Rotterdam. Kandidaten aus 26 Ländern sind zum Finale des ESC 2021 in Rotterdam angetreten. Wer waren im Vorfeld die Favoriten und Außenseiter?

2020 fiel der Eurovision Song Contest aus. Mit einem Jahr Verspätung konnte Rotterdam den Wettbewerb nun doch noch austragen und hat ihn als Feldversuch genutzt – 3500 getestete Personen durften in die Halle.

Auf der Bühne ging es in einen Jazzkeller, in einen weißen Wald und ins Universum – es wurde geschrien, gerockt, getanzt und die Hoffnung geweckt, dass Konzerte bald wieder ganz normal sein können. ESC 2021: Lesen Sie hier, wie die Show in Rotterdam lief

Einzige Wermutstropfen: Wegen positiver Corona-Tests konnte Island nicht live auftreten und auch Duncan Laurence, der mit „Arcade“ 2019 den Song Contest gewann und nach Rotterdam holte, befand sich in Quarantäne. Die Finalistinnen und Finalisten im Überblick.

ESC 2021: Das waren die Finalisten

1. Zypern

Elena Tsagrinou: El Diablo

Elena hat sich mit dem Teufel eingelassen: Herausgekommen ist eine plumpe Lady-Gaga-Imitation aus einer skandinavischen Eurovisionsschmiede.

2. Albanien

Anxhela Peristeri: Karma

Balkanschmerz in Vollendung, ein Blick in den tiefen Abgrund der Seele, dazu die Windmaschine: Immerhin geht es um die Katharsis einer Diva.

Die Sängerin Anxhela Peristeri tritt für Albanien an.
Die Sängerin Anxhela Peristeri tritt für Albanien an. © dpa | Soeren Stache

3. Israel

Eden Alene: Set Me Free

Mit ihrer tanzenden Entourage mischt die „X Factor“-Israel-Siegerin mit höchsten Tönen jede Party auf. Gute ESC-Ware – Kostümwechsel inbegriffen.

4. Belgien

Hooverphonic: The Wrong Place

Schau bitte nicht so böse, möchte man Sängerin Geike Arnaert anflehen. Hooverphonic inszeniert das Thema „Missratener One-Night-Stand“ authentisch mit einem solidem Trip-Hop-Song. Auch interessant:„Free ESC“: Ein Altmeister gewinnt Stefan Raabs Show

5. Russland

Manizha: Russian Woman

Von der Autoscooter-Matrjoschka in den roten Over­all einer russischen Arbeiterin – die Tadschikin Manizha (29) setzt ein Zeichen für Frauen-Power zwischen Tradition und Rap. In Russland wird sie dafür angefeindet.

6. Malta

Destiny: Je Me Casse

Die 18-Jährige fegt mit ihrer Mega-Soul-Stimme alle Widerstände von der Bühne. Sie weiß, was sie will, und keiner soll sie dumm anmachen. Mitreißende Body Positivity!

7. Portugal

The Black Mamba: Love Is On My Side

Ein glücklich-melancholischer Song wie im Jazzclub um die Ecke: Langsam erst wirkt das Gift der Mamba, und die charakteristische Stimme gräbt sich ins Ohr.

8. Serbien

Hurricane: Loco Loco

„Loco Loco“ : Männer sollen den Verstand verlieren angesichts des serbischen Wirbelsturms von Sanja, Ksenija und Ivana. Balkan-Pop mit Körpereinsatz.

9. Großbritannien

James Newman: Embers

Der 35-jährige Brite hat zwar Angst vor Pyrotechnik, will aber aus der Glut (Embers) wieder ein Feuer entfachen. Nette, banale Blechbläser-Hymne.

10. Griechenland

Stefania: Last Dance

In grünen Stoff verhüllte Tänzer nutzen die Tricks der Greenbox für ein Spektakel mit tanzenden Shorts, unvollständigen Körpern und unsichtbaren Treppen. Der Song selbst stört dabei nicht wirklich.

Es grünt so grün: Die Sängerin Stefania tritt mit dem Song „Last Dance“ für Griechenland an.
Es grünt so grün: Die Sängerin Stefania tritt mit dem Song „Last Dance“ für Griechenland an. © dpa | Soeren Stache

11. Schweiz

Gjon’s Tears: Tout l’Univers

Berührender, in höchsten Tönen klagender Chanson über den Kreislauf des Lebens mit artifizieller Choreo. Favorit!

12. Island

Daði og Gagnamagnið: 10 Years

Nerdige Isländer mit Kultstatus: einzigartige Kostüme, pointierte Choreografien und der unverwechselbare 2,08 Meter große Sänger Daði. Seit sieben Jahren lebt er in Berlin.

13. Spanien

Blas Cantó: Voy A Quedarme

Einsam und zurückgelassen singt der 1,71 Meter große Sänger (29) seine Trauer ins Universum – und droht, von einem sechs Meter durchmessenden Mond erschlagen zu werden.

14. Moldawien

Natalia Gordienko: Sugar

Durchinszenierter ESC-Trash mit eingängigem Re­frain, anzüglichem Text und viel nackter Haut. Am Ende liegen Männer erschöpft am Boden – das Publikum auch!

15. Deutschland

Jendrik: I Don’t Feel Hate

Einen deutschen Beitrag mit Choreografie, bunt und schrill – das gab es lange nicht. Jendrik (26) ist Musical-Darsteller und beherrscht all das. Er singt, tanzt und steppt gegen Hass und Mobbing in der realen und virtuellen Welt. Ein Beitrag, der polarisiert. Zu überladen und hektisch, sagen die einen. Endlich mal was Neues, die anderen. Lesen Sie hier:Jendrik Sigwart kämpft für Akzeptanz seiner Homosexualität

Mit Ukulele wird Jendrik Deutschland mit dem Song „I Don’t Feel Hate“ vertreten.
Mit Ukulele wird Jendrik Deutschland mit dem Song „I Don’t Feel Hate“ vertreten. © dpa | Soeren Stache

16. Finnland

Blind Channel: Dark Side

Es gibt Momente in der Pandemiezeit, die brauchen ein Ventil. Finnland hat es: einen ESC-Schlager, verkleidet als Heavy-Metal-Song mit „Stinkefinger“ und einem markanten Schrei zum Schluss.

17. Bulgarien

Victoria: Growing Up Is Getting Old

Billieeilisheske Umsetzung der Montagmorgen-ist-doof-Kaffeetasse: Einsam und verlassen auf einer Scholle sinnt die 23-jährige Victoria über das Leben nach.

18. Litauen

The Roop: Disco­teque

Gelb ist heute die Hoffnung! Alleine zu tanzen, mag zwar sicher sein. Aber wenn das noch lange so geht, ist der Wahnsinn nicht mehr fern. Elektro-Pop vom Feinsten mit mitreißenden Dance-Moves lädt zum Post-Corona-ESC nach Vilnius.

19. Ukraine

Go_A: Shum

Der Titel ist Programm: „Shum“ bedeutet „Lärm“. Das heißt traditionellen, folkloristischen Schreigesang, unterlegt mit harten Techno-Beats: Auf einer verschneiten Lichtung im Wald wird der Frühling ersehnt, Hanf gesät und das Ende der Corona-Zeit erwartet. Post-Pandemie-Rave!

20. Frankreich

Barbara Pravi: Voilà

Melancholie passend zur Pandemie. Ein Chanson in absoluter Perfektion – dazu bedarf es neben der charismatischen 28-jährigen Sängerin nur noch eines Mikrofonständers. Piaf geht doch immer, oder?

Barbara Pravi präsentiert für Frankreich einen Chanson.
Barbara Pravi präsentiert für Frankreich einen Chanson. © AFP | Sander Koning

21. Aserbaidschan

Efendi: Mata Hari

Nichts für Historiker! Im Pseudo-Ethno-Stil wird Mata Hari nur besungen, um die Illusion des Geheimnisvollem zu wecken. Ködert durch optische Reize und orientalisches Flair, ohne zu überzeugen.

22. Norwegen

TIX: Fallen Angel

Als Kind litt er unter den Ticks seines Tourette-Syndroms, jetzt ist TIX ein erfolgreicher Sänger. Doch der Kampf mit seinen Dämonen prägt ihn bis heute. Sein Appell: Nur wer nicht perfekt ist, ist wertvoll.

23. Niederlande

Jeangu Macrooy: Birth Of A New Age

„Yu no man broko mi“ – das ist surinamesisch und heißt: „Du kannst mich nicht brechen.“ Jeangu, in der ehemaligen niederländischen Kolonie geboren, verließ seine Heimat, um als schwuler Mann den Zwängen einer Machismo-Kultur zu entkommen. Rhythmisch starker Gospel.

24. Italien

Måneskin: Zitti E Buoni

Kuscheln bei Mondschein (dänisch: Måneskin)? Hier nicht! Aggressiver, genderfluider Rock aus Italien lässt die Wände wackeln und schreit seine Botschaft hinaus: Wir sind anders als die anderen! Buchmacher-Favorit – und Gewinner des Eurovision Song Contest 2021.

25. Schweden

Tusse: Voices

Sein Lied sei für alle, die sich einsam fühlen – denn niemand ist allein. Ein androgyner und queerer Auftritt mit viel Strahlkraft, der vielen Mut auf eine bessere Welt machen möchte.

26. San Marino

Senhit: Adrenalina

Senhits Aufputschmittel enthält die Inhaltsstoffe: opulentes Outfit, drehbare Tanzfläche und den einst erfolgreichen US-Rapper Flo Rida. Das kleinste Land des Wettbewerbs will hoch hinauf.

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