Washington. In den USA sind bereits sieben Millionen Kinder zwischen 12 und 17 Jahren gegen Corona geimpft. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Seit der zweiten Mai-Woche sind in den Vereinigten Staaten nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC über sieben Millionen Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren mindestens ein Mal mit einer Corona-Impfung versorgt worden. Diese Altersgruppe stellt in den USA 17 Millionen Menschen.

Während in Europa der Nutzen, diese Altersgruppe zu impfen, noch kontrovers diskutiert wird, appellieren die Verantwortlichen in den USA, auch der Verband der Kinderärzte (American Academy of Pediatrics), fast einhellig an die Eltern, die Jüngeren so vor einer Infektion zu schützen.

Wichtigste Gründe: Der Nutzen der Impfung überwiege das Risiko von bisher selten festgestellten Nebenwirkungen bei weitem. Und: Ohne die Minderjährigen zu impfen, sei das Ziel der Herden-Immunität nicht zu erreichen. Die wichtigsten Fakten im Überblick.

Einem Jungen wird ein Mund-Nasen-Schutz auf gesetzt. Auch Kinder haben mit den Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung zu kämpfen.
Einem Jungen wird ein Mund-Nasen-Schutz auf gesetzt. Auch Kinder haben mit den Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung zu kämpfen. © imago images/Cavan Images | imago images/Cavan Images

Kinder und Corona: Wie war die Ausgangslage in den USA?

Ein CDC-Expertengremium hatte am 13. Mai für die Verabreichung des Corona-Impfstoffs von Pfizer/Biontech für Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren votiert. Diese Altersgruppe stellt in den USA 17 Millionen Menschen.

Kurz darauf ließ die Arzneimittelbehörde FDA den Impfstoff für diese Altersgruppe zu. Die bereits existierende Notfallzulassung zur Impfung ab 16 Jahren wurde erweitert. Dahinter steht die Erkenntnis, dass auch Kinder gegen eine Ansteckung nicht gefeit sind und das Virus als Überträger weitergeben können.

Corona: Wie oft waren Kinder und Jugendliche in den USA bisher betroffen?

Nach offiziellen Statistiken waren bisher rund vier Millionen Kinder und Jugendliche in den USA mit Covid-19 infiziert. Neben Tausenden Krankenhausaufenthalten, darunter 4000 Fälle von besonders schweren Reaktionen des Immunsystems (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome), wurden mindestens 300 Todesfälle registriert.

Zum Vergleich: Seit Ausbruch der Pandemie im Winter 2020 starben in den Vereinigten Staaten bis heute über 600.000 Menschen an der Virus-Infektion. In der Gesamtbevölkerung gab es über 33 Millionen Infizierte.

Kritiker und Skeptiker sagen darum: Kinder sind selten schwer von Corona betroffen - warum also impfen? Mediziner halten dem entgegen, dass im Winter 2019/2020 deutlich weniger Kinder (exakt 188) an der konventionellen Grippe gestorben sind.

Kinder: Ist der Impfstoff identisch mit dem, den Erwachsene bekommen?

Ja, Zwölfjährige erhalten die gleiche Dosis wie Mutter und Vater.

Kinder und Impfung: Was ist bisher über Nebenwirkungen bekannt?

Nach Angaben von CDC-Direktorin Rochelle Walensky sind seit Mai rund 300 Fälle von Myocarditis (Herzmuskelentzündung) kurz nach der Impfung gemeldet worden. In den allermeisten Fällen seien die Entzündungen, verbunden mit leichten Schmerzen im Brustkorb, nach einigen Tagen von allein verschwunden. Ein Kausal-Zusammenhang zwischen Nebenwirkung und Impfstoff ist bisher nicht belegt. Auch interessant: Delta-Variante - Warum die Schnelltests sie nicht erkennen

Abgesehen davon sagen alle staatlichen und medizinischen Stellen einhellig: Es gibt keine grundsätzlichen Sicherheitsbedenken für die Altersklasse der 12 bis 15-Jährigen. Der Impfstoff habe in den vorgeschriebenen Tests einen nahezu 100-prozentigen Schutz vor Corona unter Beweis gestellt. Bei 2300 Test-Personen gab es 19 Corona-Infizierte. Sie stammten allesamt aus einer Gruppe, der Placebos (Schein-Präparate) verabreichten wurde.

Eine Ärztin mit Maske untersucht ein Kind, das ebenfalls eine Maske trägt.
Eine Ärztin mit Maske untersucht ein Kind, das ebenfalls eine Maske trägt. © Shutterstock/FamVeld | Shutterstock/FamVeld

Impfung: Was ist mit Kindern unter zwölf Jahren?

Mit 50 Millionen hat diese Altersklasse in einer Gesamtbevölkerung von rund 340 Millionen entscheidendes Gewicht bei der Frage, wie Herden-Immunität zu erreichen ist. Pfizer/Biontech testet derzeit bereits landesweit in der Altersklasse 6 bis 11 Jahre.

Moderna, der anderen große Impfstoff-Produzent, behandelt im gleichen Alterssegment auch Kinder in Kanada. Beide Versuchsreihen werden von Universitäten im Bundesstaat Maryland wissenschaftlich begleitet. Im Herbst werden erste belastbare Ergebnisse erwartet. Von Zwischenfällen ist bisher nichts bekannt. Lesen Sie hier: Schutz vor Delta - So wirksam sind die Corona-Impfstoffe

Bei den Testreihen wird mit niedrigeren Impf-Dosierungen gearbeitet - zunächst zehn Mikrogramm, was einem Drittel der Dosis entspricht, die Erwachsene bekommen. Demnächst sollen auch Kleinkinder ab sechs Monaten in einem klinischen Versuch behandelt werden - mit drei Mikrogramm pro Impfung. Insgesamt sollen über 10 000 Kinder unter zwölf Jahren an den Tests beteiligt werden. Dr. Anthony Fauci, der oberste Corona-Experte der US-Regierung, geht davon aus, dass zu Beginn des kommenden Jahres Kinder aller Altersstufen geimpft werden können.

Delta-Mutation: Welchen Einfluss hat die Corona-Variante?

Die Delta-Variante beschleunigt die Diskussion in den USA enorm. Die Regierung, das CDC und die Ärzteschaft appellieren gleichermaßen an Eltern, ihren Nachwuchs nicht ungeschützt in das im Spätsommer beginnende Schuljahr gehen zu lassen. Kinder könnten, einmal geimpft, vor allem „indoors” allen Aktivitäten problemlos und ohne Schutzmaske nachgehen, die bisher allenfalls unter freiem Himmel als unbedenklich galten. Mehr zum Thema: Delta-Variante - So gefährlich wird Olympia in Tokio

Scott Gottlieb, der frühere Chef der Arzneimittelbehörde FDA, sagte im US-Fernsehen, dass durch die Mutation Schulen ab Herbst voraussichtlich zu bevorzugten Infektionsherden würden, wenn nicht ausreichend viele Kinder bis dahin geimpft sind.

Hat die Corona-Impfung Einfluss auf den Schulbesuch ab Herbst?

Diese Entscheidungen werden in den USA auf Ebene der Bundesstaaten getroffen. Die meisten haben bisher nicht erkennen lassen, dass sie die Impfung zur Voraussetzung für das Betreten eines Klassenraums machen wollen. Bevor die Impfung für diese Altersklasse nicht die vollständige Zulassung durch die Arzneimittelbehörde FDA hat, wird nicht damit gerechnet.