Berlin. Bei der neuen Kampagne setzt das Gesundheitsministerium auf einen Hit von Howard Carpendale. Das Video soll die Impfquote steigern.

Die Erleichterung ist der jungen Frau ins Gesicht geschrieben. Gerade hat sie sich gegen Corona impfen lassen. Nun tritt sie auf die Straße – während um sie herum, die Stadt und das Land wieder zu Leben erwacht. Zu einer Cover-Version von Howard Carpendales Klassiker „Hello again“ sind Szenen von Begegnungen zu sehen: Cafés, die öffnen, ein Konzert, was beginnt, eine Überraschungsparty für ein Geburtstagskind, eine Großmutter, die ihre Enkelin drückt, Kinder, die unbefangen in eine Schule rennen, ein Stadion voller Fußballfans. „Holen wir uns das volle Leben zurück“, lautet die Botschaft, die am Ende eingeblendet wird. Und dann: „Jede Impfung zählt.“

Mit diesem Video-Clip will das Bundesgesundheitsministerium ab Freitag (23.7.) für mehr Impfungen werben. Es ist einer von zweien, die in den sozialen Netzwerken wie auch im Fernsehen verbreitet werden. Im Gegensatz zum Horror-Schocker der australischen Regierung, die in einem Impf-Werbespot eine sterbende junge Frau zeigte und dafür massive Kritik einstecken musste, hat sich die Bundesregierung entschieden, in ihrer Kampagne auf den Feel-good-Faktor zu setzen.

Beschworen werden soll ein Lebensgefühl der Leichtigkeit, das in der Pandemie völlig abhanden gekommen ist. Herausgekommen sind schöne gefällige Bilder, mit der man auch für eine Biermarke hätte werben können.

Impf-Spot: Impfstatus der Deutschen reicht nicht für ausreichenden Schutz

Dahinter steckt freilich ein ernstes Problem. Der bisherige Impfstatus der Deutschen reicht noch nicht aus, um ausreichend Schutz vor neuen Corona-Mutationen wie der sich besonders schnell verbreitenden Delta-Variante zu geben. Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) müssten mindestens 85 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft sein, um Herdenimmunität zu erreichen. Bislang liegt die Impfquote bei 47 Prozent.

Mit ihrer Impfkampagne wendet sich die Bundesregierung deshalb jetzt verstärkt an unentschlossene Bürger und Bürgerinnen sowie an die, die noch keine Zweitimpfung haben. Geplant sind neben den zwei TV-Spots auch ein Hörfunk-Spot. Als neue Impfbotschafter wird auf Prominente gesetzt, die vor allem jüngere Zielgruppen erreichen sollen: den Sänger Mike Singer; Handballtorwart Silvio Heinevetter; Schauspielerin Jasna Fritzi Bauer und die Influencerin Nihan Gülaylar. Die einzelnen Kampagnenelemente sollen bilingual auch in Russisch, Türkisch, Arabisch geschaltet werden.

Das sind die Impfquoten in den unterschiedlichen Teilen der Bevölkerung

Eine Befragung des RKI von Ende Juni zeigt, wer sich bislang impfen ließ. Hohe Impfquoten gibt es in den Altersgruppen, die prioritär Impfstoff erhielten: So sind in der Gruppe der 60plus-Jährigen über 84 Prozent mindestens einmal geimpft, mehr als 42 Prozent auch schon zweimal. Bei den Berufsgruppen liegen die Lehrer und Lehrerinnen sowie Erzieher und Erzieherinnen vorn. 84,5 Prozent waren Ende Juni mindestens einmal, 37 Prozent vollständig mindestens.

Beim medizinischen Personal hatten etwas weniger eine Erstimpfung (83,6 Prozent), dafür waren deutlich mehr bereits durchgeimpft (63,8 Prozent). Niedriger war die Quote bei Mitarbeitern von Verfassungsorganen wie Regierung, Verwaltung oder Polizei: Hier waren Stand Ende Juni 19,2 Prozent voll geimpft, knapp die Hälfte mindestens einmal. Menschen, die in einer so genannten kritischen Infrastruktur arbeiten (zum Beispiel in Apotheken oder im Öffentlicher Personennahverkehr) waren Ende Juni zu 44,5 Prozent mindestens einmal und zu 11,4 Prozent vollständig geimpft.

Menschen ohne Migrationshintergrund sind häufiger geimpft als Menschen mit Migrationshintergrund. Fast 67 Prozent der Personen ohne Migrationshintergrund haben mindestens eine Erstimpfung, bei Migranten war es jeder Zweite. Grundsätzlich liege die Impfbereitschaft aber auf einem hohen Niveau, schätze das RKI. Bei der Befragung für den Impfquotenmonitor gaben 62,6 Prozent der Ungeimpften an, sich „auf jeden Fall“ bzw. „eher“ impfen lassen zu wollen. Insgesamt hatte das RKI zwischen dem 17. Mai und dem 9. Juni 3004 Menschen repräsentativ befragen lassen.