Berlin. Das Programm der CDU und CSU zur Bundestagswahl wurde vergleichsweise spät vorgestellt. Die wichtigsten Forderungen zusammengefasst.

  • Auch bei der Bundestagswahl 2021 tritt die Union aus CDU und CSU mit einem gemeinsamen Wahlprogramm an
  • Darin machen die Parteien klar, wie sie Deutschland fit für die Zukunft machen wollen
  • Das sind die zentralen Forderungen und Vorhaben der Schwesterparteien

CDU und CSU haben einstimmig ihr Wahlprogramm beschlossen. Armin Laschet soll die Union ins Kanzleramt führen. Knapp 100 Tage vor der Wahl am 26. September demonstrieren der CDU-Chef und sein Unions-Gegenpart, CSU-Chef Markus Söder, Geschlossenheit - nach einem wochenlangen zähen Machtkampf. Doch was sind die Kernpunkte des Programms?

Im Grunde geht es vor allem um drei Aspekte:

  • Der Klimaschutz soll gestärkt werden - Deutschland soll aber als Industriestandort fortbestehen
  • Steuererhöhungen werden abgelehnt - größere Entlastungen soll es allerdings auch nicht geben
  • Die Alterssicherung soll eine vierte Säule hinzubekommen

Das Papier ist mit einem Umfang von knapp 140 Seiten deutlich gestraffter als zuletzt kursierende Entwürfe. Es trägt den Titel „Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland.“ Die zentrale Botschaft: Andere stehen für den „radikalen, unberechenbaren Wandel“ - die Union hingegen wolle „das Gute besser machen“. So heißt es in einem Begleitpapier zum Programm. Damit versucht sie sich deutlich von anderen Parteien, vor allem den Grünen, abzuheben.

In der gemeinsamen Vorstandssitzung sei „intensiv diskutiert“ worden, dabei habe es jedoch nur „wenige strittige Punkte“ gegeben, erfuhr AFP von Teilnehmenden. Die Parteichefs hätten auf Geschlossenheit und Gemeinsamkeit gesetzt. Jeder, der versuche, CDU und CSU „auseinanderzubringen“, werde „scheitern“, wurde CSU-Chef Markus Söder zitiert.

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Wahlprogramm der CDU/CSU: Zentrale Forderungen aus dem Papier

Steuern:

  • Steuererhöhungen erteilt die Union trotz der immensen Staatsschulden eine Absage. An der Schuldenbremse will sie unbedingt festhalten. Außerdem will sie Wählerinnen und Wähler mit kleinen und mittleren Einkommen bei der Einkommensteuer entlasten. Der Solidaritätszuschlag soll für alle schrittweise wegfallen.
  • „Gerade nach der Pandemie sind Steuererhöhungen der falsche Weg. Sie stehen dem notwendigen Aufschwung unserer Wirtschaft entgegen“, heißt es in dem Papier. Allerdings werden in dem Entwurf auch keine großen steuerlichen Entlastungen angekündigt. Man stehe für eine solide Finanzpolitik: „Wir versprechen nichts, was wir nicht einhalten können.“

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Wirtschaft:

  • In einem „Entfesselungspaket“ für die Wirtschaft wird eine „wettbewerbsfähige Unternehmensteuer“ angekündigt. „Wir wollen die Steuerlast für Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, perspektivisch auf 25 Prozent deckeln“, heißt es in dem Papier. Unternehmen sollten von Bürokratiekosten in Milliardenhöhe entlastet werden.
  • Die Lohnnebenkosten sollen demnach „auf einem stabilen Niveau von maximal 40 Prozent“ gehalten werden. Die Minijobgrenze von 450 Euro soll auf 550 Euro erhöht werden. Zudem solle diese Grenze mit Blick auf die Entwicklung des Mindestlohns regelmäßig überprüft werden.

Klima:

  • Kern soll eine Mischung aus Klimaschutz, Wirtschaft und sozialem Ausgleich sein, so heißt es bei der Union. Man setze die Treibhausgasneutralität Deutschlands bis zum Jahr 2045 konsequent um. CDU und CSU setzten auf „das Instrument eines Emissionshandels“. Entstehende Mehrbelastungen sollten mit „gezielten Entlastungen in den Bereichen Wohnen und Mobilität“ kompensiert werden. Man strebe einen europäischen Emissionshandel mit einheitlichem Preis und globaler Anschlussfähigkeit an. Lesen Sie mehr: Klimaschutz: Solaranlagen-Pflicht ist offenbar vom Tisch
  • Der Aufwuchspfad der CO2-Bepreisung solle gestrafft und „so schnell wie möglich zu einem am Markt gebildeten Preis im neu zu etablierenden europäischen Emissionshandel für Mobilität und Wärme übergehen“. Konkrete CO2-Preise werden nicht genannt. Die Einnahmen sollten über den Strompreis voll an Bürger und Unternehmen zurückgegeben werden, „als erstes“ über die Abschaffung der EEG-Umlage.
Protest gegen VW-Steinkohlekraftwerk in Wolfsburg: Ein Polizist holt einen Klimaaktivisten von einer Maschine herunter.
Protest gegen VW-Steinkohlekraftwerk in Wolfsburg: Ein Polizist holt einen Klimaaktivisten von einer Maschine herunter. © Bodo Marks/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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Rente:

  • Die Union verspricht, eine Doppelbesteuerung von Renten zu verhindern. Sie peilt zudem eine neue Form der kapitalgedeckten Altersvorsorge an. „Dafür kann eine Generationenrente für eine Altersvorsorge von Geburt an ein guter Baustein sein“, heißt es in dem Papier. Man wolle prüfen, wie man eine solche Generationenrente mit einem staatlichen Monatsbeitrag zur Anlage in einen Pensionsfonds mit Schutz vor staatlichem Zugriff ausgestalten könne. Lesen Sie auch: Hartz IV: Das planen die Parteien in ihren Wahlprogrammen
  • Ziel sei es, mit einem attraktiven Instrumentenmix Altersarmut wirksam zu vermeiden. Frühere konkretere Überlegungen, dass der Staat dafür ab Geburt bis zum 18. Lebensjahr für jedes Kind 100 Euro pro Monat in einen Generationen-Pensionsfonds einzahlen solle, sind in dem jüngsten Entwurf nicht mehr enthalten. Ebensowenig taucht die Forderung nach einer Anhebung des Renteneintrittsalters auf, wie Experten sie kürzlich erhoben hatten. Auch interessant: Rente und Wahlkampf: Das planen Grüne, CDU, AfD und SPD

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Verkehr:

  • Die Union will laut Programm sowohl auf Elektromobilität setzen als auch auf synthetische Kraftstoffe für Autos. Diese neuen Kraftstoffe sollen - ebenso wie Wasserstoff - künftig auch im Schwerlastverkehr eingesetzt werden. CDU/CSU wollen einen Fahrplan erarbeiten, wie Klimaneutralität im Straßenverkehr erreicht werden soll. Konkreter wird es an dieser Stelle nicht. Anders als in früheren Entwürfen ist auch nicht mehr die Rede vom Jahr 2035 als Endzeitpunkt des fossilen Verbrennermotors.
  • Ein Dieselfahrverbot wird ebenso abgelehnt wie ein generelles Tempolimit auf Autobahnen. Die Union setzt stattdessen auf „moderne Verkehrssteuerung“. Die Union kündigt zudem einen bedarfsgerechten Ausbau der Bahn-Infrastruktur an. Nachtzüge gehörten zum Mobilitätsmix der Zukunft. Um Autobahnstaus zu verhindern und Klimaziele zu erreichen, solle mehr Güterverkehr auf die Schiene und auf Binnenschiffe.
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Landwirtschaft:

  • Diese verdiene mehr Wertschätzung, heißt es in dem Programm. „Wir wollen sie aus dem Hamsterrad der permanenten Effizienzsteigerung und Landwirtschaft unter Industriebedingungen befreien.“ Man werde ein „Tierwohlstall-Förderungsgesetz“ erlassen und emissionsneutrale Modellställe entwickeln.
  • Zur Sicherung der Weidetierhaltung setze sich die Union für eine Überprüfung des strengen Schutzstatus des Wolfs im europäischen Naturschutzrecht ein.

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    Staat und Verwaltung:

    • Zu analog, zu bürokratisch, zu wenig vernetzt: So lautet das vernichtende Urteil im Unionsprogramm über den Zustand der deutschen Verwaltung. Künftig solle das digitale Verwaltungsverfahren zum Regelfall, Planungs- und Genehmigungsverfahren sollten beschleunigt werden. In einer Föderalismusreform will die Union die Aufgaben von Bund, Ländern und Kommunen auf den Prüfstand stellen.
    • Angekündigt wird auch eine Analyse der staatlichen Aufgaben. Es brauche neue Kooperationsformen zwischen den Ländern, um die Digitalisierung der Bildung zu verbessern. Wie diese aussehen könnten, erläutert die Union nicht. Die Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und kommunaler Ebene wollen CDU und CSU zeitgemäß ordnen, es solle eine aufgabengerechte Finanzverteilung geben.
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    Innere Sicherheit:

    • Die Union verspricht einen „starken Staat“, der die Bürger schützt. Dazu sei ein „Update aller Sicherheitsbehörden“ notwendig mit mehr Personal, einer besseren Ausstattung sowie zeitgemäßer Kompetenzen und Befugnisse. Wo Bund und Länder etwa im Kampf gegen Verfassungsfeinde, Terroristen, bei Cyberattacken oder bei nationalen Katastrophen in Angelegenheiten der Sicherheit des Bundes zusammenarbeiteten, sei eine stärkere Koordinierung nötig.
    • Die Union fordert mehr Polizeipräsenz und die Entlastung der Polizisten von bürokratischen Aufgaben. Videoüberwachung solle ausgebaut und der Schutz der Einsatzkräfte verbessert werden. Kriminelle Clans „dürfen keine ruhige Minute mehr haben“, heißt es in dem Entwurf.
    • Der Rechtsextremismus bleibe die größte Bedrohung für die offene Gesellschaft, es sei besorgniserregend, dass rechtsextreme, ausländerfeindliche und antisemitische Straftaten zugenommen hätten. Die Union will in diesem Zusammenhang Spezialeinheiten der Polizei für ungeklärte Fälle schaffen. Auch dem gewaltbereiten Linksextremismus müsse konsequent begegnet werden. „Der anwachsende Antisemitismus in unserem Land beschämt uns“, heißt es in dem Papier. Lesen Sie auch: CDU: Wie stark wird das rechte Lager in der Union?

    Wohnen:

    • Bis 2025 sollen nach Unions-Zielen mehr als 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen. Als Investitionsanreiz sollen die befristeten Abschreibungsmöglichkeiten beim Mietwohnungsbau verlängert werden. Zudem soll es ein Bundesbauprogramm für Mitarbeiterwohnungen und Anreize für den Bau von Werkswohnungen geben.
    • Bei der energetischen Sanierung des Gebäudebestands müssten Mieter vor finanzieller Überlastung geschützt werden, heißt es im Programm. Die steuerliche Förderung insbesondere bei der energetischen Sanierung von Betriebsgebäuden und vermieten Wohnungen solle weiter verbessert werden.
    • Den Ländern soll ermöglicht werden, einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer beim erstmaligen Kauf selbst genutzten Wohnraums von 250.000 Euro pro Erwachsenen plus 100.000 Euro pro Kind zu gewähren.

    Internationale Politik:

    • Die Union will, dass Deutschland im Rahmen von EU, Nato, Vereinten Nationen und anderen Organisation „aktiv zur internationalen Krisenbewältigung und zur Gestaltung der Weltordnung beiträgt“. Im Entwurf heißt es: „Das Modernisierungsjahrzehnt, mit dem wir Deutschland weltpolitikfähig machen, kann nur mit neuer außenpolitischer Stärke gelingen.“
    • China müsse auf Augenhöhe begegnet werden, dessen Machtwillen müsse in enger Abstimmung unter anderem mit den transatlantischen Partnern mit Stärke und Geschlossenheit entgegengetreten werden. Wo es möglich sei, müsse aber eine enge Zusammenarbeit mit China angestrebt werden - im Rahmen eines fairen Wettbewerbs. Die Union will sich für eine europäische China-Strategie einsetzen.
    • Russland fordere „unsere Werte heraus. Wir wollen nicht, dass daraus wieder eine ernsthafte 214 militärische Bedrohung für uns in Europa wird“, heißt es in dem Programm. Die Union werde sich weiter für ein Ende des Konflikts in der Ostukraine und für eine Rückkehr zum legitimen völkerrechtlichen Status der Krim einsetzen.

    Europa:

    • Der innere Zusammenhalt der EU dürfe durch die Aufnahme neuer Mitglieder nicht geschwächt werden. Einen EU-Beitritt der Türkei werde es mit der Union nicht geben. Im Abschnitt zur Migration heißt es, Menschen in Not solle geholfen und Migration zugleich wirksam gesteuert und begrenzt werden. Über die bestehenden Regelungen hinaus solle kein weiterer Familiennachzug gewährt werden.
    • Bleiberechtsmöglichkeiten abgelehnter Asylbewerber sollten stärker eingeschränkt und der „Druck auf Identitätstäuscher und Mitwirkungsverweigerer“ deutlich erhöht werden. Ausreisepflichten sollten besser durchgesetzt, Sammelabschiebungen durch „Gewahrsamseinrichtungen“ an Flughäfen erleichtert werden.

    Kultur:

    • „Wir bewahren unsere Traditionen. Für CDU und CSU ist der Kulturföderalismus in Deutschland mit seinem historisch gewachsenen Reichtum an regionalen Identitäten eine bereichernde Kraft der Vielfalt, die es zu wahren gilt“, heißt es.
    • Die Union stehe für die „Pflege und den Erhalt alter Bräuche, Trachten und Volkstänze sowie heimatlichen Liedguts. Dabei werden wir insbesondere die Laien- und Amateurmusik sowie die freien Ensembles unterstützen.“

    Weltraum:

    • Die Programmatik der Union macht auch vor dem All nicht halt. Die Raumfahrt wird zur Schlüsselindustrie erklärt, von der auch der Mittelstand profitieren soll. „Wir werden ein Weltraumgesetz beschließen, das gründer- und mittelstandsfreundlich ist“, heißt es dazu. Und weiter: „Wir werden uns auf internationaler Ebene für eine nachhaltige Nutzung des Weltraums einsetzen, um auch nächsten Generationen den Zugang zum All zu ermöglichen.“

    Mütterrente fällt raus

    Bei der Mütterrente hatten sich CDU und CSU im Vorfeld nicht einigen können. Der Punkt war aus dem Programm geflogen. Führende CDU-Vertreter hatten die Aufnahme der Mütterrente in das gemeinsame Manifest aus Finanzgründen strikt abgelehnt. Söder hofft aber, dass das Thema in Koalitionsverhandlungen diskutiert werden könne.

    Bislang bekommen Mütter oder Väter, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, in der Regel nur 2,5 Rentenpunkte pro Kind anerkannt. Bei den danach Geborenen sind es 3 Rentenpunkte. Die CSU strebt hier eine Angleichung an. Die Ausweitung der Mütterrente dürfte sich daher im CSU-Wahlprogramm für Bayern wiederfinden.

    Mehr zu den Wahlprogrammen der anderen Parteien:

    (dpa/afp/fmg)