Madrid. Die Corona-Fallzahlen steigen auf der Balearen-Insel massiv an. Jetzt reagiert die Regierung mit harten Regeln. Was genau geplant ist.

„Das Trinken von Alkohol im öffentlichen Raum ist verboten“, schallt es aus dem Lautsprecher des Streifenwagens, der am späten Abend über die Promenade an der Playa de Palma auf der Ferieninsel Mallorca rollt. Die meist jüngeren Feiernden, die in Gruppen auf der Mauer der Meeresallee oder am Strand hocken, stört diese Ansage wenig. Sie lassen Sangria-Flaschen und Bierbüchsen vorübergehend in Plastiktüten verschwinden. Kaum sind die Beamten außer Sichtweite, geht die Party bis in die frühen Morgenstunden weiter.

So läuft es seit Wochen. Seit das nächtliche Ausgehverbot Anfang Juni fiel, ist die Playa de Palma, Mallorcas bekannteste Vergnügungsmeile, wieder zur größten Open-Air-Partyzone der Insel geworden. Vor allem deutschsprachige Touristen feiern in diesem Strandviertel gerne, das wegen seiner vielen Biergärten und Partytempel auch „Ballermann“ genannt wird. Tausende Menschen drängeln sich in diesen tropischen Sommernächten auf den Straßen und trinken sich zusammen mit Freunden in Stimmung – meist ohne Maske und ohne Abstand.

Mallorca: Versammlungsverbote und eingeschränkte Öffnungszeiten

Ideale Bedingungen für das Coronavirus, das sich wieder stark auf Mallorca ausbreitet und die Feriensaison in Gefahr bringt. Deswegen zog die Inselregierung nun die Spaßbremse: Die Strände werden künftig um zehn Uhr abends gesperrt. Zudem tritt ein nächtliches Versammlungsverbot auf Mallorca in Kraft, das einem Partybann gleichkommt. Von kommendem Wochenende an dürfen sich von ein Uhr bis sechs Uhr morgens nur noch Menschen treffen, die in einem Haushalt zusammenleben. Dieses Verbot gilt für die Öffentlichkeit und für Privaträume.

Auch für Touristen, die in diesem Sommer wieder in Massen auf die Insel fliegen, gibt es keine Ausnahme. Die Urlauber dürfen zu diesen nächtlichen Stunden nur noch zusammen sein, wenn sie im selben Hotelzimmer, Appartement oder Ferienhaus eingecheckt sind. Mit diesem Versammlungsverbot soll dem außer Kontrolle geratenen Partytreiben ein Riegel vorgeschoben werden. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, legte die Inselregierung diesen Beschluss noch dem Obersten Gerichtshof der Baleareninseln zur Prüfung vor.

Damit sich das feuchtfröhliche Geschehen nicht in die Bier- und Weinschänken verlagern, müssen diese nun früher die Rollgitter herunterlassen. Statt um zwei Uhr morgens ist künftig ebenfalls schon um ein Uhr Schluss. Zudem wird die Zahl der Gäste pro Tisch wieder reduziert: Auf den Außenterrassen dürfen nur noch acht Personen zusammensitzen, in den Innenräumen nur noch vier. Alle müssen brav am Tisch bleiben – Tanzen und mit dem Glas in der Hand herumlaufen ist untersagt. Geschäfte dürfen übrigens schon von 22 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen.

Hohe Geldstrafen drohen

Bei Verstößen drohen harte Strafen. Wer das nächtliche Partyverbot ignoriert, muss mit bis zu 1000 Euro Buße rechnen. 2000 Euro werden fällig, wenn der Ertappte bei den Behörden als enge Kontaktperson eines Infizierten registriert ist. Und 5000 Euro sollen gar jene zahlen, die positiv getestet wurden und sich trotzdem ins bierselige Geschehen stürzen.

Diese neuen Regeln sollen auf Mallorca kommen:

  • Um Partys und Trinkgelage vor allem junger Leute unter freiem Himmel zu bekämpfen, sollen Strände und Parks künftig von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr geschlossen werden.
  • Auch Gaststätten müssen auf Mallorca künftig wohl wieder etwas früher schließen, und zwar um 1.00 Uhr statt um 2.00 Uhr.
  • Maximal dürfen im Innenbereich von Gaststätten dann noch Gruppen von vier Personen an einem Tisch sitzen, im Außenbereich acht.
  • Von 1.00 Uhr bis 6.00 Uhr dürfen sich der Zeitung zufolge nur noch Personen treffen, die im selben Haushalt leben.
  • Gemeinsam eingecheckte Hotel- oder Fincagäste sollen dabei als ein Haushalt gelten.

Ob die weitgehende Stilllegung des Nachtlebens die gigantische Corona-Welle auf der Insel noch aufhalten kann, wird man sehen. Wochenlang hatte die Inselregierung weitgehend untätig der Virusexplosion zugesehen. „Die Lage ist unter Kontrolle“, lautete bisher die offizielle Botschaft. Und: „Der Urlaub auf der Insel ist sicher.“ Mit der Wirklichkeit hatte dies in den letzten Tagen wohl nur noch wenig zu tun.

Zwar hat die Mehrheit der Infizierten keine oder nur leichte Symptome. Aber wenn sich Urlauber anstecken, ist die Erholung trotzdem schnell dahin: Touristen, die vor dem Rückflug positiv getestet wurden, berichteten zum Beispiel, dass sie über die telefonische Corona-Hotline der Insel niemanden erreichen konnten und sich von den Behörden im Stich gelassen fühlten. Das Quarantäne-Hotel, das für infizierte Touristen bereitgestellt wurde, ist inzwischen so voll, dass nun eine zweite Quarantäne-Herberge unter Vertrag genommen werden musste.

Gesundheitsbehörden sind überfordert

„Die Gesundheitsbehörden sind mit der Nachverfolgung der Kontaktpersonen überfordert“, titelt die Zeitung „Diario de Mallorca“. In den Krankenhäusern auf den Baleareninseln ist die Belegung zwar noch nicht kritisch, aber die Zahl der eingelieferten Covid-Patienten stieg zuletzt auf mehr als 200. Nicht dringend notwendige Operationen müssen wegen des steigenden Drucks bereits verschoben werden. Die Zahl der Inselrückkehrer, die nach dem Abflug in der Heimat mit Covid-Symptomen aufwachen, wächst ebenfalls.

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    Am Dienstag meldeten die Inselbehörden für Mallorca, wo die Delta-Variante bereits vorherrschend ist, eine 7-Tage-Inzidenz von 349 Fällen pro 100.000 Einwohner. Der mittlere Wert für alle Baleareninseln, zu denen auch Ibiza, Menorca und Formentera gehören, betrug sogar 371. Damit ist Mallorca inzwischen eines der europäischen Feriengebiete mit der höchsten Ansteckungsrate. Experten warnen bereits davor, dass Mallorca diesen Sommer auf dem Weg ist, zum Ischgl Europas zu werden.