Berlin. Bundestagswahl, Pandemieverlauf, Klimafrage: Friedrich Merz stand im Mittelpunkt des “Lanz“-Talks. Aber Inhalte brachte er kaum rüber.

  • Friedrich Merz war bei "Markus Lanz" zu Gast - und sah dabei häufig ziemlich alt aus
  • Immer wieder war der CDU-Politiker Mittelpunkt der Sendung - Konkretes lieferte er aber nicht
  • Deutlicher wurde dagegen Ricardo Lange, Intensivpfleger auf einer Covid-19-Station in Berlin

Um flotte Sprüche war Friedrich Merz nie verlegen: "Das Fundament dieses Landes ist stabil, aber wir haben Renovierungsbedarf auf fast allen Etagen dieses Hauses, das darauf steht", wiederholte er jetzt bei "Markus Lanz". Implizit hieß das, dass der kürzlich gekürte CDU-Bundestagskandidat aus dem Hochsauerlandkreis selbstredend der richtige Mann war, um nach der Merkel-Ära das marode Haus zu sanieren.

Nach zwölf Jahren Politik-Abwesenheit hatte Friedrich Merz erkannt, dass die Regierung viel zu wenig in die Zukunft dachte: "Ein Denken in Projektstrukturen, wie in der Privatwirtschaft gang und gäbe, findet einfach nicht statt", analysierte er. Mehr dazu: Vorbei mit seicht: "Markus Lanz" macht jetzt Polit-TV

Interessant nur, bemerkte an dieser Stelle Nicole Diekmann, Korrespondentin des ZDF-Hauptstadtstudios, dass nicht alle in der Partei so begeistert waren, dass Armin Laschet für das Modernisierungsthema ausgerechnet ihn Anfang der Woche ins Wahlkampf-Team geholt hatte: "Warum nicht einen Jüngeren?", fragte sie bei "Markus Lanz" direkt. "Modernisierung ist keine Frage des Alters", erwiderte Merz ablenkend, "sonst müsste ich mich bei dieser Frage diskriminiert fühlen."

"Markus Lanz" – Das waren die Gäste:

  • Friedrich Merz, Politiker
  • Nicole Diekmann, Journalistin
  • Prof. Claudia Kemfert, Ökonomin
  • Ricardo Lange, Intensivpfleger

"Markus Lanz": Friedrich Merz kommt nicht auf den Punkt

Trotzdem, an diesem Donnerstag sah Friedrich Merz bei "Markus Lanz" dann doch ziemlich alt aus. Obwohl immer wieder angespielter Mittelpunkt der Sendung, wollte er einfach nicht mit konkreten Aussagen aus der Deckung kommen. Egal, wie geschickt der Moderator auch stichelte und nachhakte, kam doch nur ein "schlanker Fuß" dabei heraus. Oder ein Schwall abstrakter Sätze, knapp an der eigentlichen Frage vorbei.

Was er dazu sage, dass Hans-Georg Maaßen, geschasster Chef des Verfassungsschutzes, nun für die Südthüringer CDU in den Bundestagswahlkampf zog, wollte Markus Lanz zum Beispiel wissen. Und ließ bei der Frage, wie Merz zu Maaßen stand, nicht locker, mochte sich der Stargast auch zieren und winden.

Stattdessen bestand Merz darauf, dass "eine Einmischung von außen", welcher Kandidat auf eine Liste gesetzt würde und welcher nicht, falsch wäre. Und entrüstete sich umso mehr über die Twitter-Meldung der NRW-Staatssekretärin für Integration (und Laschet-Vertrauten) Serap Güler: "Das ist inakzeptabel. Es steht ihr einfach nicht zu, den Landesverband für irre zu erklären."

Friedrich Merz zur Bundestagswahl

Dass er Markus Söder via Zeitungsinterview empfohlen hatte, bei der Bundestagswahl in Bayern mindestens 40 Prozent zu holen, sei dagegen nur eine Replik auf dessen Stichelei gewesen: "Ich will, dass wir alle zusammen die Wahl gewinnen", erklärte er. "Wenn die Union bundesweit 35 holen soll, muss die CSU 45 Prozent bringen." Nur zu seinen eigenen Ambitionen, welches Amt ihm danach vorschwebte, kein Wort.

Dabei gab es viel zu besprechen in diesem "Lanz"-Talk – nicht nur zur Union, die in der "Deutschland-Trend"-Umfrage vom gleichen Tag erneut von den Grünen überholt worden war. Auch zum Gendersternchen, das Friedrich Merz bekanntermaßen vehement ablehnt und selbst in einem Koalitionsvertrag mit den Grünen nicht akzeptieren will: "Dann gibt es eben zwei Vertragsversionen, eine gegenderte und eine nicht." Auch interessant: Söder erhebt bei Lanz Vorwürfe wegen Corona-Impfstoff

Pandemie: Intensivpfleger Lange zu überlasteten Intensivstationen

Zur momentanen Krise, "die alle absorbiert" (Merz), hatte vor allem Ricardo Lange, Intensivpfleger auf einer Intensivstation mit Covid-Schwerpunkt, viel zu sagen. Über viele Monate hatte er versucht, Jens Spahn zu kontaktieren, um ihn mit einem Probe-Arbeitstag auf die realen Missstände in den Kliniken hinzuweisen. Am Donnerstag zuvor war er dann zusammen mit dem Bundesgesundheitsminister in der Bundespressekonferenz aufgetreten.

Jetzt berichtete er, was Personalmangel im Gesundheitswesen konkret bedeutete. "Schon vor der Pandemie waren die Intensivstationen überlastet", erklärte der engagierte Pfleger. Nun kam Covid noch "on top": Statt zwei, mussten er und seine Kollegen nun jeweils drei Patienten gleichzeitig betreuen.

Vor kurzem habe er deswegen fast einen Patienten verloren, der sich in einem unbeaufsichtigten Moment die Atemmaske vom Gesicht gerissen hatte – sodass er wiederbelebt werden musste. Obwohl Ricardo Lange nichts dafür konnte, machte er sich nächtelang Vorwürfe, dass das hatte passieren können: "Es geht nicht nur um uns, es geht auch um die Patienten, für die wir verantwortlich sind", erklärte er verzweifelt. Lesen Sie dazu: Bei Lanz – "Auf einer Intensivstation darf man auch sterben"

Friedrich Merz hörte "mit viel Betroffenheit" zu, wie er sagte, um dann gleich wieder auf den "Wirtschaftlichkeitsmaßstab" des Gesundheitssystems zu verweisen: "Sie wollen Geld verdienen, der Arzt auch", begann er seine Rechnung und plädierte sogleich für ein gesundes Nebeneinander von staatlichen und privaten Kliniken. "Ein staatliches Gesundheitssystem wie in Großbritannien möchte ich nicht. Es ist das Schlechteste Europas."

Klimafrage: Energieökonomin fordert Engagement

Nicht viel anders erging es Claudia Kemfert bei der Klimafrage. Auch sie wurde zwar gehört, aber von Friedrich Merz nicht verstanden. Dabei konnte die Energieökonomin an nur drei Punkten vorrechnen, wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Sinne einer "intergenerationellen Gerechtigkeit", aber trotzdem sozialverträglich umgesetzt werden konnte: "Wir müssen jetzt handeln", erklärte sie und forderte mehr Engagement beim Ausbau der erneuerbaren Energien und bei der energetischen Gebäudesanierung sowie die Auflösung des geballten Investitionsstau.

Da mochte eine spätabendliche Unterhaltungssendung wie der "Lanz"-Talk auch nicht unbedingt die passende Bühne sein, um komplexe Rechnungen zu erörtern, ob eine CO2-Reduzierung kostengünstigster per Steuer oder Zertifikat zu realisieren war. Wissenschaftliche Berechnung aber einfach so vom Tisch zu fegen, passte aber eben auch nicht in eine moderne Zeit: "Kein Land der Welt macht das so wie wir", echauffierte sich Friedrich Merz über die Ziele der GroKo, bis 2050 Deutschland CO2-frei zu machen. Ohne mit einem Wort auf die Vorschläge der Energieökonomin einzugehen.

"Markus Lanz" – So liefen die vergangenen Sendungen