemeinmediziner und Vizechef der Kassenärzte, kritisierte mit Blick auf die Jüngeren das Vorgehen der Politik. Sie schüre "Ängste und Verunsicherung". Stattdessen müsse deren Botschaft an gesunde Erwachsene zwischen 18 und 60 sein: "Ihr seid zweimal geimpft, das reicht, ihr seid geschützt."